Iga Swiatek: Gefeiert wie ein Rockstar

Iga Swiatek arbeitet beim Turnier in Bad Homburg konsequent und empathisch an ihrem Nummer-1-Status. Die polnischen Fans sind aus dem Häuschen.
Bad Homburg -Die beste Tennisspielerin der Welt liebt Rock-Musik. Den Titel „Welcome To The Jungle“ von Guns n’ Roses nannte Iga Swiatek bei den French Open als idealen Song, um sich auf ein Match vorzubereiten. Bei den Bad Homburg Open habe sie auch gitarrenlastige Tracks von AC/DC und Led Zeppelin in ihre Playlist geschoben. Ziemlich oldschool also, wie es Menschen ihrer Generation umschreiben würden. Alte Schule. Die Bands hatten ja ihre Hochphase, als die 22-jährige Polin noch gar nicht geboren war.
Ganz ähnlich verhält sich das mit Tennisspielerinnen, mit denen Iga Swiatek, die gestern mit einem 6:3, 6:1 gegen Jil Teichmann (Schweiz) ins Viertelfinale des WTA-Turniers im Kurpark eingezogen ist, verglichen wird. Serena Williams, Steffi Graf, Martina Navratilova, Chris Evert. Selbst Williams hatte ihre ersten Grand-Slam-Titel schon gewonnen, bevor die kleine Iga, Tochter eines ehemaligen Olympioniken im Rudern, das Licht der Welt erblickte.
Iga Swiatek: Harte Facts, private Fragen
An den Grand-Slam-Erfolgen werden die Besten gemessen, Williams führt diese WTA-Hitliste mit 23 Siegen vor Graf (22) an, mehr noch hat die Australierin Court (24) in den Sechzigern und Anfang der Siebziger Jahre gewonnen, als Tennis noch ausschließlich von Amateuren ausgeübt worden ist. Nun, Swiatek, die vergangenes Jahr schon einmal beeindruckende 37 Spiele in Serie gewann, kommt auf vier Titel, ist aber erst 22. Weil Bad Homburg das letzte Rasenturnier vor Wimbledon ist, tritt sie fokussiert wie eh und je auf. Schließlich soll in London für die unumstrittene Nummer eins der Weltrangliste (seit April 2022) der fünfte folgen.
Selbst private Fragen beantwortet die French-Open-Siegerin auch nach Spielen zu später Stunde wie aus der Pistole geschossen, in fließendem Englisch, verzieht dabei kaum eine Miene. Gefeiert wird die junge Frau von ihren polnischen Landsleuten derweil wie ein Rockstar. Nach öffentlichen Auftritten wird sie regelmäßig von geduldig wartenden Fans empfangen. Swiatek nimmt sich dann Zeit für Selfies und Autogramme, während sie von Sicherheitspersonal in schwarzen Anzügen abgeschirmt wird. Die laufen dann auch neben dem Porsche hinterher, mit dem Swiatek ins nahe gelegene Steigenberger Hotel gebracht wird. Auch erfahrene Turnierhelfer bestaunen die Entourage des Stars. Das hat es so beim Tennis in Bad Homburg noch nicht gegeben.
Wie Polen beim Tennis feiern
Fast jeder seiner Landsleute kenne Iga Swiatek (der Name wird übrigens in Landessprache „Schwiontek“ ausgesprochen und bedeutet „Heiligenfigur“). Sie sei schon so populär wie Fußball-Star Robert Lewandowski. Das erzählt ein polnischer Journalist im Medienzentrum des Kaiser-Wilhelms-Bad mit leuchtenden Augen. Fast eine Million Polen leben in Deutschland, sie bilden nach den Türken die zweitgrößte Einwanderergruppe. Er berichtet für eine polnische Zeitschrift, die in mehreren Bundesländern erscheint. Einen Autogrammwunsch hat er auch geäußert.
Polnische Sportfans kennt man seit den Erfolgen von Adam Malysz vom Skispringen als enthusiastisch und lautstark, im Tennis ist das etwas anders und auch viel überschaubarer. Iga-Sprechchöre werden auf dem Centre Court, wenn überhaupt, zart angestimmt, weiß-rote Fahnen auf dem Schoß gezeigt. Quit please, it’s Tennis.
Wenn die Fans Swiatek dann persönlich getroffen, ein paar gemeinsame Sekunden mit ihrem Star erhascht haben, fallen sie sich schon mal weinend vor Freude in die Arme. Ist jeden Tag in Bad Homburg zu beobachten. „Je mehr Spiele ich an einem Ort gewinne, desto mehr Fans kommen. Das ist auf der ganzen Welt so, ich bin sehr dankbar darüber“, sagt Swiatek.
Gestern Abend wäre die Topfavoritin wohl auch ohne Unterstützung von den Rängen turmhoch überlegen gewesen. Vielleicht werde sie noch eine Rasen-Spezialistin, so weit sei sie noch nie gekommen, sagte sie nach dem Match gegen Teichmann. Drei Siege ist Swiatek noch von ihrem ersten „grünen“ WTA-Titel entfernt. THORSTEN REMSPERGER