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Nickel kann es packen

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Von: Thorsten Remsperger

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16.02.2019, Nicholas Engels (U15 FSV Mainz 05) aus Oberursel mit seinen Eltern Oliver Engels und Christine Kuschnick
16.02.2019, Nicholas Engels (U15 FSV Mainz 05) aus Oberursel mit seinen Eltern Oliver Engels und Christine Kuschnick © Heiko Rhode

Was der Bommersheimer Nicholas Engels mit seinen Eltern auf dem angestrebten Weg zum Fußball-Profi erlebt.

Als der fremde Mann am Telefon sich nach ihrem Sohn erkundigt, bekam Christine Engels erst einmal einen kleinen Schreck. Der Vater eines Mitschülers? Ein Lehrer der Feldbergschule? Hatte Nicholas etwas angestellt? Im positiven Sinne: ja. Nicholas Engels, den seine Kumpels und selbst seine Eltern meistens Nickel nennen, spielt verdammt gut Fußball. Und der fremde Mann rief an, weil er als Talent-Scout von Mainz 05 den damals 13-Jährigen ins Jugendleistungszentrum am Bruchweg einladen wollte.

Das war vor knapp zwei Jahren, und dass Nickel verdammt gut Fußball spielt, wissen inzwischen noch ein paar Leute mehr. Beispielsweise Michael Prus, der gerade dabei ist, das U15-Nationalteam zusammenzustellen. Für den aktuellen DFB-Lehrgang im Uwe-Seeler-Fußball-Park in Malente, der gestern begann und am Mittwoch endet, hat er den gerade 15 Jahre alt gewordenen Bommersheimer eingeladen.

Wer sich mit Nicholas Engels in Ruhe unterhalten möchte, braucht ein wenig Geduld. Denn vor 21 Uhr ist er wegen seines Schulunterrichts und der anschließenden Trainingseinheiten in Mainz nicht zu Hause. Man erlebt ihn dann als zurückhaltenden Teenager, der eine solche Interviewsituation natürlich noch nicht allzu oft erlebt hat. Höflich, verschmitzt lächelnd und bescheiden.

An seiner Seite Vater Oliver und Mutter Christine, die darauf bedacht sind, mit ihren Aussagen das Talent ihres Sohnes zu würdigen, ihn aber auch nicht größer zu machen, als er ist. Stolz und Freundlichkeit schwingen mit in diesem Gespräch, aber auch Demut.

Papa und Mama Engels haben ihren Sohn in seiner schon recht ereignisreichen Karriere bisher stets begleitet und sicher auch den Weg gewiesen. Sie sind sich dessen voll bewusst, dass der Traum vom Fußball-Profi, den ihr Sohn auch selbstbewusst ausspricht, nicht so einfach zu realisieren ist. Laut einer ARD-Recherche schafften es aus den U19-Mannschaften der aktuellen Bundesligisten seit dem Jahr 2010 gerade einmal 3,5 Prozent zum Erstliga-Profi.

Das Ehepaar Engels weiß aber auch, dass die Chancen für Nickel schlechter stehen könnten. Denn außer Talent, Fleiß und die körperlichen Voraussetzungen hatte ihr Sohn bisher auch die richtigen Förderer. Und nur wenn ein paar Menschen am Ende ihren Daumen heben, anstatt ihn zu senken, kann es auch etwas werden mit der Laufbahn eines jungen Fußballers in den Stadien und Arenen dieser Republik.

Einige Förderer

Schon mit vier Jahren, daran erinnern sich seine Eltern noch genau, habe ihr Sohn den Wunsch geäußert, Fußball zu spielen. „Im Verein“, wie der Knirps damals betonte. Los ging’s beim SV Bommersheim, dem Club vor Ort, und mangels Masse schon bald beim SC Eintracht Oberursel weiter, unter Trainer Tobias Müller. Der legte Nickel keine Steine in den Weg, als dieser für seine Mannschaft schlichtweg zu gut wurde.

Er wechselte in die D1-Jugend des 1. FC-TSG Königstein, der als die erste Adresse im Hochtaunus in Sachen Jugendarbeit gilt. Mit dem dortigen Trainer Wolfgang Schmitt steht die Familie Engels immer noch in Kontakt. Auch auf Herbert Schmidt, dem darauffolgenden Coach ihres Sohnes beim FSV Frankfurt, halten die Engels große Stücke. Schon im E-Jugend-Alter, als Nicholas bereits im Oberurseler D-Jugend-Team zu Gruppenliga-Einsätzen kam, hatte der FSV ihn an den Bornheimer Hang zu einem Probetraining eingeladen.

