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Von Olympioniken, Sensationen und Entlassungen

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Von: Christoph Sommerfeld

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Gerade der Amateursport hat unter Corona gelitten und kämpft weiter mit den Unwägbarkeiten der Pandemie. Dennoch lohnt sich der sportliche Blick zurück auf ein nicht ereignisarmes WZ-Jahr.

Trotz eines erneut durch die Pandemie geprägten Jahres bleiben 2021 etliche sportliche Anekdoten und Geschichten. Die Wetterauer Olympioniken spielen dabei ebenso eine Rolle wie der virtuelle Sport, der im Corona-Zeitalter an Bedeutung gewinnt. Fußball-Hessenligist Türk Gücü Friedberg belebte eine der abgedroschensten Phrasen wieder, wonach der Pokal seine eigenen Gesetze hat. Und Eishockey-Zweitligist EC Bad Nauheim trennte sich von seinem Trainer.

Dabei sein ist alles

Mit drei Wetterauern startete die deutsche Delegation im Juli zu den Sommerspielen. Wenngleich das Trio in Tokio keinen weiteren Coup mehr landen konnte, so darf allein die Qualifikation als Mega-Erfolg gewertet werden, rackern sich daran doch die meisten Leistungssportler ihr Leben lang vergeblich ab.

Sprinter Steven Müller von der LG ovag Friedberg-Fauerbach hatte die Quali-Norm über 200 Meter verfehlt, schaffte aber über die Weltrangliste den Sprung nach Japan. Im Vorlauf war Schluss. An seine persönliche Bestzeit kam er nicht heran.

Der Butzbacher Marc Weber saß - mit Stephan Krüger - im Doppelzweier des Deutschen Ruderverbands. »Wir haben in den letzten Monaten den internen Ausscheid in Deutschland gewonnen und sind die Weltcups in dieser Besetzung gefahren«, sagte der Athlet des RC Hassia Gießen nach seiner Nominierung. Im Vorlauf patzte das hessische Duo, rutschte über den Hoffnungslauf ins Halbfinale und kam am Ende nicht über das B-Finale hinaus.

Badminton-Ass Kai Schäfer erlebte die turbulenteste Zeit. Früh im Jahr erhielten der Einzelspezialist des SV Fun-Ball Dortelweil und sein Klub die Nachricht, dass der größte Wetterauer Sportverein in die Bundesliga zurückkehren darf. Trotz des Saisonabbruchs war der Aufstieg auf Antrag möglich. Im Mai bejubelte Schäfer das Olympia-Ticket, in Tokio war in der Vorrunde Endstation. Ein Höhepunkt für den jetzt 28-Jährigen dürfte sein erster Deutscher Meistertitel im Einzel Ende August gewesen sein. Danach mischten er und seine Dortelweiler die deutsche Beletage auf und bezwangen sogar den 1. BC Bischmisheim, »den FC Bayern des Badminton«, wie Teammanager Klaus Rotter einst formulierte.

E-Sports und die Pandemie

Tim Heß steht in der Wetterau für den elektronischen Sport. Wenngleich der Bad Nauheimer als Eishockey-Journalist auch eingefleischter Fan des realen Kufensports ist, so sorgt er nun seit über einem Jahr für Schlagzeilen an der Playstation. Den Titel des Deutschen Meisters auf dem virtuellen Eis der Video-Simulation »EA Sports NHL 21« sicherte er sich im April zum zweiten Mal. Zuvor hatte sich der EHC Red Bull München für die eDEL-Saison die Dienste von »Timasy« gesichert.

Ob die Pandemie den E-Sports-Hype befeuert, lässt sich für Heß nicht klar ausmachen: »Ich selbst habe nicht mehr gespielt als zuvor. Aber viele Leute haben sich damit befasst, weil andere Möglichkeiten eingeschränkt waren.« Beim Hockey auf der Konsole gebe es dennoch Entwicklungspotenzial. »Die Sportspiele hängen noch zurück im Vergleich z. B. zu Counter-Strike.«

Während Corona höchstens positiven Einfluss auf die E-Sports-Bewegung hat, sieht es bei den realen Sportarten anders aus. In fast allen Verbänden mit saisonalem Wettkampfbetrieb musste die Runde 2020/21 bei den Amateuren abgebrochen (und annulliert) werden. Den Anfang machten Kegeln, Badminton und Volleyball. Es folgten Tischtennis, Handball und der Fußball.

