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Mut zur Veränderung zahlt sich für Ralf Rollinger aus

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Hat sich schnell im Profi-Eishockey „eingelebt“: Ralf Rollinger in einem Spiel mit Ravensburger gegen die Kassel Huskies.
Hat sich schnell im Profi-Eishockey „eingelebt“: Ralf Rollinger in einem Spiel mit Ravensburger gegen die Kassel Huskies. © IMAGO/Eibner

Von Mannheim nach Ravensburg - für das Eishockeytalent Ralf Rollinger begann im Sommer die Profilaufbahn. Nach den U 20-Länderspielen gegen Finnland zieht der 19-jährige Mammolshainer ein erstes Zwischenfazit.

Mammolshain -Viele Menschen tun sich schwer mit Veränderungen, und Ralf Rollinger würde lügen, wenn er nicht zumindest mit einer Portion Ungewissheit seinem neuen Leben entgegengeblickt hat. Das vorläufige Fazit des großen Eishockeytalents aus dem Taunus für sein erstes Jahr als Profi könnte nun kaum positiver ausfallen: Der Mut zur Veränderung hat sich für den 19-jährigen Mammolshainer ausgezahlt.

Seit dem 1. August steht der U 20-Nationalspieler bei den Ravensburg Towerstars unter Vertrag und hat beim Titelverteidiger der 2. Deutschen Eishockey Liga (DEL 2) einen Stammplatz erkämpft. Dass er Eishockey zu seinem Beruf machen möchte, das hatte ihm freilich als kleiner Junge schon vorgeschwebt.

Ähnlich wie im Fußball schauen die Scouts in diesem rasanten Sport bereits genau hin, wenn Kinder spielen, vor allem die Späher der Adler Mannheim, die das Talent von den Löwen Frankfurt sehr früh ins anerkannteste deutsche Eishockey-Leistungszentrum in die Kurpfalz lotsten. Da war Ralf noch keine zehn Jahre alt.

Fortan bestimmte Eishockey endgültig auch das Leben seiner Eltern. Die Rollingers entschieden sich zwei Jahre später für einen Zweitwohnsitz in Mannheim, Mutter Alexandra lebte dort gemeinsam mit ihrem Sohn, führte mit Ehemann Ralf senior die meiste Zeit eine Fernbeziehung. Der Filius indes war in seinen Teams mit zwei bis drei Jahre älteren Mitspielern der Beste, mit 14 Jahren wurde er erstmals ins Jugend-Nationalteam berufen.

In der Pandemie-Saison 2021/22 half der 1,77 Meter große und 79 Kilogramm schwere Linksschütze schon bei den Profis aus, unterschrieb seinen ersten Vertrag als Lizenzspieler, kam im Alter von 17 Jahren auf drei Einsätze für Mannheim in der europäischen Champions-Hockey-League und sieben in der DEL.

2022 stand der torgefährliche Lockenkopf nach einer Kanada-Reise mit den Jungadlern sogar auf der europäischen Draft-List für die nordamerikanische Profi-Liga NHL. Klar, dass die Manager von DEL-Clubs bei den Rollingers vorstellig wurden, auch der Frankfurter Manager Franz-David Fritzmeier unternahm mehrere Versuche. Doch der Weg nach Ravensburg stand für den Youngster frühzeitig fest. Nach dem Motto: lieber viel Eiszeit in der 2. Liga als Bankdrücker in der DEL.

„Ich bin total froh über den Saisonverlauf“, sagt Rollinger jetzt, da er gerade von Vorbereitungsspielen mit der U 20-Nationalmannschaft zurückgekehrt ist und sich seit Dienstag schon wieder mit den auf Platz vier rangierenden Towerstars auf die nächste Ligapartie am Freitag bei den Selber Wölfen (13.) vorbereitet.

Gegen Finnland voll im Flow

Mit der deutschen Auswahl habe man in Testspielen gegen Finnland auch ohne acht Stammkräfte einen enormen Fortschritt gemacht, sei gegen einen solch starken Gegner nah dran gewesen - 4:5, 6:7, 2:3; in den Matches zwei in Füssen und drei in Peiting musste jeweils die Verlängerung entscheiden. „Ich war voll im Flow und konnte meine neu gewonnene Erfahrung aus dem Männer-Eishockey einbringen“, erzählt Rollinger.

