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Weltmeister Michael »Bully Boy« Smith: »Ich will Titel, keine Ausreden«

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Weltmeister Michael »Bully Boy« Smith spielt ab Donnerstag in Frankfurt um die Team-WM-Titel. © Red

Michael »Bully Boy« Smith ist Darts-Weltmeister und führt die Weltrangliste an. Jetzt strebt der Engländer zusammen mit Rob Cross den Titel beim World Cup, der Team-WM, in Frankfurt an. Wir haben vor dem Turnierstart am Donnerstag mit dem 32-Jährigen gesprochen

Michael, im WM-Finale mit Michael van Gerwen war Ihnen ein spektakulärer Neun-Darter gelungen. Wie oft sind Sie in den vergangenen Monaten darauf angesprochen worden und haben sich diese Minuten auf Video angeschaut?

Sicher mehr als 1000 Mal (lacht). In den ersten Wochen danach gab es eigentlich kein Gespräch ohne dieses Thema. Auch das Video dazu habe ich bestimmt schon 100 Mal angeschaut.

Sie sind die Nummer eins der Weltrangliste und Weltmeister. Haben Sie zwischen all Ihren Turnieren und PR-Terminen überhaupt schon Zeit gefunden, die vergangenen Monate zu realisieren, oder erleben Sie die Zeit noch wie in einem Rausch?

Ich glaube, um dies zu realisieren, brauche ich ein bisschen Abstand von allem. Ein, zwei Wochen, ohne Pfeile, ohne Boards, ohne Gedanken an die nächste Reise, den nächsten Termin. Vielleicht gelingt mir das im Urlaub mit der Familie. Wir wollen nach Australien, einfach mal abschalten. Dann kann man die vergangenen Monate verarbeiten.

Mit van Gerwen, Price, Wright, Anderson und „Gaga“ Clemens

Die Eissporthalle Frankfurt ist Austragungsort des »World Cup of Darts«. 40 Nationen spielen um die Team-Weltmeisterschaft.

Topstars wie Michael van Gerwen, Gerwyn Price, Gary Anderson, Peter Wright und natürlich Michael Smith, der Weltmeister, werden ab heutige auf der Bühne stehen. Für Deutschland spielen Gabriel Clemens und Martin Schindler. Mehr als 13 000 Karten wurden bislang verkauft worden. Tickets gibt’s unter www.pdc-europe.tv.

Inwiefern haben diese Erfolg und die damit nun verbundene Erwartungshaltung Einfluss auf die Psyche, auf Ihr Spiel?

Ich hatte immer fest daran geglaubt, Weltmeister und die Nummer eins der Welt sein zu können. Und das hat mich angetrieben, gerade nach zwei WM-Final-Niederlagen. Ich habe mein Ziel erreicht und mir natürlich die Frage gestellt, was nun als nächstes folgen soll. Ich hatte mir Druck gemacht, das spiegeln auch einige meiner Resultate wider. Jetzt aber kann ich die Zeit am Board wieder mehr genießen. Ich habe das Größte erreicht, was man im Darts erreichen kann und fange jetzt quasi wieder bei Null an. Ich kann in der Rangliste abrutschen, aber ich bin auch in der Lage, noch viele WM-Titel zu gewinnen.

In den Wettkämpfen sind Sie Einzelsportler. Nun in Frankfurt spielen als im Team und für Ihre Nation. Welche Bedeutung hat dieser Wettkampf für Sie?

Eine große Bedeutung. Ich habe den Einzel-Titel gewonnen. Natürlich will ich jetzt auch den Team-Titel holen. Phil Taylor und Adrian Lewis haben für England viermal gewonnen. Vor drei Jahren habe ich mit Rob Cross das Finale verloren, im vergangenen Jahre habe ich beim Stand von 3:0 die Chance im Halbfinale nicht nutzen können, sonst hätten wir vielleicht am Ende die Trophäe in die Höhe recken können. Das war ärgerlich. Die Team-WM zählt zu den großen Turnieren. Es ist nicht das größte Event, aber es geht um Stolz und Prestige.

Haben Sie die Gelegenheit mit ihrem Partner zu trainieren?

Nein. Wir werden aber sicherlich in Frankfurt einige Pfeile zusammen werfen und uns austauschen, welche Checkout-Wege wir auf dem Board wählen wollen.

Wie haben Sie die Veranstaltung in Frankfurt atmosphärisch in der Vergangenheit erlebt, auch im Vergleich zum legendären AllyPally?

Nichts ist vergleichbar mit dem AllyPally. Aber: Die Fans in Frankfurt sind schon ein bisschen verrückt. Sie haben für eine tolle Stimmung gesorgt. Und ich hoffe, in diesem Jahr wird’s ebenso crazy.

Wie gelingt es, sich angesichts der Lautstärke und der Zwischenrufe zu konzentrieren, sich nicht ablenken zu lassen? Wie haben Sie diese Fähigkeit erarbeitet?

Das ist eine Konzentrationssache. Wenn Du Dein Spiel spielst, dann musst Du das ausblenden, dann darfst Du das nicht wahrnehmen. Der Moment, in dem Du Dich auf die Lautstärke konzentrierst und Dich ablenken lässt, ist der Moment, in dem Du nach Entschuldigungen suchst. Ich aber will keine Ausreden finden, ich will Titel gewinnen.

Sie waren kürzlich in New York, spielten im Madison Square Garden. Welche Bedeutung haben solche Events für den Sport?

New York war eine sehr positive Erfahrung, gerade im vergangenen Jahr. Beim Turnier dieses Jahr konnte ich sportlich nicht abliefern, aber durch unzählige Medientermine haben wir dem Sport eine tolle Plattform bieten können. Die Halle war ausverkauft, das war ein Fortschritt. Es war laut, aber doch anders als in Europa. Wenn Du aber mit Deinem Sport im Madison Square Garden auftreten kannst, dann ist das natürlich etwas, worauf Du Dich freust und ein großer Schritt für den Sport. Ebenso, wenn wir nächstes Jahr wieder in Bahrain zu Gast sein werden. Wenn der Sport profitiert, dann profitieren die Sportler, dann steigt das Interesse der Leute. Dem Darts-Boom sind keine Grenzen gesetzt.

Sie sind zum Darts-Sport gekommen, nachdem Sie sich als Teenager die Hüfte gebrochen hatten. Hätten Sie geglaubt, dass diese Verletzung Ihr Leben in einem derart positiven Sinne verändern kann? Was können Sie anderen Menschen aus dieser Erfahrung heraus mitgeben?

Ich hatte bis dahin Rugby gespielt, nicht besonders gut, aber mit viel Freude. Es war schwer zu realisieren, dass ich dies nicht mehr würde tun können. Mit Darts hatte ich bis dahin nicht zu tun, aber dann habe ich aus Langeweile und weil mein Vater eine Darts-Kneipe hatte Pfeile geworfen und Interesse daran gefunden. 2009 hatte ich mir bei einem Sturz auf Eis beide Hände gebrochen, ich war fünf Monate raus und bin dann auf meine erste Pro-Tour gegangen. Ich hatte viele Verletzungen und bin immer gestärkt daraus hervorgegangen. Und ja, der Hüftbruch ist rückblickend wohl der beste Knochenbruch, der mir im Leben passiert ist.

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