Eintracht vs. Mainz 05

Nach einem weiteren Jahr guter Förderung klopfte prompt Eintracht Frankfurt an, der Lieblingsverein von Vater Oliver. Doch wenn’s um Jugendarbeit geht, haben die Riederwälder ihren guten Ruf anscheinend etwas eingebüßt. Eine U23-Mannschaft gebe es ja nicht mehr und im Bundesliga-Team kämen keine eigenen Jugendspieler zum Einsatz, zählt Vater Engels zwei der Gründe auf, die gegen einen Wechsel zur Eintracht sprachen.

Der FSV Mainz 05 lockte den Sohnemann dann, als er eigentlich in Bornheim eine zweite Saison dranhängen wollte. Von den Voraussetzungen der Rheinhessen mit den drei Trainingsplätzen des Leistungszentrums am Bruchweg (zwei weitere sind geplant) berichtet Oliver Engels nur Gutes. Familiär geführt werde der Verein, etabliert sei er in der Bundesliga, regelmäßig würden sowohl Talente als auch Jugendtrainer zu den Profis befördert.

Als Nicholas Engels schließlich im Sommer 2017 erstmals in der Saisonvorbereitung auf dem Trainingsplatz auftauchte, wunderten sich seine Mitspieler. Der Neue hatte gar nicht vorgespielt, wie sonst die potenziellen Zugänge. Brauchte der Bommersheimer nicht, sein Talent war offensichtlich bestens bekannt. Als Innenverteidiger hat er seine Stärken im Zweikampf, agiert bei Ballbesitz ruhig und mit Übersicht. Auch auf den Positionen sechs und acht im Mittelfeld wusste Nickel mittlerweile in der U15 der 05er zu überzeugen, die in der Regionalliga Südwest die Tabelle vor dem 1. FC Kaiserslautern anführt.

Christine und Oliver Engels sind bei den Spielen ihres Sohnes gerne dabei. „Man kommt viel herum und sieht dabei etwas von Deutschland“, erzählen sie lächelnd. Sie sehen das Hobby ihres Sohnes nicht als zeitliche Belastung für Nickel und auch nicht für sich an. Nach dem Wechsel im Sommer vom Gymnasium Oberursel in die Feldbergschule hat die Familie eine flexible Lehranstalt gefunden, deren Stundenplan grundsätzlich auch gut zum Fußballtraining passt.

Shuttle-Bus zum Training

Vieles nimmt den Engels zudem der Verein ab. So wird ihr Sohn an jedem Wochentag außer dem trainingsfreien Mittwoch an der Tankstelle in Kalbach abgeholt und nach den Einheiten auf dem Fußballplatz (oder im Kraftraum oder bei der Videoanalyse im Medienraum) wieder zurückgefahren. In einem Kleinbus mit weiteren Jugendspielern der Altersklassen U12 bis U17, die von den Mainzern täglich im Rhein-Main-Gebiet eingesammelt werden. Nicht wenige Talente seien darunter, erzählt Oliver Engels, die in Frankfurt lebten.

Die Eltern selbst waren früher keine großen Sportkanonen, wie sie unumwunden zugeben. Ganz im Gegensatz zu ihren Kindern: Tochter Emelie (17) besucht als Leistungsschwimmerin ein Internat in Plymouth (in England lebte die Familie Engels schon einmal für ein paar Jahre). Sie nahm bereits an deutschen Meisterschaften teil.

Und Sohn Nicholas ist auf dem besten Weg, im Mai sein erstes Fußball-Länderspiel zu absolvieren. Der Gegner wäre die Niederlande. Bei den bisherigen DFB-Lehrgängen wurden von 90 Talenten 60 wieder eingeladen, und dann von 60 Talenten nur noch 30. Aus diesem kleinen Kreis wird der endgültige U15-Kader nominiert. Gut möglich, dass Nickel dabei ist – und überdies bei Mainz 05 im Sommer seinen ersten Vertrag unterschreibt.

Die Karriere als Fußball-Profi ist ja auch der sehnlichste Wunsch des 15-jährigen Nicholas Engels. „Aber“, das schiebt er nach einem kurzen Blick zu Papa Oliver verschmitzt lächelnd hinterher, „die Schule geht erstmal vor.“ 

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