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Wetzlarer Kurssturz erfordert große Anstrengung ab Februar

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Von: Ralf Waldschmidt

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Unter anderem auf Magnus Fredriksen ruhen bei der HSG Wetzlar die Hoffnungen. © Imago Sportfotodienst GmbH

(ra). Im Archiv geblättert und fündig geworden. Sowohl punkte- als auch tabellenmäßig schlechter notiert war die HSG Wetzlar in der Handball-Bundesliga zu einem Jahreswechsel letztmals 2006 - mit mageren 7:27 Zählern als Tabellen-17. Das Abstiegsgespenst ist zurück - ausgerechnet in der 25. Jubiläumssaison.

Am 28. Februar 2022 wies die Tabelle die Mittelhessen nach 22 Spieltagen der Saison 2021/22 noch als sensationellen Fünften mit 28:16 (!) Punkten aus. Das war nach dem 30:27-Husarenstreich bei Ex-Meister Rhein-Neckar Löwen. Aktuell sind die Grün-Weißen mit 9:27 Punkten als Rang-16. notiert. Der Kurssturz der mittelhessischen Bundesliga-Aktie ist unübersehbar - und ähnlich dramatisch wie der zahlreicher Kryptowährungen.

Der Crash: Der sportliche Niedergang hat eine Vorgeschichte (Wandschneider-Trennung), einen Corona-Hintergrund (Kampf um das wirtschaftliche Überleben als Priorität) sowie dadurch eine allzu riskante, an finanziellen Zwängen statt an sportlich kompetenter Einschätzung orientierte Kaderplanung. Die Bundesliga gibt nun mal Ausbildungszentren wenig Raum.

Die Verletzungen von Leistungsträgern (u. a. aktuell Stefan Cavor, Magnus Fredriksen) sowie die über Jahre hinweg hingenommenen Verluste existenziell bedeutsamer Defensivstrategen wie Anton Lindskog, Philipp Henningsson, Olle Forsell-Schefvert und Felix Danner waren bzw. sind vor diesem Hintergrund nicht mehr zu kompensieren.

Überdies spielte Siebenmeter-Spezialist Maximilian Holst als offen kommunizierter Standby-Spieler in den Trainer-Planungen - warum auch immer - keine Rolle mehr, selbst als im Oktober/November die HSG vom Strafwurf-Virus befallen worden war. Und als Magnus Fredriksen ausfiel, hätte man sich durchaus für ein paar wenige Minuten die ruhige Nothilfe-Hand von Co-Trainer Filip Mirkulovski vorstellen können.

Die Konsequenz: Die Entlassung von Trainer Benjamin Matschke im November war die Folge. Dieser konnte die Talfahrt nicht stoppen, hatte aber selbst bei derart viel Unerfahrenheit auch nie so richtig warnend den Zeigefinger gehoben. Seine vorzeitige Vertragsverlängerung im Frühsommer war rückblickend voreilig, zumal in der Analyse der bereits zur Rückrunde 2021/22 einsetzenden Talfahrt tiefergehende Fragen (z. B. nach dem konditionellen Zustand) unbeantwortet geblieben waren.

Mit aktuell nur vier Siegen (29:23 in Hamm, 32:24 gegen Stuttgart, 29:26 in Minden, 26:23 in Hannover) und einem Unentschieden (25:25 gegen Göppingen) haben sich die Mittelhessen für die Rückrunde mächtig unter Druck gesetzt. Zur Erinnerung: Mit nur 18 Punkten am Ende einer kompletten Spielzeit schaffte der TSV GWD Minden in den Vorjahren gerade mal so den Ligaerhalt.

Die Zukunft: Neu-Trainer Hrvoje Horvat wird ab Februar große Anstrengungen mit dem verunsicherten und dadurch instabilen Team unternehmen müssen, um die Krise erfolgreich zu bewältigen. Die Hoffnungen ruhen dabei personell auf der Rückkehr von Magnus Fredriksen und Stefan Cavor. Zurückfinden muss das Team um Torhüter Till Klimpke, den die Wetzlarer Krise überdies seinen Platz im Nationalteam gekostet hat, vor allem zu alter Heimstärke. Bei nur einem Heimsieg in acht Partien in der Buderus-Arena muss man froh sein, dass GWD Minden und der ASV Hamm-Westfalen punktemäßig insgesamt noch weniger zustande gebracht haben.

Die Hoffnung: Was nach dem eingangs erwähnten Dezember 2006 folgte, war jener in der Clubhistorie der HSG Wetzlar einmalige, unvergessliche 2. Juni 2007, als man mit der 30:29-Sensation gegen den hochdekorierten SC Magdeburg in der 57. Minute des letzten Spieltages der Saison dem Abstiegsteufel gerade noch mal von der Schippe gesprungen war. Niemals zuvor und danach zitterten mehr Zuschauer im Wetzlarer Handball-Tempel mit dem Team um Kapitän Timo Salzer. Die offizielle Zahl von 4426 Zuschauern jedenfalls war weit, weit überschritten.

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