Yvonne Li: Auf dem Weg in die Weltspitze

Sie war der Königstransfer des SV Fun-Ball Dortelweil im Sommer. Mit Yvonne Li träumt der Wetterauer Bundesligist in dieser Saison schon ein bisschen vom großen Coup.
Yvonne Li (Bild) ist eine Frohnatur. Während des gesamten Interviews strahlt sie eine angenehme Unbekümmertheit aus, lacht viel und herzlich. Mit 24 Jahren hat sie längst ihre Vormachtstellung unter den deutschen Damen zementiert, gewann alle vier DM-Titel seit 2019. Jetzt soll es für die Weltranglisten-26. auch international noch weiter nach oben gehen. Auch mit dem SV Fun-Ball Dortelweil hat sie sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt.
Yvonne, Sie sind seit Sommer beim SV Fun-Ball. Wie und warum hat es Sie in die Wetterau verschlagen?
Kai Schäfer spielt ja schon lange in Dortelweil. Er ist ein guter Freund und zudem mein Nachbar. Wir wohnen beide am Badminton-Stützpunkt in Mülheim an der Ruhr. Durch ihn bin ich auf Fun-Ball aufmerksam geworden. Zu den Spielern von Dortelweil hatte ich zuvor schon gute Beziehungen. Das Gespräch mit den Vereinsverantwortlichen lief dann auch positiv, menschlich hat alles gepasst. Ich habe ein paar Bedingungen formuliert, die mir wichtig waren. Und der Verein hat zugesagt, diese zu erfüllen.
Die Fun-Ball-Spieler sehen sich nur zu den Bundesliga-Partien. Und selbst da erfolgen An- und Abreise zum Teil individuell. Kann da so etwas wie Teamgeist entstehen?
Das ist sicher schwieriger als in den Fällen, bei denen man jeden Tag zusammen trainieren kann. Aber der Club macht da einen ganz guten Job und versucht, ein gemeinsames Frühstück vor den Begegnungen zu organisieren. Auch danach essen wir oft zusammen. Bei gemeinsamen Auswärtsfahrten oder Doppelspieltagen am Wochenende bleibt sogar zwischendurch mal Zeit, um mit den Teamkollegen etwas zu unternehmen.
Zu welchen Mitspielern haben Sie den engsten Kontakt?
Mit Iris Wang verbindet mich eine enge Freundschaft. Ähnliches gilt für Julie MacPherson und Emma Moszczynski, die verletzungsbedingt in dieser Saison noch nicht so oft zum Zug gekommen ist. Bei den Herren ist der Kontakt neben Kai auch zu Kian-Yu Oei sehr gut. Mit den Männern trainiere ich ja ohnehin am Bundesstützpunkt.
Als Nummer 26 der Welt sind Sie Deutschlands beste Badminton-Spielerin. Wie würden Sie Ihre Art des Spiels beschreiben?
Das ist schwierig. Ich denke relativ dynamisch. Auf nationaler Ebene kann ich ein höheres Tempo gehen als die Konkurrenz. Ich habe ein gutes Durchhaltevermögen und gebe nicht auf. Zudem bin ich sehr trainingsfleißig.
Ihre Familie ist sehr Badminton-begeistert. Erzählen Sie mal…
Das ist richtig, auch wenn keiner von uns Profi war. Mein Vater hat immer gerne gespielt, mein älterer Bruder ist noch heute aktiv. Ich bin früh mitgekommen zum Sport und hatte ein gewisses Talent. Es fiel mir schon als kleines Kind nicht schwer, den Ball zu treffen. Mein Vater hat dieses Talent schnell erkannt und mich entsprechend gefördert.
Sie wohnen in Mülheim a. d. R. und studieren an der Uni Duisburg-Essen. Wie schaffen Sie es, Leistungssport und Studium zu verbinden?
Es ist in der Tat nicht so einfach, zumal es eine Präsenz-Uni ist. Bis zu meinem Campus sind es 30 Minuten. Ich bin dennoch sehr selten da. Badminton hat einfach Priorität. Derzeit schreibe ich aber gerade meine Bachelor-Arbeit und hoffe, zum Ende des Semesters diesen Abschluss in der Tasche zu haben.
Sie haben asiatische Wurzeln, sind aber in Deutschland geboren. Haben Sie schon mal rassistische Anfeindungen bzw. Diskriminierungen erlebt?
Im Sport eher weniger, Badminton ist in Asien sehr beliebt. Da ist es nicht selten, auch in Deutschland Sportler zu sehen, die asiatische Wurzeln haben. In den Sozialen Medien wird hin und wieder mal so was kommentiert wie: »Die kommt doch nicht aus Deutschland…«. Aber diese Kommentare kommen eher aus anderen Ländern. In Deutschland kennt man mich eigentlich. Wirklichen Rassismus habe ich aber tatsächlich schon im Alltag erlebt.
Wie sehr achten Sie als Leistungssportlerin auf Ihre Ernährung? Darf man während den Feiertagen zum Jahreswechsel auch mal sündigen?
Ich denke schon. Wenn ich bei meinen Eltern in Hamburg bin, esse ich in der Regel mehr als gewöhnlich. Da schmeckt es mir auch einfach wahnsinnig gut und ich merke, dass ich das als Kind vielleicht oft nicht wertgeschätzt habe. Grundsätzlich ist meine Ernährung abwechslungsreich. Da darf auch mal etwas dabei sein, was nicht so nährstoffreich ist und der Seele gut tut.
Wie sehen Ihre nächsten persönlichen Ziele aus, und was wollen Sie mit dem SV Fun-Ball erreichen?
Ich will meine Platzierung in der Weltrangliste möglichst halten und dann Stück für Stück nach vorne kommen. Auf den großen Turnieren werde ich mitspielen und will da über die ersten Runden hinauskommen. Mit Dortelweil wäre es schon schön, wenn wir Platz eins angreifen könnten und uns der ganz große Wurf gelingt. FOTO: KESSLER