Oliver Klemet plötzlich Weltmeister: "Irgendwie cool"

Eine Goldmedaille, die einem erfüllten Traum gleicht: Der Wehrheimer Oliver Klemet lässt die für ihn so erfolgreich verlaufene Freiwasser-WM in Budapest Revue passieren.
Wehrheim/Budapest -Wie man sich als frischgebackener Weltmeister fühlt? "Ganz okay", sagt Oliver Klemet ganz bescheiden, aber "irgendwie cool" sei es schon. Am Sonntag ist der 20-jährige Wehrheimer mit seinen DSV-Kollegen Lea Boy, Leonie Beck (beide SV Würzburg) und Florian Wellbrock (SC Magdeburg) in der Freiwasser-Teamstaffel in Budapest zu WM-Gold gekrault.
Jetzt ist Klemet, der für die SG Frankfurt schwimmt, wieder zu Hause und erzählt von seinem ersten Einsatz bei einer WM in der Erwachsenenklasse. Hinter dem großen Schwimmtalent aus dem Taunus liegen aufregende Tage - und das nicht nur wegen des an Spannung kaum zu überbietenden Staffelrennens.
Wenige Tage davor standen nämlich die mündlichen Abiturprüfungen an der Carl-von-Weinberg-Schule an, der Frankfurter "Eliteschule des Sports" - und auch die Anreise zum WM-Ort Budapest war ein Abenteuer für sich. Eigentlich sollte der Hinflug am Donnerstagabend, zweieinhalb Tage vor dem WM-Einsatz, stattfinden. Der Flug wurde aber gecancelt und auf den nächsten Abend verschoben - das Gepäck jedoch nicht wieder ausgegeben.
"Ich habe dann zu Hause einen Notkoffer gepackt", lacht Klemet. Den Rennanzug und weiteres Wettkampf-Equipment hat er ohnehin vorsichtshalber immer im Handgepäck dabei. Allerdings lief auch im zweiten Versuch nicht alles glatt. Der Flieger hatte mehrere Stunden Verspätung, so dass er erst am frühen Samstagmorgen im Teamhotel in der ungarischen Hauptstadt eintraf.
Zum Glück ist die Wettkampfstätte am und im Lupa-See, einem Freizeit- und Erholungsareal am Budapester Stadtrand, kein Neuland für den Schwimmer der SG Frankfurt. Schon im vergangenen Jahr wurde hier die Europameisterschaft ausgetragen. Die damals empfindlich kalten Wassertemperaturen waren heuer kein Thema. Im Gegenteil: "Es war sehr, sehr heiß mit Temperaturen weit über 30 Grad. Das Wasser hatte angenehme 28 Grad."
"Eigentlich hat es mich nicht gestört"
Für die Organisation vor Ort findet der WM-Novize nur lobende Worte. Alles sei sehr gut geplant worden, zahlreiche Helfer, gute Ausschilderungen und Vorabinformationen hätten sehr geholfen. Umso unverständlicher findet er es daher, dass sich gleich mehrere Staffeln auf der Strecke verirrten und disqualifiziert wurden. "Es war so offensichtlich, wo es langgeht, und es war auch dieselbe Strecke wie im letzten Jahr bei der EM. Ich habe gesehen, dass viele falsch schwimmen, aber mich hat das eigentlich nicht gestört."
Als Sechster hatte Oliver Klemet von Startschwimmerin Lea Boy übernommen. Da jedoch vier Staffeln unmittelbar vor ihm aus dem Rennen genommen wurden, war plötzlich nur noch eine Konkurrentin in Sichtweite. "Die habe ich rasch überholt. Dann konnte ich mich eigentlich auf mein Rennen konzentrieren."
Die eher außergewöhnliche Taktik des DSV, im Wechsel eine Schwimmerin und einen Schwimmer ins Wasser zu schicken (die meisten Nationen starten mit beiden Frauen, gefolgt von den beiden Männern), ging voll auf: Klemet schwamm wie erhofft einen Vorsprung heraus, den Teamkollegin Leonie Beck gegen vorrangig männliche Konkurrenz fast über die Runde gebracht hätte. Mit nur knappem Rückstand sprang Schlussschwimmer Florian Wellbrock ins Wasser - und konnte rasch zu den Dauerrivalen Italien und Ungarn aufschließen, denen im Dezember das DSV-Quartett beim Weltcup in Abu Dhabi noch knapp unterlegen war.
"Wir drei haben am Ziel mitgefiebert und inmitten der anderen Teams kräftig angefeuert", erzählt Klemet. "Als dann 30, 40 Meter vorm Ziel klar war, dass ,Flo' das nach Hause schwimmt, sind wir uns einfach nur in die Armen gefallen" - plötzlich Weltmeister.
Die Goldmedaille, mit der das DSV-Quartett direkt am Lupa-See ausgezeichnet wurde, findet er "sehr schön". Wo sie ihren Platz in der neuen Wohnung in Magdeburg findet, weiß Klemet noch nicht. Seit kurzem lebt er in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt und trainiert in der starken Trainingsgruppe von Bundestrainer Bernd Berkhahn mit Florian Wellbrock, Lukas Märtens und Rob Muffels. "Dort habe ich schon im vergangenen Jahr ab und an mittrainiert. Die sind alle supernett. In Magdeburg habe ich mich gut eingelebt", sagt Klemet.
In seiner neuen Wohnung bleiben ihm nur wenige Tage zum Durchschnaufen: Unmittelbar nach der anstehenden offiziellen Verabschiedung an der Carl-von-Weinberg-Schule in der hessischen Heimat geht es zum Weltcup nach Paris. Dort will er sich über die 10 Kilometer für die Freiwasser-EM (11. bis 21. August in Rom) qualifizieren. Die "Tickets" über 5 Kilometer sowie 800 Meter und 1500 Meter im Becken hat er bereits in der Tasche.
Von Paris fliegt der DSV-Tross zu einem elftägigen Trainingslager auf Mallorca. Klemet hofft, dass bis zum Abflug nach Paris die verschollenen Koffer wieder auftauchen - auf dem Rückflug von Budapest ging auch noch der Notkoffer verloren.