Bei Ravensburgs Coach Gergely Majaross habe er gleich großes Vertrauen gespürt. Dieser beorderte ihn in der Vorbereitung in die erste Sturmreihe zu Sam Herr (31/USA) und Charlie Sarauld (31/Kanada) - die beiden Führungsspieler liefen früher in der NHL auf. Sehr dankbar sei er über deren Tipps. Auch dadurch habe er sich enorm verbessert, stelle sich der „Challenge“ gegen körperlich vermeintlich überlegene Gegenspieler, trete viel selbstbewusster auf, habe keine Angst mehr, Fehler zu machen.

Ralf Rollinger führt nun als Center die dritte Sturmreihe der Ravensburger an, bekam in 17 Spielen Eiszeiten von je zwölf bis 14 Minuten, ihm gelangen zwei Tore und eine Vorlage. „Einfach überragend“, findet er das.

Pro Halsschutz: „Gesundheit ist immer das Wichtigste“

Eine Veränderung für den Youngster ist es auch, bei den Männern mit einem Helm zu spielen, der nur über ein Halbvisier aus Plexiglas verfügt. In der Jugend war sein Gesicht noch durch ein Gitter geschützt. Sein Zahnschutz sei bereits einmal durchgebrochen, die Lippe habe auch schon etwas abbekommen, aber das gehöre dazu, „ich bin ein harter Hund“, sagt er lächelnd.

Dass in der DEL eine Halsschutzpflicht ab Januar eingeführt wird, begrüßt der junge Mann absolut. Der tragische Unglücksfall des ehemaligen Augsburgers Adam Johnson, der bei einem Spiel für sein englisches Team Nottingham von einem Schlittschuh am Hals lebensgefährlich verletzt worden war, sei ein sehr seltener Einzelfall, „uns Spieler hat die Nachricht aber psychisch fertiggemacht“. Eishockey sei und bleibe ein körperbetonter Sport, sagt Rollinger, Angst haben dürfe man im Spiel nicht. Der Schutz der Gesundheit sei aber immer das Wichtigste.

Die Belastung für die Profis ist alleine durch die hohe Anzahl an Spielen sehr hoch. Umso mehr hat Ralf Rollinger am Montag einen freien Tag bei seinen Eltern genossen, daheim in Mammolshain. Danach ging’s wieder zurück nach Ravensburg, wo der Jugend-Nationalspieler sich auch privat wohl fühlt. In der WG mit Mitspieler Lukas Bender, den er aus seiner Mannheimer Zeit schon lange kenne, habe er sich prima eingelebt.

Bis 2025 läuft sein Vertrag bei den Towerstars, Meister wolle er gleich in seiner ersten Saison werden, habe er den Fans bereits bei seiner Vorstellung im einigermaßen Eishockey-verrückten Ravensburg gesagt. „Da habe ich nicht lange gefackelt, so selbstbewusst bin ich. Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können.“

Weihnachten in Göteborg

Noch in diesem Jahr, während der laufenden Saison, steht für Rollinger der nächste Höhepunkt in seiner Karriere an: die U 20-Weltmeisterschaft in Göteborg. Bei solch einem Turnier schaue die Eishockey-Welt zu - „ein Türöffner“, weiß er. Dort werde er die Ärmel hochkrempeln und alles geben. Verändert hat sich der Status seines Nationalteams: Nicht nur die Männer, zuletzt in Riga Vize-Weltmeister, mischten unter den Besten mit, auch der deutsche Nachwuchs habe viel Talent, „unheimlich viel hängt mit Fleiß und Einstellung zusammen“, meint Rollinger.

Dafür verzichtet das Talent erstmals auch auf Weihnachten im Kreis der Familie. An Heiligabend wird das Team schon in Schweden sein. Los geht’s für die deutsche Auswahl nämlich am 27. Dezember (14.30 Uhr) gegen Finnland, das letzte Vorrundenspiel gegen Kanada absolviert das Team am Silvesterabend ab 19.30 Uhr gegen Topfavorit Kanada. Ein würdiger Abschluss für ein Jahr voller Veränderungen im Leben des Ralf Rollinger.

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