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Triathlon, Hochtaunus
Leon Kriszeleit: Hawaii ist schon gebongt
- VonThorsten Remspergerschließen
Schon gut ein Jahr im Voraus hat sich Leon Kriszeleit für die Ironman-WM qualifiziert. Dabei erlebte der Age-Grouper aus Oberursel eine Premiere.
Oberursel -Einmal Triathlet, immer Triathlet. Thomas Hellriegel ist jetzt 52 Jahre alt, dass er der Weltklasse der Ausdauer-Dreikämpfer angehörte, ist schon eine Weile her. Aber Hellriegel, 1997 erster deutscher Sieger auf Hawaii, weiß genau, was Triathleten mit genau diesem Rennen verbinden.
Nachdem der Weltverband beschlossen hatte, die Weltmeisterschaft künftig nicht nur in Kona, sondern auch in Nizza stattfinden zu lassen, die WM für Frauen und Männer abwechselnd in den USA und Frankreich durchzuführen (und nicht mehr gemeinsam), zog der Mann einen guten Vergleich: „Du kannst jetzt auch nicht Wimbledon nach Monaco verlegen oder so. Monaco hat bestimmt auch schöne Tennisplätze, aber es ist halt nicht Wimbledon. Das geht einfach nicht“, meinte Hellriegel.
Nun, der Weltmeister wurde am Wochenende trotzdem erstmals in Nizza ermittelt. Der Franzose Sam Laidlow (24) triumphierte vor dem zweimaligen Hawaii-Gewinner Patrick Lange (37). Für den Oberurseler Leon Kriszeleit, einen der besten Amateure in seiner Altersklasse (genannt Age-Grouper), war schon lange klar, dass er seinen Fokus weiterhin auf Hawaii richtet. Dann eben für 2024. Und seine Strategie hat sich voll ausgezahlt: Mit seinem ersten Sieg bei einem Ironman, im polnischen Gdynia an der Ostsee, ist Kriszeleit einer der ersten Altersklassen-Sportler, der das Hawaii-Ticket für das kommende Jahr schon in der Tasche hat.
Gut, das stimmt nicht ganz. Die Startgebühr von mehr als 1000 Dollar, Flugtickets und Unterkunft muss der Triathlet vom Schwimmclub (SC) Oberursel freilich noch bezahlen. Aber das hohe Reisebudget hat der 34-Jährige, von Beruf Abteilungsleiter eines Konsumgüterkonzerns, alles eingeplant, um sich seinen Traum zu erfüllen: bei seinem dritten Hawaii-Start auf das Podium der fünf besten Starter seiner Altersklasse zu kommen.
2022, beim wegen der Corona-Pause womöglich am besten besetzten WM-Rennen aller Zeiten, hatte er dies knapp verfehlt. Er wurde bei den 30-35ern Fünfzehnter. Wäre er etwas jünger oder etwas älter gewesen: Es hätte damals schon für die unter Triathleten legendäre Holzschale als Hawaii-Trophäe gereicht. Die auf internationalem Niveau beachtliche Leistung mit einer Zeit von 8:55,23 Stunden genügte den Lesern der Taunus Zeitung allemal, um Leon Kriszeleit zum Sportler des Jahres im Hochtaunus zu wählen.
Der Oberurseler ist ehrlich: Für die Profis handele es sich mit der Aufteilung der WM auf zwei Standorte um ein durchaus spannendes Format. Wenn der Fokus nur auf einem Rennen liege, sei die mediale Aufmerksamkeit höher, die unterschiedlichen Streckenprofile bedeuteten Jahr für Jahr neue Herausforderungen.
Als Amateur „absoluter Gegner von Nizza“
Doch jetzt komm das Aber: „Als Amateur bin ich ein absoluter Gegner davon. Ein Rennen in Nizza wird in der Szene nicht als gleichwertig angesehen.“ Kriszeleit zähle zum überwiegenden Teil der Age-Grouper, für die es nicht um die Ironman-WM gehen, sondern schlichtweg darum, auf Hawaii zu starten. „Das ist so unique. Kona ist winzig, alles dreht sich um Triathlon, es entsteht ein unfassbarer Vibe“, gerät Kriszeleit ins Schwärmen.
