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Dang Qiu, der bescheidene Herausforderer

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An der Platte geht er aus sich raus, sonst ist er ein eher bescheidener Mensch: Dang Qiu.
An der Platte geht er aus sich raus, sonst ist er ein eher bescheidener Mensch: Dang Qiu. © IMAGO/MaJo

Dang Qiu befindet sich beim Champions-Turnier in Frankfurt in bestechender Form. Wenn der junge Europameister so weitermacht, wird für Tischtennis-Bundestrainer Jörg Roßkopf die Wahl für Olympia zur Qual.

Frankfurt -Bescheidenheit schwingt in den Worten von Dang Qiu immer mit. Dabei hätte der 27 Jahre alte Tischtennisspieler aus Frickenhausen-Linsenhofen bei Stuttgart in dieser frühen Vorbereitungsphase auf die Olympischen Spiele allen Grund, Ansprüche zu stellen. Beim WTT Champions, bei dem sich die Weltelite seiner Sportart in dieser Woche in der Frankfurter Ballsporthalle duelliert, präsentiert sich Dang Qiu, gesprochen: Tschiu, in bestechender Form.

In seiner Erstrundenpartie am Montagabend gelang dem deutschen Nationalspieler mit chinesischen Wurzeln ein 3:0-Sieg - mit 11:8, 11:8, 11:8. Entnervt zurück ließ er auf der anderen Seite des Tisches Darko Jorgic, Weltranglisten-11. und Dauerrivale. Das war beim 4:1 im umkämpften Finale der letztjährigen EM von München, als sich der junge Schwabe ins Rampenlicht spielte, noch anders. Im Endspiel des europäischen Top-16-Turniers in Montreux hatte Qiu im Februar dann ein 2:4 gegen Jorgic kassiert.

Diesmal hatte der Slowene keine Chance, Qiu in zwei Sätzen deutlich geführt, einmal sogar 8:1. Im internen Rennen um die beiden Einzel-Startplätze für Paris scheint der Weltranglisten-14. mit dem ebenfalls ins Achtelfinale eingezogenen Achten des Rankings, Dimitrij Ovtcharov, klar vorne zu liegen, zumal Routinier Timo Boll nach langer Verletzungspause noch sichtbar Nachholbedarf hat und in Frankfurt gleich ausschied. Im Mixed ist Qiu mit Nina Mittelham - die beiden gewannen die European Games in Krakau - qualifiziert.

„Für mich ist jeder Tag Olympia-Vorbereitung - auf Paris, auf Los Angeles“, sagte Qiu, am Abend seiner für ihn „sehr zufriedenstellenden Perfomance“ auf das Thema angesprochen. Die übernächsten Spiele 2028 erwähnte er lieber gleich mit. Wie denn aber seine Chancen fürs Einzel in Paris stünden? „Schwer zu sagen, es kann sich noch vieles verändern. Es geht ja nicht darum, nur dabei zu sein. Deutschland hat immer um eine Medaille gekämpft. Ich hoffe, bis dahin dieses Niveau erreicht zu haben, sonst hätte ich einen Start nicht verdient.“

Bemerkenswertes Understatement eines Europameisters.

Dang Qiu kann aber auch richtig dickköpfig sein. Sein Vater Qiu Jianxin, ein ehemaliger chinesischer Nationalspieler, versuchte dem Filius in seiner Tischtennisschule schon früh den immer weniger praktizierten Penholder-Stil auszutreiben. Der Spieler umfasst dabei den Griff des Schlägers mit der Handfläche und den Fingern, jedoch liegt der Daumen auf der Rückseite des Schlägerblatts, was bei der Rückhand gegenüber Shakehand-Spielern als Nachteil gilt. Doch der junge Dang blieb stur.

Penetranz und Ehrgeiz zeichneten ihn schon in jungen Jahren aus. Gerade volljährig geworden, stieg Qiu in der Saison 2015/16 beim Zweitligisten TTC Ober-Erlenbach (heute: TTC OE Bad Homburg) ein. Sven Rehde sind beim „Ausbildungsverein“ im Taunus über die Jahre schon einige hoffnungsvolle europäische Talente untergekommen, auf die sein Verein gern setzt, wenn sie noch am Beginn ihrer Profikarriere sind. Doch Dang Qiu habe der Sportliche Leiter „bewundert. Er war immer der Erste und immer der Letzte. Wenn die anderen schon beim Essen waren, hat Dang noch eine Stunde Aufschläge trainiert“.

Voller Dankbarkeit spricht dieser über seinen früheren Club, der für ihn ein kleines Sprungbrett gewesen sei. Dort zu spielen, habe sich wie in einer Familie angefühlt, sagte Qiu. Über Ober-Erlenbach ging’s für ihn in die TTBL nach Grünwettersbach. Inzwischen ist der Mann bei Rekordmeister Borussia Düsseldorf die Nummer eins - vor Timo Boll.

Doch der deutsche Einzelmeister von 2022 bleibt bescheiden, ein nahbarer Profi ist er obendrein. Der auf Instagram seine Fans auf Chinesisch, Englisch und Deutsch begrüßt. Der am Sonntag, seinem 27. Geburtstag, am Rande des Turniers gerne eine Autogrammstunde gibt.

Am Donnerstag wird Dang Qiu gegen Felix Lebrun um den Einzug ins Viertelfinale spielen. Der 17-jährige Senkrechtstarter aus Frankreich, die Nummer neun der Welt, favorisiert übrigens auch Penholder. Es gibt nicht wenige Experten, die glauben, dass vielleicht nicht der Griffhaltung, aber diesen beiden jungen Spielern die Zukunft gehört. Allerspätestens 2028 in Los Angeles.

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