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Mit Eifer und ein wenig Wehmut hält der RSV Oppershofen die Tradition am Leben

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Jacqueline Haibach und Selina Weil vom RSV Oppershofen bei ihrer Trainingsübung. © Timo Jaux

Selbstvertrauen, Ruhe und etwas Magie. Mit waghalsig anmutenden Darbietungen ziehen die Oppershofener Kunstradfahrerinnen den Zuseher in ihren Bann. Dem Schwund an Aktiven und der abnehmenden öffentlichen Wahrnehmung begegnet der RSV mit Teamgeist.

Während der Sommer seinen Lauf nimmt und manch einer am kühlen Nass ausspannt, ist im Oppershofener Bürgerhaus höchste Konzentration gefordert. Einerseits schwitzen die Elite-Mannschaften der Kunstradfahrer des RSV Oppershofen für die am kommenden Samstag stattfindende Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft und für den anvisierten Showdown um die Goldmedaille in der Republik am 22./23. Juli. Andererseits ist die Saison für Juniorinnen und Schülerinnen bereits beendet. Doch die neue Runde, die erwartungsgemäß Ende Januar/Anfang Februar startet, wirft schon ihre Schatten voraus. Und so legen die Jungspunde nun - vor einer Pause in den Sommerferien - den Grundstein für die Wettkämpfe im nächsten Jahr.

Unter Anleitung der Jugendtrainerinnen Sandra Klafft und Vera Retagne übt der Nachwuchs schwierige Elemente ein, die im Fünf-Minuten-Reigen mit insgesamt 25 Übungen aus verschiedenen Blöcken bei Wettkämpfen einen hohen Punktewert aufweisen und peu à peu ins Programm integriert werden sollen.

Da wird im Steiger (auf dem Hinterrad) rückwärts durch ein gestelltes Tor manövriert, viel unter den Fahrerinnen für die perfekte Synchronität und das parallele Fahren kommuniziert, von den Trainerinnen gelobt, aber auch mal motivierend getadelt. Kleinere Stürze bleiben nicht aus, und an den speziell angefertigten Kunsträdern, die eine direkte Trittübersetzung und keine Bremsen haben, sowie individuell an die Vorzüge und körperlichen Bedingungen der Athletinnen angepasst sind, wird geschraubt, und Räder werden aufgepumpt. »Eine handwerkliche Ausbildung gibt es für unsere Sportler von Beginn an mit«, schmunzelt Retagne.

Während in Wölfersheim und Bruchenbrücken vorrangig Einer- und Zweier-Kunstradfahren praktiziert wird, ist beim RSV sowie beim benachbarten RVG Rockenberg auch die Team-Disziplin (Vierer und Sechser) sehr beliebt. Bei manchen Wettkämpfen bilden beide Clubs eine Sportgemeinschaft. Für 2024 plant die Abteilung in Oppershofen mit acht Teams. Zudem will man in der Vierer-Einrad-Disziplin im Jugendbereich eine Zusammensetzung melden. Der Verein richtet ferner im Breitensport Radtourenfahrten und Volksradfahren aus.

Hauptaugenmerk ist aber der Kunstradsport. 2021 wurden die Schülerinnen (U15) Deutscher Meister. In diesem Jahr erreichten die Schützlinge von damals erneut die DM. Über die Bezirks- und die Hessenmeisterschaft, den Junioren-Mannschafts-Cup bzw. den Deutschland-Pokal bei den Erwachsenen wird die Qualifikation für das prestigeträchtige höchste Turnier auf Bundesebene gelöst.

Eine sehr weibliche Angelegenheit

Der DM-Sieger darf sogar zur Europameisterschaft. »Unsere Juniorinnen hatten dieses Jahr einen Reigen aufgestellt, der von der Bepunktung dazu befähigt hätte«, sagt Klafft. Allerdings ließ ein rabenschwarzer Wettkampf den Traum platzen, bevor er richtig angefangen hatte. »Vor der Jahrtausendwende gab es leider keine Weltmeisterschaften. Ansonsten wären wir in unseren Hochzeiten da mitgefahren«, blickt die auch heute noch in der Elite fahrende Klafft ein wenig wehmütig zurück.

Ihre 15-jährige Tochter und DM-Siegerin von 2021, Elena Klafft, zeigt sich ehrgeizig: »Man braucht Geduld und Motivation, um die mentale und körperliche Höchstform in dem Moment abzurufen, wenn es darauf ankommt.« Ihre beiden gleichaltrigen Mitstreiterinnen Cleo Margraf und Emilia Bingel, die ebenfalls fast schon ein Jahrzehnt auf dem Kunstrad zu Hause sind, führen zudem das Gemeinschaftsgefühl, die Erfolgserlebnisse und das Alleinstellungsmerkmal der Sportart als faszinierendes Merkmal an. Trainerin Sandra Klafft ergänzt: »Es ist ein besonderer Sport. Körper- und Radbeherrschung sind das A und O. Die Fertigkeiten hat nicht jeder, und das spornt auch an.«

Bis auf zwei Männer in den Elite-Kadern sind alle Sportler weiblich. Neben Klafft und Retagne stehen noch zwei Juniorinnen als Trainerinnen bereit. Der RSV hat zudem drei Kampfrichter - darunter auch Retagne. »Ein Phänomen, das wir auch bei anderen Vereinen sehen, ist ein Ausbildermangel. Immer mehr Mannschaften lösen sich auf. Es nimmt leider alles ab. Bei Wettkämpfen sind meistens nur Angehörige als Besucher da«, konstatiert Klafft.

Doch die Entwicklung habe der RSV nicht verschlafen. Angebote waren da. Es fehle an Plattformen im Ort. Die Trainingsstätte im Bürgerhaus ist zu klein, um Wettkämpfe auszurichten. Der Verein hat sein Lager vor Ort. Jeder bekommt sein Kunstrad gestellt. Der Sport wird mit Eifer gelebt - und soll erhalten bleiben.

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Trainerin Sandra Klafft macht WZ-Mitarbeiter Paul Luka Schneider mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut. Der RSV Oppershofen stellt jedem Sportler ein Kunstrad. © Timo Jaux

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