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Simon Huckestein: »Härtester Gegner ist man selbst«

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In seinem Element. Der Butzbacher Simon Huckestein vom Triathlon Wetterau auf der Strecke. Seine Mitstreiter betrachtet der 37-Jährige als große Familie. © pv

Simon Huckestein arbeitet Vollzeit. Daneben hat er eigentlich noch einen Job. Der Triathlet aus Butzbach trainiert 26 Stunden pro Woche und besitzt die Profilizenz. Der Ausdauer-Dreikampf ist für ihn keine lästige Pflicht oder nur ein Hobby. Es ist seine Passion.

Simon Huckestein (Triathlon Wetterau/Racextract Racing Team) hat in den letzten beiden Jahren im Triathlon auf sich aufmerksam gemacht. Anfang August wurde der Butzbacher in Glücksburg Deutscher Vizemeister über die Langdistanz. In Franken finishte er im Juni bei der legendären Challenge Roth, der Wiege des deutschen Langstrecken-Triathlons, in sensationellen 8:13:10 Stunden.

Seit 2022 startet Huckestein mit einer Profilizenz. Diese gibt es für eine jährliche Gebühr von 300 Euro bei der Deutschen Triathlon Union. »Ich will mich mit den Besten in diesem Sport messen«, sagt der Butzbacher, der damit in den meisten Rennen nicht in seiner Altersklasse 35 gewertet wird. Dass dann manchmal »nur« ein 17. Platz herauskommt, er aber im gleichen Rennen in seiner Altersklasse aufs Podium gekommen wäre, nimmt der Triathlon-Quereinsteiger gerne in Kauf.

»Mein Vorbild ist Michael Jordan, als jugendlicher Leichtathlet war es 800-Meter-Läufer Nils Schumann, der in Sydney olympisches Gold geholt hat.« Aus jeder Situation will Huckestein das Beste machen: »Ich glaube daran, dass der Rest von alleine folgt.«

Erst 2017 hat der Butzbacher mit Ausdauersport begonnen. Leistungssportlich orientiert war er von Kindesbeinen an. Leichtathletik-Start bei der SG Wenden mit elf Jahren, von 2004 bis 2008 war er im 800-Meter-Kader des DLV, hat an Ländervergleichswettkämpfen, Europameisterschaften und der Militär-WM teilgenommen. Seine Bestzeit über zwei Stadionrunden - 1:48 Minuten!

Während des Studiums der Volkswirtschaftslehre wechselte er aufgrund vieler Verletzungen von der Mittel- auf die Langstrecke. Kurioserweise schaffte der Wetterauer seine Bestzeiten über 5000 und 10 000 Meter erst in den (jüngsten) Triathlon-Jahren. Im Februar 2022 - mit 36 Jahren - knackte der talentierte Läufer in Jügesheim über zehn Kilometer die 30-Minuten-Marke: 29:54 Minuten.

Kraul-Schwimmen lernte er zunächst mit You-Tube-Videos. »In meiner ersten Schwimmeinheit im Butzbacher Bad bin ich 3000 Meter am Stück gekrault und hatte permanent Wadenkrämpfe«, so Huckestein. Darauf folgten Techniktipps von Vereinskollegin Rebekka Ott und schließlich die Zusammenarbeit mit dem professionellen Triathlon-Trainer Mario Schmidt-Wendling.

Auf bis zu 26 Stunden Training pro Woche kommt der bei der Helaba beschäftigte Volkswirt in Spitzenzeiten. Da bleibt bei einem Vollzeitjob im Risikobereich des Kreditinstituts nicht mehr viel Zeit für andere Dinge. Ein hohes Maß an Selbstdisziplin ist unabdingbar. Die erste Trainingseinheit startet meist nach dem Wecker um 6 Uhr. Das bedeutet eine straffe Organisation. Ernährung, Regeneration, alles muss miteinander abgestimmt sein.

Stretching, Yoga und Mobilisierung

Neben den drei Grundsportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen räumt Huckestein der Verletzungsprophylaxe ein tägliches Zeitfenster von rund 20 Minuten ein. »Stretching, Stabi, Yoga und Mobilisierung, jeden Tag mache ich etwas anderes«, erzählt Huckestein. »Aus einer Verletzung herauszukommen, ist schwieriger als eine vorbeugend zu verhindern.« Und wenn doch Zeit für eine nicht-sportliche Freizeitgestaltung bleibt? Dann kocht Huckestein leidenschaftlich gerne oder reist in fremde Gegenden. »Strandurlaub ist allerdings gar nichts für mich«, stellt er lächelnd fest.

Auch die Ernährung hat er seit dreieinhalb Jahren auf vegan umgestellt. Das für den Muskelaufbau so wichtige Eiweiß führt er pflanzlich zu. »Meine Regeneration funktioniert jetzt wesentlich schneller«, sagt Huckestein zufrieden. »Früher hatte ich nach harten Trainingseinheiten am nächsten Tag oft Muskelkater.«

Kurzweiligkeit bringt er in seine Einheiten auch durch die Kommunikation mit seinen Trainingspartnern. »Die sozialen Kontakte durch den Sport sind mir sehr wichtig«, sagt der gebürtige Sauerländer. »Ich trainiere viel mit meinem Freund Michael Victor, der oft bei den gleichen Rennen startet. Bei den Wettkämpfen trifft man meistens dieselben Menschen, immer wieder. Triathlon ist wie eine große Familie, ein Lebensgefühl und für mich der geilste Sport der Welt!«

Seine eigentliche Familie lebt mittlerweile im Inntal. Vor zwei Jahren sind seine Eltern dem kleinen Bruder, der seit 2012 Schwimmmeister in Rosenheim ist, gefolgt. Huckestein selbst profitiert davon, kann er doch die ländliche Gegend im Voralpenland zum Langlaufen im Winter und für die Triathlonsportarten im Sommer nutzen.

2022 hat der Butzbacher circa. 8000 Euro an Preisgeldern bekommen, diese Summe deckt natürlich bei Weitem nicht die Ausgaben für Ausrüstung, Trainingslager, Startgelder und Reisekosten.

Feilen an der Schwimmform

Im Training und im Rennen versucht der willensstarke Triathlet, das Beste herauszuholen. Er fährt zur optimalen Einstellung der Sitzposition auf dem Rad zum Bikefitting nach Münster oder zum Sponsor nach Offenburg. Zur Verbesserung der Schwimmtechnik geht’s gar bis nach Hamburg. »Wenn es im Rennen gut läuft, kommt es von alleine.« Wenn es nicht gut läuft, denke er nicht ans Aussteigen. »Oft entwickeln sich die Dinge anders als man vermutet«, reflektiert Huckestein. »Der härteste Gegner ist man selbst.«

Wie geht es in diesem Jahr weiter? Seine Saison ist noch lange nicht zu Ende: Am kommenden Wochenende startet Huckestein bei der Multisport-EM in Menen (Belgien). Aquathlon und Mitteldistanz-Triathlon stehen auf der Bucket-List. Mitte September tritt er bei der Langdistanz-EM im niederländischen Almere an. Über den Winter will er an der Schwimmform feilen. »Hier besteht noch Verbesserungsbedarf«, blickt Huckestein voraus. Mit DSV-Schwimmtrainerin Petra Wolfram aus Hamburg sollte ihm das gelingen.

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