Schon bei der Planung für diese Saison sei er auf das Hawaii-Rennen im Oktober 2024 fixiert gewesen. Am besten schon frühzeitig die Qualifikation erfüllen. Dass der Ironman Polen, einer der wenigen reinen Amateur-Rennen dieser Kategorie und die erste Quali-Möglichkeit für die WM 2024, dann für ihn ein so durchschlagender Erfolg werden würde, darauf darf Kriszeleit sehr stolz sein.
Das Rennen in der Nähe von Danzig hatte sich SCOler auch aus familiären Gründen ausgesucht. Freundin Julia, die ihn bei seinem zeitraubenden Hobby tatkräftig unterstützt, ist Polin, ein Besuch der Familie plante Kriszeleit dementsprechend ebenso ein.
Niemals planbar ist das Wetter - und das hätte schlechter nicht sein können. Wegen einer nationalen Unwetterwarnung in Polen sei das Schwimmen in der Ostsee am frühen Morgen des Renntages ersatzlos gestrichen worden, „die Sicherheit geht vor“, hatte Kriszeleit dafür absolutes Verständnis. Blieben noch 180 Kilometer auf dem Rad und ein anschließender Marathon übrig.
Ironman Gdynia: Erst Regen, dann Nebel
Bei strömenden Regen und einer Windgeschwindigkeit von bis zu 60 km/h sei es auf dem Rad sehr zäh gewesen, erzählt der Oberurseler. Als der Regen endlich aufgehört hatte, setzte auf der Strecke mit 1700 Höhenmetern Nebel ein. Geschätzte Sichtweite: 20 Meter. Bergab habe er sich vor allem darauf konzentriert, nicht zu stürzen, erzählt Kriszeleit.
Weil die Triathleten im Abstand von fünf Sekunden auf die Strecke geschickt worden waren, wusste der Oberurseler nur über seine Freundin am Streckenrand, wie er lag. Die konnte ihm beim Laufen auf dem Rundkurs über die Ironman-App auf ihrem Mobiltelefon Zwischenstände durchgeben. Und die waren erfreulich: Kriszeleits Fünf-Minuten-Rückstand nach dem Radfahren verwandelte sich recht schnell in einen Vorsprung - den er letzten Endes bis auf gut 16 Minuten auf den zweitplatzierten Polen Mateusz Filipiak ausbauen konnte.
Die letzten Sekunden des Rennens wird der TZ-Sportler des Jahres nie vergessen: Schließlich hatte er zwar schon einen Ironman bei den Age-Groupern gewonnen (in Klagenfurt), aber dabei trotzdem einigen Profis den Vortritt lassen müssen. Die waren in Gdynia jetzt bekanntlich nicht am Start. Also konnte er auf der Ziellinie auch den Ironman-Banner hochreißen. „Das war der allergeilste Zieleinlauf, die Zuschauer sind richtig ausflippt“, blickt Kriszeleit zurück, „was für ein besonderer Moment“. Seine Zeit: 7:47,54 Stunden. Für den Marathon benötigte er 2:51 Stunden.
Der klitzekleine Wermutstropfen
Mit ziemlicher Sicherheit hätte der Mann aus dem Taunus auch den Streckenrekord unterboten, wenn das Schwimmen stattgefunden hätte, „sogar konservativ gerechnet“ - aber sei’s drum. Es habe einfach alles gepasst: seine „guten Beine“, die Verpflegung, die Wechsel, die anspruchsvolle Strecke, das Ausbleiben eines technischen Defekts. Allgemein hat der Ironman aus dem Taunus sein Pensum in dieser Saison etwas heruntergefahren. Kleinere Umfänge, effizienteres Training. Das heißt für Otto-Normal-Verbraucher immer noch unglaubliche 15 bis 16 Stunden pro Woche. Neben seinem Full-Time-Job in Düsseldorf.
Leon Kriszeleits nächstes Rennen soll der Frankfurt Marathon sein. Dann würde er die Bestzeit in seiner Lieblingsdisziplin gerne unter 2:37 Stunden drücken. Danach wird sich sein Fokus schon auf die Challenge in Roth und die Ironman-WM richten. „Nach Hawaii werden viel mehr wollen als jetzt nach Nizza“, ist Kriszeleit überzeugt. Die Qualifikationskriterien dürften entsprechend hoch sein. Gut, dass er das Ticket schon sicher hat.