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KV Bad Nauheim: Warum nach 100 Jahren Schluss ist

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Meister der A-Liga: Unser Bild zeigt (von links) Jennifer Best, Christopher Kimes, Sylvia Best, Manuela Kimes, Marc Burkhardt, Thorsten Fritzel und Horst Dickopf. © Nicole Merz

Sportkegeln in Bad Nauheim ist Geschichte. Ausgerechnet zum 100-jährigen Jubiläum. Der KV Bad Nauheim verabschiedet sich als Meister der A-Liga aus dem Spielbetrieb des Hessischen Kegler- und Bowling-Verbands (HKBV).

»Die Entscheidung fällt einerseits sehr schwer, weil sehr viele sehr schöne Erinnerungen mit dem Klub und dem Kegelsport zusammenhängen. Andererseits fällt’s wiederum leicht, weil einfach keine Perspektive mehr zu erkennen ist, nichts mehr nachkommt«, sagt Thorsten Fritzel, der seit vier Jahrzehnten dem Kegelsport verbunden ist und vor mehr als zehn Jahren als Vorsitzender die Nachfolge von Jürgen Dehn übernommen hatte. Die Zahl der Mitglieder von einst über 250 (in den Hochzeiten) ist auf inzwischen 29 gesunken, »viele gehen auf die 80 zu oder sind noch älter. Der Nachwuchs fehlt komplett.«

Gerade noch zu sechst war der Teamsportbetrieb in den vergangenen Monaten aufrechterhalten worden. Das Vereinsleben habe sich im wesentlichen auf die Jahreshauptversammlungen und die Weihnachtsfeiern reduziert. Bei der letzten Zusammenkunft habe man sich deshalb dazu entschlossen, den Team-Wettkampfsport zum Saisonende einzustellen.

Eine Vereinsauflösung zum Jahresende hält Fritzel für wahrscheinlich (»Der Vereinszweck ist nicht mehr gegeben«). Vorab solle aber im Herbst noch das »100-Jährige« gefeiert werden; voraussichlich in Ober-Wöllstadt, wo man seit dem Jahr 2008 zu Hause ist.

Man habe die 100 Jahre unbedingt voll machen wollen, sagt Fritzel. Die Mannschaft mit Jennifer und Silvia Best, mit Manuela und Christopher Kirmes, Horst Dickopf und Marc Burkhardt habe mit diesem Ziel vor Augen in den vergangenen allen Widrigkeiten, auch voran der Corona-Pandemie, getrotzt. Den einen oder anderen zuletzt Aktiven wird man künftig für andere Klubs spielen sehen.

Man habe eine »tolle Zeit« gehabt, sagt Fritzel. Er erinnert an die bis zu 400 Kegel-Gäste wöchentlich auf der Anlage an der Solgrabenschule. Quasi jeden Tag sei auf den Bahnen Betrieb gewesen. »Egal, ob man selbst gespielt oder einfach nur an der Theke ein Bierchen getrunken hat: Man hatte Geselligkeit. All das fehlt heutzutage.«

Im Jahr 2005 musste die Anlage dem Bau einer Mensa weichen. Rückblickend war dies der Anfang vom Ende. Eine sportliche Heimat fanden die Bad Nauheimer zunächst in Wölfersheim, dann in Karben und schließlich in Wöllstadt. »Letztlich hat sich der Klub davon nie erholt, konnte kein Vereinsleben mehr gestalten«, sagt Fritzel und verweist auf benachbarte Klubs wie Wölfersheim oder Florstadt, die unter anderen Voraussetzungen dem aktuell vielerorts negativen Trend trotzen können.

Im »Pfälzer Hof« hatten Spieler der Kegelclubs »Westend 09« den Keglerverein Bad Nauheim am 21. Oktober 1923 gegründet. Zunächst wurden in der Rosenau sowie in der Gaststätte Lindemann die Kugeln gerollt, später im Sportheim sowie im Tiroler Hof. Im Oktober 1964 wurden dann die Bahnen in der Solgrabenschule eingeweiht, sie waren für mehr als 40 Jahre Heimat und Basis für sportliche Erfolge. 1973 wurde die Anlage gepachtet und in Eigenregie unterhalten.

In den Gründerjahren war Peter Mell regelmäßig Teilnehmer an den deutschen Meisterschaften, bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin - damals war Kegeln olympisch - erreichten Bad Nauheimer Kegler mit der Mannschaft den siebten Platz. Den größten Einzelerfolg feierte Wilhelm Heß, der 1958 die deutsche Meisterschaft gewann. In der jüngeren Vergangenheit glänzte der Klub bei den nationalen Titelkämpfen der Senioren durch die Erfolg von Jürgen Dehn und Sylvia Best.

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