Struff: „Interessanter Ansatz, um Tennis attraktiver zu machen“

Jan-Lennard Struff schlägt an diesem Wochenende in der Frankfurter Ballsporthalle bei einem Turnier auf, das einer kleinen Revolution im Tennis gleich kommt.
Frankfurt -Die Tennis-Revolution braucht einen Friseur. Als Gael Monfils, Diego Schwartzmann und Christopher Eubanks vor der Presse, Sponsoren und ausgewählten Fans auf weißen Barhockern am Court der Ballsporthalle Platz genommen hatten, sollten sie den Ultimate Tennis Showdown (UTS) promoten. Sie gehören schließlich zu den acht Profis, die in Frankfurt vom heutigen Freitag, 16 Uhr, an bis Sonntag beim neuen Turnierformat von Startrainer Patrick Mouratoglou um den Titel spielen. Ihre Aufmerksamkeit galt aber der Mähne des Kollegen Andrey Rublev.
Die Nummer sechs der Weltrangliste gab offen zu, seit den French Open Ende Mai nicht mehr beim Friseur gewesen zu sein. Beim Jetten um die Welt, von Turnier zu Turnier, wie es Tennis-Profis fast das ganze Jahr über tun, habe das sein Terminkalender einfach nicht hergegeben, sagte Rublev mit einem verschmitzten Lächeln.
Williams-Trainer ist der Gründer von UTS
Womit wir beim Hauptproblem von Organisator Mouratoglou, dem langjährigen Coach von Serena Williams, wären. Von seiner in Corona-Zeiten geborenen Idee eines Tennisspiels auf Zeit, mit vier Vierteln à acht Minuten, ist er felsenfest überzeugt. Die Jugend und Junggebliebene möchte der 53-jährige Franzose damit für den Sport gewinnen. Einige Stars der Szene, auch angelockt von „attraktivem Preisgeld, aber keinem Antrittsgeld“ (Mouratoglou) folgen ihm schon begeistert - nur: Für den UTS wollen erst einmal Termine gefunden werden, die nicht mit dem ATP-Kalender kollidieren. Denn konkurrieren möchte er mit dem Weltverband ausdrücklich nicht.
Nach der Premiere in Los Angeles wählte sein Unternehmen das für den Davis Cup geblockte kommende Wochenende, um das Format erstmals nach Europa zu bringen. Mouratoglou, der bei der Einladung der Spieler strickt auf deren Identifikationsfaktor, Charisma und Spielstärke achtet, war fast schon davon ausgegangen, auf einen Lokalmatador als Zugpferd verzichten zu müssen. Der Genesungsprozess von Jan-Lennard Struff spielte ihm aber in die Karten. Der 33-jährige Sauerländer war durch starke Leistungen in der ersten Jahreshälfte bis auf Position 21 geklettert, zwischenzeitlich sogar bester deutscher Spieler des Rankings, ehe ihn im Juni eine Hüftverletzung bremste. Wegen dieser hatte Struff Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann schon früh für das Spiel der Abstiegsrunde in Mostar abgesagt.
Warum Struff beim UTS spielt, aber nicht im Davis Cup
Eine Woche später sei dann Mouratoglou wegen des verletzungsbedingten Ausfalls von Nick Kyrgios auf ihn zugekommen, erläuterte Struff gestern gegenüber dieser Zeitung. „Da musste ich nicht lange überlegen. Ich finde das neue Format einen interessanten Ansatz, um Tennis attraktiver zu machen.“ Er habe sich gefreut, eine Chance zu bekommen.
Struff war bei seinen Ausführungen bemüht, dass dies nicht falsch interpretiert wird. „Ich habe in den letzten Jahren immer für Deutschland gespielt und hätte auch diesmal gerne mein Leben auf dem Platz gelassen“, fügte er an. Das Risiko nach dreimonatiger Verletzungspause sei ihm angesichts der manchmal über mehrere Stunden dauernden Matches im Davis Cup aber einfach zu groß. In Frankfurt könne er die 45-minütigen Spiele ideal zum Formtest nutzen. Er sei Teil eines interessanten Projekts, und durch seine Teilnahme gewinne er zudem viel Aufmerksamkeit junger Menschen in den Sozialen Medien - „besser geht’s nicht“.
US-Open-Finalist Medwedew sagt ab
Heute wird „The Thunder“, so Struffs Künstlername während des Turniers, erstmals um 19.30 Uhr donnernd das Racket schwingen. Auf der anderen Seite hätte der „Chessmaster“ (Der Schachmeister) stehen sollen. Doch Daniil Medwedew, Nummer drei der Welt, sagte nach dem verlorenen US-Open-Finale kurzfristig ab. Für ihn spielt Grigor Dimitrov. Aus den aktuellen Top Ten bleiben Rublev und der neuntplatzierte Casper Ruud übrig. Medwedew sei körperlich und mental leer, nach Monaten ohne Pause sei das kein Wunder, zeigte Mouratoglou Verständnis für die Entscheidung seines bis dato hochkarätigsten Spielers.
Gar nicht verständnisvoll hatte sich der Coach auf seiner Instagram-Seite zur vierjährigen Dopingsperre von Simona Halep geäußert und stellte sich voll hinter seine aktuelle, seiner Meinung nach unschuldige Spielerin.
Spiel auf Zeit, mit anderen Regeln
Um solche Themen soll es in Frankfurt nicht gehen. Dafür um Spaß und Spektakel. In den Spielen zählt jeder Punkt wie sonst im Tiebreak. Bei einem 2:2 nach Vierteln kommt es zum Sudden Death. Beim Aufschlag haben die Spieler grundsätzlich nur einen Versuch. Wenn sie in den Vierteln ihre Bonuskarte setzen, zählt ihr nächster Punkt dreifach. Bei den Spielen auf dem blauen Court läuft Musik, die Coaches können aktiv eingreifen, es gibt in den Pausen Interviews.
Während seine Kollegen sich gestern teilweise schon für veränderte Regeln auf der ATP-Tour einsetzten, zielte Andrey Rublev auf etwas anderes ab. „Alleine mit neuen Regeln bekommst du keine jungen Leute“, sagte der Weltklassespieler, „es liegt an den Spielern. Je mehr charismatische du hast, desto mehr Fans werden sich für Tennis begeistern.“ Einer dieser Typen ist Rublev zweifelsohne. Eine neue Frisur benötigt er dafür nicht zwingend.
Eintrittskarten sind für alle drei Tage noch über die Webseite www.uts.live erhältlich.