Sommer-Serie (II): Wie die Carnevale-Entlassung in zwei Lager gespalten hatte

Die Trennung von Trainer Frank Carnevale noch im Aufstiegsjahr 2013 sollte den EC Bad Nauheim auch weit über das Saisonende hinaus beschäftigen. Die Entlassung hatte das Umfeld der Roten Teufel in zwei Lager gespalten.
Beschimpfungen, Beleidigungen, Bedrohungen - was für ein Theater! Zwischen grenzenloser Euphorie nach der Zweitliga-Rückkehr im April, der Tabellenführung nach dem ersten Hauptrunden-Wochenende im September und der Spaltung der Fans in zwei Lager lagen nur wenige Wochen. Die Intensität und Nachhaltigkeit, mit der die Konflikte nach der Trennung der Roten Teufel von Trainer Frank Carnevale im Umfeld thematisiert worden waren, hatte alle überrascht. »Da gab es Angriffe, auch gegen die Familie, teils in übelster Form. Natürlich hat man schlaflose Nächte und zweifelt am persönlichen Engagement, das man leistet. Am Ende aber hat das gezeigt, wie sehr die Roten Teufel emotionalisieren. Und das wiederum hat uns in weiteren Entscheidungen im Laufe der Zeit geholfen«, sagt Andreas Ortwein, damals wie heute Geschäftsführer des EC Bad Nauheim.
Es waren Beweise der Sehnsucht, der Gier nach Zweitliga-Eishockey. Mehr als 800 Dauerkarten waren verkauft worden (ein Rekord in der damalige Zeit), fast 2500 Zuschauer kamen im Schnitt, fast 700 Fans mehr als kalkuliert. Playoff-Atmosphäre hatte die ersten Saison-Wochen geprägt - und dann kam die Länderspielpause im November. Die Roten Teufel hatten sportlich nicht an die Darbietungen zuvor anknüpfen können, das Binnenklima zwischen dem Meistermacher auf der einen und den Entscheidungsträgern der GmbH auf der anderen Seite litt zunehmend. Zu unterschiedlich waren die Auffassungen über den Umgang mit der sportlichen Talfahrt. Während Carnevale den Kader verändern wollte, verwies Ortwein auf finanzielle Argumente angesichts des sechsstelligen Minus, das die GmbH aus der der Vorsaison mitgeschleppt hatte.
Nach einer Serie von fünf Spielen mit nur einem Punkt wurde Carnevale am Tag nach einer Niederlage in Bremerhaven beurlaubt. Im Rahmen der Pressekonferenz soll sich der Coach gegenüber dem Gastgeber im Ton vergriffen haben. Am Morgen danach sprach Ortwein mit dem Mannschaftsrat um Patrick Strauch, Harry Lange, Jason Pinizzotto und Dan Ringwald, am späten Nachmittag wurde dem Trainer die Trennung mitgeteilt. »Geschockt«, zeigte sich Carnevale. »Mir bricht die Entscheidung das Herz.«
Wie schon bei seinem ersten Engagement Ende der 1990er-Jahre hatte Carnevale seine Tätigkeit nicht als Job, sondern als Passion angesehen, hatte es in seiner ihm eigenen Art und Weise geschafft, zu begeistern, zu motivieren, zu animieren. Keine Frage: Carnevale polarisierte, wie dies rund um die Roten Teufel zuvor nur wenige geschafften hatten. Die Bandbreite seiner Emotionen, die er positiv wie negativ ausgelebt hatte, kam bei den Fans gut an. Der Italo-Kanadier hatte Kult-Status, galt als quasi unantastbar, genoss die Sympathien (»Die Fans geben mir das Gefühl, das Leben eines Rockstars zu leben«) und forcierte das eine oder andere Machtspielchen. Intern hatte er damit immer öfter (auch arbeitsrechtliche) Grenzen überschritten.
Mit der Trennung am 27. Dezember 2013 brach ein regelrechter Shitstorm über die Roten Teufel herein, der in dieser Dimension die Befürchtungen gesprengt hatte. Inbesondere Ortwein als Geschäftsführer war das Ziel der Verbal-Attacken in den sozialen Medien. »Wir waren uns bewusst, dass die Entscheidung hohe Wellen schlagen würde. Dennoch waren wir uns sicher, dass wir zu diesem Zeitpunkt diesen Impuls benötigen, um unser Ziel zu erreichen«, sagt der Geschäftsführer rückblickend.
Mangels wirtschaftlicher Möglichkeiten wurde der bisherige Assistenzcoach Daniel Heinrizi als Cheftrainer vorangestellt, mit Unterstützung der teils DEL-erfahrenen Führungsspieler sollte der damals 28-Jährige die Roten Teufel zum Klassenerhalt führen. Gleich im zweiten Auswärtsspiel leistete sich Heinrizi einen Fauxpas. Der Name Sean McMonagle fehlte beim Spiel in Bietigheim auf dem offiziellen Spielberichtsbogen. Rund fünf Minuten waren gespielt, als der Fehler entdeckt worden war. Die Punkte waren damit verloren. Es sollte bis heute die einzige Wertung eines Zweitliga-Spiels der Roten Teufel am Grünen Tisch bleiben.
Bad Nauheim wurde in der Tabelle durchgereicht. Die »Carnevale-Fraktion« fühlte sich bestätigt, goss immer wieder Öl ins Feuer, machte Stimmung gegen die Geschäftsführung. Auswärts waren die Hessen willkommene Gäste (ein Sieg aus 13 Spielen in Serie in den Monaten Dezember, Januar, Februar). Am Ende, nach Spiel sieben in der ersten Playdown-Runde gegen die Eispiraten Crimmitschau, konnte der Klassenerhalt gefeiert werden.