Schon die Tennis-Medenrunde sorgte dann für Hoffnung. Mit Anwendung der Abstiegsregel kehrte gar etwas mehr Wettbewerb zurück. Im Spätsommer nahmen die wichtigsten Sportarten den Spielbetrieb wieder auf. Die hessischen Handballer warteten bis Ende Oktober. Zum Jahresende häuften sich Corona-bedingte Absagen. Vielerorts rettete man sich in die Winterpause und hofft nun, dass der eigene Verband nicht das Schicksal der hessischen Ringer teilt. Die hatten ihre Saison zuletzt unter- und wenig später abgebrochen.

Bastian-Wahl und Türk-Gücü-Coup

König Fußball sorgte auch 2021 abseits des Corona-Störfeuers für so manche Schlagzeile. Thorsten Bastian gewann im September die Kampfabstimmung zum Verbandsfußballwart. Im Interview erklärte der Oppershofener, dass in diesen Zeiten vor allem die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs sowie die Reform der Klassen zu den Aufgaben der nächsten Jahre gehöre. »Wir müssen uns damit beschäftigen, dass wir in Zukunft genügend Schiedsrichter haben, denn ohne Schiedsrichter gibt es keinen Fußball«, ergänzte Bastian. Sein Amt als Friedberger Kreisfußballwart hat jetzt Karl-Ernst Kunkel (Melbach) inne, der im November gewählt wurde.

Nur wenige Tage nach seiner Wahl staunten die Wetterauer nicht schlecht, als Hessenligist Türk Gücü Friedberg eine Sensation schaffte und den Drittligisten SV Wehen Wiesbaden aus dem Hessenpokal kegelte. Das goldene Tor für leidenschaftlich kämpfende Kreisstädter erzielte auf dem in Flutlicht und Nebel getauchten Burgfeld Torjäger Noah Michel. 760 Besucher ließen sich das Spektakel nicht entgehen. Für die Truppe von Trainer Carsten Weber war es Balsam auf die Liga-Wunden. In Hessens höchster Klasse enttäuschte Türk Gücü nämlich.

Trainerentlassung und EC-Höhenflug

Immerhin spielen konnten die Profis des EC Bad Nauheim im abgelaufenen Jahr. Dennoch hatte das Virus auch die DEL 2 fest in seinen Klauen. An Eishockey vor Publikum war 2020/21 nicht zu denken. Sportlich lief die vergangene Saison eher schlecht als recht. Und so trennten sich die Roten Teufel zum zweiten Mal erst zu Zweitliga-Zeiten von ihrem Coach. Der Finne Hannu Jarvenpää wurde im Februar von seinen Aufgaben entbunden. Mit Harry Lange übernahm der damalige »Co«. Tiefpunkt war die Rote Laterne, die zwischenzeitlich in Nauheim brannte. Wegen des hohen Infektionsgeschehens im April brach die Liga die Hauptrunde vorzeitig ab und wertete nach der Quotientenregel. Für den EC entfielen die letzten drei Partien. Am Ende ging man als Zehnter durchs Ziel.

Mit der Rückkehr der Zuschauer kam auch neuer Schwung ins Nauheimer Spiel. Lange scoutete gut, formte um die Kanadier Taylor Vause und Tristan Keck ein Team, das dem EC zu Punkten und dem Publikum zur Begeisterung verhilft. Der Höhenflug unter dem österreichischen Trainer führte die Roten Teufel zwischenzeitlich bis an die Tabellenspitze. Die Mannschaft lieferte die beste erste Hauptrunden-Hälfte in der DEL 2 seit 2013 ab. Derzeit deutet alles auf die Playoffs hin.

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