Kreisoberliga: Unvorhersehbarkeit als Anreiz

Die Sportgelände wurden gehegt und gepflegt, die Kabinen hergerichtet. Die Teams der Kreisoberliga Friedberg fiebern dem ersten Spieltag entgegen. Ab Freitag rollt der Ball wieder in einer Klasse, die durch eine engere Leistungsdichte mehr Spannung garantiert.
Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Das Zitat des Sokrates trifft gut auf die Kenner der Wetterauer Fußballszene zu, wenn es um Prognosen für die anstehende Spielzeit in der Kreisoberliga Friedberg geht. Neben minimalen Unterschieden kristallisieren sich Tendenzen heraus. Im regionalen Vergleich dürfte die Klasse in vielerlei Hinsicht attraktiver geworden sein. Statt 17 Teams in der abgelaufenen Runde gehen jetzt zwar nur 16 Mannschaften auf Punktejagd, allerdings aus einem sportlich erfreulichen Grund: Der SV Gronau dominierte als »Friedberger« Vertreter die Relegation zur Gruppenliga Frankfurt West.
Als weiterer Pluspunkt wecken die neuen bzw. alten Gesichter im Klassement Hoffnungen auf wachsenden Besucherzuspruch. Insbesondere das Wöllstädter Derby gilt als Zuschauermagnet. »Viele Vereine haben Partien auf Freitage gelegt, um ein breiteres Publikum anlocken zu können«, gewährte Klassenleiter Armin Kling Einblicke.
Einer Absagenflut Anfang der Rückrunde und einer Normalität Englischer Wochen steuert man von offizieller Seite - auch der Verletzungsprophylaxe wegen - entgegen. Vier Rückrundenspieltage werden vor der Winterpause ausgespielt. Am 10. Dezember wird im Kalenderjahr 2023 das letzte Mal gekickt, ehe erst Mitte März der Ligaalltag wieder anlaufen soll.
Gleich bleibt, dass es einen direkten Aufsteiger geben wird. Der Vizemeister ist zur Gruppenliga-Relegation berechtigt. Weiterhin müssen maximal drei Klubs direkt den Gang ins Unterhaus antreten. Kling mahnt zudem in Anbetracht eines fairen und solidarischen Spielbetriebs eine vertiefte Kommunikation zwischen Trainern und Unparteiischen vor Spielen an.
Eine Flut an Mitfavoriten
Ein fast schon irrer Meisterschaftskampf wird erwartet. Neun oder gar zehn Teams können in der Verlosung genannt werden, die teilweise groß aufspielen, teilweise mit langem Atem oben mitschwimmen und Nadelstiche setzen können: Der FC Kaichen will und kann »wieder für Furore sorgen«, wie es Spielertrainer Marcel Kopp ausdrückt. Das langjährige KOL-Mitglied aus Ober-Rosbach dürfte indes endgültig mit den Hufen in Richtung Gruppenliga scharen. Auch wenn Baris Odabas als Rekonvaleszent noch leicht dosiert trainiert, ist der Angriff auf dem Papier die Crème de la Crème. Dennoch: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Hier lastet Verantwortung auf dem 46-jährigen Abwehr-Routinier Alexander Clark.
Ferner ist die Hessenliga-Reserve von Türk Gücü Friedberg ein heißer Kandidat. Vom 25-Mann-Kader der »Ersten« könnten sieben bis neun überdurchschnittliche Talente abgeordnet werden, um die Diskrepanz des Drei-Klassen-Unterschieds mit einem Aufstieg zu minimieren. In Burg-Gräfenrode setzt Spielertrainer Josh Nuber, seines Zeichens Innenverteidiger, auf das Aufbauspiel aus einer sattelfesten Abwehr heraus. Nieder-Wöllstadt will nach einer verkorksten Saison wieder Boden in Richtung Spitze gut machen.
Risiken auf der Torwartposition
Bei der TSG Ober-Wöllstadt geht es - trotz Gruppenliga-Status in der Vorsaison - erstmal um den Klassenerhalt. Im TSG-Tor steht Felix Harr nach der Meniskusquetschung wieder zur Verfügung. Dennoch bleibt ein Restrisiko. Höchstens Torwarttrainer Florian Kijek könnte einspringen. Der SV Nieder-Weisel schraubte die Ansprüche indes zurück und begnügt sich mit dem Tabellenmittelfeld. Der SV Steinfurth um Coach Patrick Lorenz (siehe Kurz-Interview) will sich rehabilitieren. In Dorn-Assenheim und Bruchenbrücken wird die Frage sein, ob die Teams die PS der vergangenen Hin- bzw. Rückrunde auf die Strecke bringen. Die Schloggebacher haben aktuell den Ausfall des neuen Keepers Jens Michalak zu beklagen. »Marcel Pflug hat gesagt, dass er uns diese Saison noch mal aushilft oder solange, bis wir einen neuen Torhüter haben. Er wollte ja eigentlich aufhören«, gab TSV-Abteilungsleiter Benjamin Krätschmer zu verstehen.
Bei den Stadener Teutonen liegt das Augenmerk darauf, wie die Shootingstars Lionel Kraus, Simon Deis und Johannes Gies weiter performen. Neuling SV Assenheim dürfte wohl nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Die Dortelweiler Verbandsliga-Reserve wurde einer abermaligen Verjüngungskur unterzogen. SCD-Spielertrainer Axel Bellando erwartet von seinen Schützlingen, kontinuierlich spielerische Reife zu zeigen.
Abstiegskampf mit vielen Gesichtern
Klassenneuling Ober-Mörlen ist euphorisch. »Vor allem diejenigen, die den Weg von der Kreisliga B mitgegangen sind, sind Feuer und Flamme. Wir schauen nur auf den Klassenerhalt. Wir sind gekommen, um zu bleiben«, sagte Spielertrainer Nils Wielpütz. Dieser befindet sich nach einem Kreuzbandriss im Aufbautraining. Ein Comeback in der Hinrunde scheint möglich. Er könnte zum X-Faktor werden.
An der Groß-Karbener Waldhohl sollte es einzig darum gehen, über dem Strich zu stehen. Das größte Fragezeichen schwebt über der Spvgg. 08 Bad Nauheim. Man ist auf der Suche nach einer neuen DNA. Disziplin gelte es in allen Bereichen zu vermitteln, nennt Trainer Armin Vaghef das Leitmotiv seiner Aufbauarbeit in der Kurstadt. Die Spielfähigkeit stellt die größte Hürde dar. Einen Einsatz von Frauen zieht man (noch) nicht in Betracht. »Am Anfang wird es aufgrund vieler Urlauber holprig. Wir werden im Notfall mit Vorverlegungen alle Register ziehen«, machte Vaghef deutlich. Selbst dann darf man gespannt sein, wie viele Punkte die Badestädter zur Winterpause aufweisen.
Die Highlights des ersten Spieltags
Der Startschuss fällt am Freitagabend (20.15 Uhr). Das Derby zwischen der FSG Burg-Gräfenrode und dem FC Kaichen verspricht ein Top-Spiel mit Hexenkessel-Atmosphäre zu werden. Zeitgleich empfängt Aufsteiger Assenheim den SV Bruchenbrücken.
Ebenfalls spannend zu beobachten sein wird, ob sich Ober-Wöllstadt beim Gastspiel in Steinfurth (Sonntag, 15 Uhr) sofort in der Liga zurechtfindet. Aufsteiger Ober-Mörlen beginnt die Spielzeit gegen Ober-Rosbach auf heimischem Rasen. In den Mühlwiesen steht dem SVO mit den Männern vom Eisenkrain ein erster Härtetest ins Haus.