Nach dem Abstieg: Sentinels-Präsident Schwarz wählt deutliche Worte

Das letzte Heimspiel in der GFL 2 gegen Stuttgart steht zwar noch aus, der erste Abstieg in der Vereinsgeschichte der Bad Homburg Sentinels ist aber schon besiegelt. Club-Präsident Maximilian Schwarz benennt die Gründe des Misserfolgs einschließlich einiger Nebengeräusche, sieht im Gang zurück in die Regionalliga aber auch Chancen.
Bad Homburg -Dieses Déjà-vu hätte sich Maximilian Schwarz gerne erspart. Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren hatte der heutige Präsident der Bad Homburg Sentinels als Footballspieler seine bitterste Stunde erlebt. Im Junior Bowl, dem Finale um die deutsche Jugendmeisterschaft, stand der Ober-Eschbacher für die Cologne Crocodiles auf dem Düsseldorfer Rasen und wähnte sich gegen die Saarland Hurricanes schon als Champion. Doch die Schiedsrichter ließen den letzten Spielzug der Saarbrücker wiederholen, die ihre Two-Point-Conversion mit einem Pass in die Endzone zum 26:25 abschlossen.
Im vorletzten Saisonspiel der Zweitliga-Saison bei seinem früheren Verein Frankfurt Universe streifte sich der die Offensive-Reihe der „Wächter“ coachende Schwarz nun nochmals das Trikot über. So groß war die Personalnot des wankenden Teams von Headcoach Andreas Hock. „Alles, was wir noch hatten, haben wir in die Waagschale geworfen“, blickt der 28-Jährige auf das Derby im sehr gut besuchten Stadion am Brentanobad zurück.
Auch Stefan Hickl hatte er zum Comeback überreden können. Unter anderem durch einen Touchdown des Ex-Fußball-Profis führten die Gäste bis sechs Sekunden vor dem Ende auch mit 14:7, ehe ein Touchdown und das folgende „Zwei-Punkte-Spiel“ den Spieß für die Frankfurter umdrehte, die einen Ballverlust der Bad Homburger in letzter Sekunde dann sogar noch für einen weiteren Touchdown nutzten.
21:14 - nicht der Erstliga-Absteiger musste noch eine Spielklasse tiefer. Die Sentinels können wie auch die Stuttgart Scorpions, gegen die es im letzten Heimspiel am 10. September (15 Uhr) geht, die beiden Abstiegsplätze nicht mehr verlassen.
„Das war schon heftig - wie in einem Film ohne Happy End“, sagt Schwarz. Die Enttäuschung bei den Spielern sei riesig gewesen, viel „Aufbauarbeit“ habe geleistet werden müssen. „Irgendwo gehört das aber zum Sport dazu, wir waren in den vergangenen Jahren eben sehr erfolgsverwöhnt.“ Vieles sei in dieser Saison zusammengekommen, über das man ein ganzes Buch schreiben könnte. Ein Versuch, es in Kapitel einzuteilen:
Spielerabgänge Mehrere Leistungsträger wie Fabrice Irandoosti (Defensive Back) und Eritros Haggi (Wide Receiver, beide zu Erstligist Marburg Mercenaries) hätten laut Schwarz die Sentinels kurz vor der Wechselfrist verlassen, so dass der Verein nicht mehr darauf reagieren konnte.
Verletzungspech Mit gleich drei US-Importen wollten sich die Sentinels dieses Jahr eigentlich in der Tabelle nach oben orientieren. Nach drei Spielen stand keiner von ihnen mehr zur Verfügung: Aaron Seward brach sich zum Auftakt in Kirchdorf (20:48) das Wadenbein, Abwehrspezialist Bobby Fulp fiel wegen einer Verletzung in Spiel zwei (19:6 in Stuttgart) wochenlang aus. Ob Quarterback Jakob Parks nach der schweren Schulterverletzung im Wurfarm, die er sich dann im dritten Spiel gegen Regensburg (16:14) zuzog, überhaupt noch mal auf hohem Niveau Football spielt, scheint fraglich.
