Durch die erste Niederlage bei der SG Heringen/Mensfelden (0:2) geriet die Elf von Spielertrainer Marvin Rademacher zunächst ein Stück weit ins Hintertreffen, sammelte sich aber wieder und war nach dem elften Spieltag bei zehn Siegen und einer Niederlage wieder punktgleich mit dem Spitzenduo. Was dann aber folgte, war eine leichte Herbstdepression. Durch ein 1:4 nach schwacher Vorstellung bei der FSG Dauborn/Neesbach und einer 2:2-Punkteteilung gegen die TuS Lindenholzhausen betrug der Rückstand (bei einem weniger ausgetragenen Spiel) satte acht Zähler. Nur durch einen Last-Minute-Sieg bei der SG Selters 2 (3:2) ging es mit fünf Punkten Rückstand in die Winterpause.
Marvin Rademacher weiß im Nachhinein um die Probleme der Hinserie: „Wir wussten, dass wir für alle der Favorit sind. Aber Fußball wird nun mal auf dem Platz entschieden, und da haben wir gemerkt, dass gewisse Automatismen und andere Punkte wie Einstellung und Mentalität nicht so waren, wie wir uns das vorgestellt hatten. In der Winterpause haben wir uns als Mannschaft aber noch einmal eingeschworen und wollten alles aus uns herausholen, um vielleicht doch noch unser großes Ziel zu erreichen. Die Meisterschaft war trotz schlechter Ausgangslage weiterhin möglich.“
Alles schien auf einen Hünfelder Zweikampf hinauszulaufen – die SG Nord hatte eigentlich niemand mehr so recht auf dem Zettel, zumal das Spitzenduo in 18 Spielen weniger Punkte abgegeben als die SG Nord Rückstand hatte.
Doch im Nachhinein könnte genau darin der Schlüssel zum Erfolg gelegen haben, denn fortan hatte die SG Nord keinen Druck mehr. Wie stark das Fußballjahr 2022 für die Spielgemeinschaft aus Dorchheim, Langendernbach und Elbgrund verlaufen würde, hatten wohl selbst die Beteiligten nicht erwartet. Zwar wurden am zweiten Rückrundenspieltag beim 2:2 gegen die SG Selters 2 die Punkte noch mal geteilt, doch weil auch die Konkurrenz nicht ganz fehlerfrei war, blieb es bei fünf Punkten Rückstand. Weiterer großer Vorteil: Beide Mitfavoriten mussten noch bei der SG Nord ran. Nach einem 4:1 im ersten Spitzenspiel gegen Dauborn/Neesbach schien alles in die richtige Richtung zu laufen, doch wieder folgte ein Unentschieden (3:3 gegen Weilmünster/Laubuseschbach).
Direkte Duelle geben den Ausschlag
Im Endeffekt waren es die direkten Duelle, die das Pendel zugunsten der SG Nord ausschlagen lassen sollte. Heringen/Mensfelden hatte Dauborn/Neesbach besiegt, und plötzlich war es nur noch ein mickriger Punkt, der aufzuholen war. Der Wendepunkt dieses spannenden Aufstiegskampfes war der 31. Spieltag: Die SG Nord gewann auch das zweite Topspiel deutlich (4:1 gegen Heringen/Mensfelden) und Dauborn/Neesbach verlor sein Heimspiel gegen Wirbelau/Schupbach/Heckholzhausen (1:3) – und dann war es so weit: Drei Runden vor Saisonende grüßten die Westerwälder erstmals vom Platz an der Sonne. „Da war uns klar, dass wir uns das nicht mehr nehmen lassen würden“, sagt Marvin Rademacher.
Damit sollte er Recht behalten, denn die letzten drei Partien wurden alle deutlich – und ohne Gegentor – gewonnen. Die Meisterschaft war unter Dach und Fach. Angesichts von zwölf „Dreiern“ und zwei Remis präsentierte sich die SG Nord zur rechten Zeit fokussiert und profitierte zudem von den kleinen Patzern der Konkurrenten.
„Ich kann nur meinen Hut vor den Jungs ziehen, was sie in 2022 geleistet haben. Jetzt dürfen wir unsere Qualitäten eine Liga höher unter Beweis stellen. Die überragende Rückrunde mit den beiden klaren Erfolgen in den Spitzenspielen hat gezeigt, wie gut wir im Kollektiv sein können, denn auch nach Rückschlägen haben wir unser Ziel nie aus den Augen verloren“, zeigt sich Rademacher stolz, denkt aber auch an die im Titelkampf unterlegenen Konkurrenten: „Ich denke, dass es jeder der drei Vereine verdient gehabt hätte, was die Tabelle ja auch widerspiegelt.“
Optimistisch zeigt sich der ehemalige Oberligaspieler, der zusammen mit Tobias Schuth und Jonas Herdering eine wertvolle Achse bildet, im Hinblick auf die Kreisoberliga: „Natürlich wollen wir den Klassenerhalt schaffen. Viele Spieler werden sich an Niveau und Tempo gewöhnen müssen, ich bin mir aber sicher, dass wir das schnell hinbekommen werden. Möglicherweise werden wir dann die eine oder andere Mannschaft ärgern können.“
Die Nord-Saison in Fakten
Beste Offensive (125 Tore)
Zweitbeste Defensive (31 Gegentore)
Wenigste Niederlagen (2)
Keine Rote Karte – aber 8 Zeitstrafen
Einziges Team ohne Heimniederlage
Beste Torschützen: Andrei Moise (30 Tore), Jonas Herdering (23 Tore), Tobias Schuth (18 Tore)