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Da hat Tim Pütz Augen gemacht

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Die gelbe Filzkugel fest im Blick: der Usinger Tennisprofi Tim Pütz.
Die gelbe Filzkugel fest im Blick: der Usinger Tennisprofi Tim Pütz. © Philippe Ruiz/Imago Images

Bei den French Open hat Tim Pütz mit Miyu Kato seinen ersten Grand-Slam-Titel gewonnen. Mit seinem Doppelpartner Kevin Krawietz möchte er am Mittwoch in Wimbledon angreifen. In seine Vorbereitungsroutine auf die Spiele hat der Usinger Tennisprofi derweil etwas Neues eingebaut: Augentraining.

Babypausen legen im Sport nicht nur die Mütter ein. Natürlich möchten auch die Väter - zumindest für einen bestimmten Zeitraum - so oft und nah wie möglich beim neu geborenen Nachwuchs sein. Die Doppelpartner Kevin Krawietz und Tim Pütz, als Berufstennisspieler gemeinsam auf der ganzen Welt unterwegs, erlebten im ersten Quartal dieses Jahres beide Vaterfreuden. Der 31-jährige Krawietz zum ersten, Pütz (35), mit seiner Familie in Usingen lebend, zum zweiten Mal.

Babypausen legen im Sport nicht nur die Mütter ein. Natürlich möchten auch die Väter - zumindest für einen bestimmten Zeitraum - so oft und nah wie möglich beim neu geborenen Nachwuchs sein. Die Doppelpartner Kevin Krawietz und Tim Pütz, als Berufstennisspieler gemeinsam auf der ganzen Welt unterwegs, erlebten im ersten Quartal dieses Jahres beide Vaterfreuden. Der 31-jährige Krawietz zum ersten, Pütz (35), mit seiner Familie in Usingen lebend, zum zweiten Mal.

Neben ihren Einsätzen daheim im Sinne von Mama und Nachwuchs legten beide aber das Racket nicht in die Ecke. Passiert auf solch hohem Niveau, auf dem die beiden Davis-Cup-Spieler sich bewegen, so gut wie nie. Kann man sich auch gar nicht erlauben, wenn man in der Weltspitze bleiben möchte.

Vielmehr gilt es auch für Doppelspezialisten im Tennis, die tendenziell erst in den „30ern“ auf dem Höhepunkt ihres Schaffens sind, sich im Training etwas einfallen zu lassen. Nun, da mit dem seit Jahren geschundenen Körper immer sorgsamer umgegangen werden muss, man aber dennoch ein enorm hohes Pensum absolviert, um weiter zu den Besten zu gehören.

So kam Tim Pütz, in den vergangenen Jahren mit wechselnden Partnern schon sieben Mal Turniersieger im Doppel auf der ATP-Tour, der „Trainingsfleiß“ seines Bad Homburger Physiotherapeuten gerade recht. Matthias Sauer interessiert sich regelmäßig für neue Forschungsansätze in seiner Branche und absolvierte eine Fortbildung an der Sporthochschule Köln - bei „Dynamic Eye“, einem Institut für Visual- und Kognitionstrainer.

Da war Tim Pütz in seiner Babypause ganz Ohr, als die beiden sich in der Physiotherapiepraxis am Kurhaus zur Behandlung trafen. Und der machte Augen - im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Sauer hat sich zum Thema „Visuell-kognitives Training“ schlau gemacht und die Erkenntnisse gerne an seinen wohl prominentesten Schützling weitergegeben.

„Über 70 Prozent der Wissensaufnahme läuft über die Augen, schon deshalb wird in der Sportwissenschaft die Aufmerksamkeit immer mehr darauf gerichtet“, weiß Sauer. Hinzu komme, dass einige Optimierungsprozesse, um die menschliche Leistung zu steigern, nahezu ausgereizt seien. Wenn es etwa um Kraft-, Technik- oder auch Mentaltraining gehe. Doch wie steht’s um das Wahrnehmungsvermögen? Früh die nächste Aktion des Gegners zu antizipieren, verbessert in vielen Sportarten die Chancen deutlich. Man läuft früher los als der andere, ahnt, welche Richtung eingeschlagen werden muss. „Manchmal wird dann verwundert gefragt: Hat der hinten Augen?“, schmunzelt Sauer.

Im Fußball sei Cristiano Ronaldo ein Phänomen. Ohne jemals bewusst das sogenannte Eye-Tracking trainiert zu haben, wende der Fußballstar im Spiel Blicksprünge an, unbewusst habe er sich eine richtige Strategie angeeignet. „Sein Blick wandert ständig von der Schulter zur Hüfte des Gegenspielers und wieder zurück“, weiß Sauer. Ronaldo erahne frühzeitig eine Bewegung und entscheide sich dann für die passende Aktion, um etwa in einem Dribbling vorbeizukommen.

Während vor allem peripheres Sehen in Teamsportarten besonders gefragt ist, kommt es beispielsweise für Sportschützen auf zentrales fixiertes Sehen, für Tennisspieler dagegen auf dynamisch fixiertes Sehen an.

Wie Sauer erfahren hat, nehmen sich Hirnspezialisten aus der Neuroathletik dem visuell-kognitiven Training intensiver an, die kognitive Arbeit gilt ja schon länger als Geheimwaffe in Bezug auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Tennisspieler Alexander Zverev beschäftigt sich damit, auch Eishockey-Teams oder Mannschaften aus der Fußball-Bundesliga wie der 1. FC Köln haben bei den Spielern, vor allem den Torwarten, Automatismen für die Spielvorbereitung eingebaut.

Wichtig sei dabei: Zehn Minuten Augentraining reicht völlig. „Die Übungen sind für die Augen, auch geistig anstrengend“, erläutert Sauer. Pütz habe ihm einmal signalisiert, schon stehend k.o. zu sein, dabei habe er doch noch gar nicht geschwitzt. Freilich wendet der Usinger Davis-Cup-Spieler das Warm-up für seine Augen inzwischen fleißig an.

Zu den klassischen Übungen zähle das Mobilitätstraining, also bewusst nach rechts, links oder diagonal zu schauen. Zum Trainieren des binokularen (beidäugigen) Sehens werde ein Auge jeweils abgedeckt. Erst im Gehirn werden die Informationen aus den Sehnerven ja so verarbeitet, damit ein dreidimensionales Bild entstehen kann. Wichtig ist, das beide Augen gut zusammenarbeiten. Als Akkommodation bezeichnet man wiederum, nah und fern zu sehen. Um dies zu trainieren, werden die Nasenspitze und ein deutlich weiter entfernter Punkt abwechselnd fixiert. Dieser Wechsel kann mit einem Metronom als Taktgeber beschleunigt werden.

„Leider ist der Erfolg des Augentrainings nicht messbar“, sagt Sauer. Dass Pütz mit der Japanerin Miyu Kato den Grand-Slam-Titel im Mixed-Wettbewerb der French Open gewonnen hat, lag tatsächlich auch an der Behandlung einer Bauchmuskelverletzung. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Mit Krawietz wird Pütz nun am Mittwoch in Wimbledon antreten, in der 1. Runde des Grand-Slam-Turniers treffen die beiden auf das mexikanisch-kroatische Doppel Varela/Cacic. Sein Physio-Spezi hat vergangene Woche ganz genau hingesehen. Bei den Bad Homburg Open half Matthias Sauer als Local Medical Consult mit - und drückt nun natürlich seinem Kumpel Pütz die Daumen.

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