Fehlende Abstimmung Shazzon Mumphrey war bei den Prague Lions entlassen worden und bot sich den Sentinels an. Der neue Quarterback kam nach nur einer Trainingseinheit schon in der nächsten Partie zum Einsatz. Dem 14:41 in Pforzheim folgten bis dato vier weitere Niederlagen, bei denen die fehlende Abstimmung mit den neuen Mitspielern immer wieder ins Auge fiel. „Ihn trifft aber keine Schuld“, meint Schwarz.
Eskalation Beim 0:21 gegen die Gießen Golden Dragons kam es zu einer Rudelbildung, bei denen ein Gießener Trainer durch einen Sentinels-Spieler so schwer verletzt wurde, dass er eine Nacht in der Klinik verbringen musste.
Covid 19 und seine Folgen Auf die Ausführung eines Ehrenamtes legten immer weniger Menschen wert, die Pandemie habe die Entwicklung verschärft, ist Schwarz überzeugt. Sehr viel habe in dieser Saison improvisiert werden müssen. Die Helfer müssten immer mehr schultern, was Einzelne kaputt mache.
Auch die Zuschauer entschieden sich bei der großen Auswahl an Freizeitaktivitäten nach der Pandemie vermehrt für andere Dinge, als ein Football-Spiel live im Stadion zu verfolgen. Manche besuchten auch nur noch die Frankfurt Galaxy, um Spiele der European League of Football (ELF) zu sehen. „Das Interesse hat grundsätzlich abgenommen“, sagt Schwarz. Nur mit der Kulisse von 750 Fans im Auftaktheimspiel gegen Regensburg könne man zufrieden sein.
Angespanntes Verhältnis Schwarz wünscht sich mehr Unterstützung und eine bessere Kommunikation seitens der Stadt Bad Homburg. „Das müssen wir unbedingt angehen, es würde uns schon helfen, wenn wir weniger Steine in den Weg gelegt bekämen.“ Zur Platzproblematik käme ein „Attraktivitätsproblem“. Mit so vielen Spielern auf der Dauerbaustelle des Ober-Eschbacher Sportgeländes zu trainieren, ohne fließend Wasser und Strom, sei eine Belastung, nennt der Club-Präsident ein Beispiel.
Die positiven Aspekte für die Zukunft
Der Mitbegründer des Vereins ist dafür bekannt, positiv nach vorne zu schauen. „Wir sind so schnell gewachsen, kamen im Verein zum Teil mit der Struktur nicht hinterher“, sagt Schwarz. Wenn jetzt die richtigen Schlüsse gezogen würden und der Gang in die Regionalliga auch als Chance gesehen werde, käme der Club aber umso stärker wieder zurück, so seine Überzeugung. Er gewinnt der Situation gleich mehrere positive Aspekte ab:
Neue Spielklasse In der Regionalliga bewegten sich die Sentinels auf „entspannterem Niveau“. Vor allem spare man wegen der kürzeren Fahrtwege (nur noch zu Gegnern aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland) Geld. „So können wir mehr in unsere gute Jugendarbeit investieren.“
Jugendarbeit Aus der eigenen Jugend, die inzwischen mit vier Teams in der U19, U16, U13 und U10 am Start ist, gaben Finn Kohlenbach, Lukas Becker und Kenan Mandausch in der laufenden Runde schon ihr GFL-2-Debüt. Weitere Talente rücken nach.
Standortvorteil „Der Kern der Mannschaft möchte für die Sentinels spielen - egal in welcher Klasse. Solche Spieler brauchen wir vermehrt“, sagt Schwarz. Auch Veränderungen im Trainerstab sieht er als Chance an.
Sponsoring Mit den Gönnern seien längerfristige Verträge vereinbart, die nicht an eine Ligazugehörigkeit gebunden seien. Schwarz: „Wir bauen auf das Vertrauen unserer Sponsoren, dass wir den Wiederaufstieg schaffen.“
