Über Kampf zum Spiel finden

Es ist die Phrase aller Phrasen im Ball-, Team- und Wettkampfsport. Aber am Donnerstag beim 26:24 der HSG Wetzlar über den TBV Lemgo Lippe hätte sie treffender nicht sein können. Die Grün-Weißen haben über den Kampf zum Spiel gefunden. Am Sonntag beim HSV soll es die erfolgreiche Wiederholung geben.
Nur drei Tage nach dem im Bundesliga-Abstiegskampf die Psyche hoffentlich befreienden 26:24 (10:11)-Erfolg über den TBV Lemgo Lippe setzt die HSG Wetzlar am Sonntag beim HSV Hamburg (16.05 Uhr/live auf Sky) ihre englische Woche fort. Bei jenem Ligarivalen, der in der Tabelle aktuell Rang sieben einnimmt und mit 17:7 Punkte eine der besten Heimbilanzen aller 18 Erstligisten vorzuweisen hat. Bei jenem Ligarivalen, dem man Mitte November in eigener Halle mit 28:30 unterlag und in dessen Folge die Entlassung von Trainer Benjamin Matschke stand.
Die Erinnerung daran schmeckt wie abgestandenes Alsterwasser. Nach dem bedeutsamen Punktepaar vom Donnerstag gegen die Ostwestfalen wollen die Grün-Weißen mit frisch gezapften Selbstbewusstein den gastgebenden Hanseaten entgegentreten.
»Wir sind schlecht ins Spiel gekommen, haben uns dann aber richtig reingekämpft und 60 Minuten in der Abwehr alles gegeben«, blickt der seit dem neuerlichen Trainerwechsel Camdzic/Horvat stark verbesserte Rückraum-Hüne Hendrik Wagner zurück und ist mit den Wetzlarern gewillt, dies an der Elbe zu wiederholen: »Das gibt uns hoffentlich den Aufschwung, den wir für die restlichen Partien der Saison brauchen.«
Und noch einmal, so abgedroschen es klingt, die HSG Wetzlar hat gegen ein sicher unter Vorjahresniveau spielendes TBV-Team über den Kampf zum Spiel gefunden, was auch Ausleihe-Rückkehrer Ole Klimpke so sah (»Wir sind immer dran geblieben, das war ganz wichtig.«), der mit seiner mutigen und entschlossenen Körpersprache mit seiner Einwechslung die Arena sofort auf seine und die der Mannschaft gebracht hatte und mit seinem Eins-gegen-eins-Treffer zum 10:11 die HSG zur Pause im Spiel hielt.
Die vier Paraden nach der Pause von Torhüter Till Klimpke trugen ebenfalls dazu bei, dass aus dem 11:14 (35.) über das 14:14 (40.) und 18:17 (45.) der 26:24-Sieg eingefahren wurde und sich somit die beiden Brüder hernach im Kabinengang gegenseitig anerkennend die »Gut-gemacht-Fünf« geben konnten.
Über den Kampf zum Spiel soll es auch beim HSV Hamburg gehen. Zwar weiter ohne die verletzten Jovica Nikolic, Domen Novak und Filip Kuzmanovski. Dafür aber mit einem wiedererstarkten Adam Nyfjäll, der von Trainer-Vorgänger Hrovje Horvat auf das Abstellgleis geschoben worden war, als Kreisläufer aber super für die Halbschützen Lenny Rubin und Hendrik Wagner ackerte und in der Abwehr klug und aggressiv presste wie es noch in den Vorjahren ein Olle Forsell-Schefvert vorgemacht hatte.
Das Spiel im Angriff breiter anlegen, so wie bei den drei Treffern von Rechtsaußen Lars Weissgerber; in der 6:0-Abwehr konsequent zupacken und nicht mehr loslassen; und ein Torhüter-Duo, das zweistellig pariert. Kommen dann mit Stefan Cavor und Jonas Schelker noch zwei Akteure hinzu, die geduldiger agieren und nicht überdrehen, und lassen sich Erik Schmidt und Emil Mellegard vom neuen grün-weißen Selbstwertgefühl hochziehen, ist man im Norden nicht ganz aussichtslos. Wenn, ja wenn ein frühes 1:4 oder 2:6 nicht gleich wieder die eigene Handball-Psyche auffressen.
Gastgeber Hamburg wird auf jeden Fall auf den verletzten Nationaltorhüter Johannes Bitter verzichten müssen, hat aber in Jens Vortmann ein starken Vertreter. Dies bewies der 35-Jährige erst vergangenen Mittwoch mit seinen 16 (!) Paraden beim 35:31-Sieg bei GWD Minden. Ob die angeschlagenen Leif Tissier (Handverletzung) und Andreas Magaard (Knieproblem) wieder ins HSV-Team zurückkehren, ist offen. Neben Bitter wird definitiv auch der langzeitverletzte Jacob Lassen ausfallen.
Tabellenmäßig gut gemacht haben die Wetzlarer zwar nichts mit dem zweiten Heimsieg der Saison, punktemäßig ist der Abstand auf den ersten Abstiegsplatz aber verdoppelt (+4) worden. Entschieden ist deshalb noch lange nichts, zumal der Rang-17. GWD Minden beim seit Wochen kriselnden SC DHfK Leipzig zeitgleich die nächste Chance sucht. Gefahr laufen, schon auf den nächsten Donnerstag mit dem Abstiegskracher gegen ASV Hamm Westfalen zu blicken, wird die HSG Wetzlar aber nicht. Die volle Konzentration gilt erst einmal Sonntag dem HSV Hamburg.