Über die Kunst, eine Turnerin zu sein

Die SGK Bad Homburg fährt bei ihrem Debüt in der Deutschen Turn-Liga ein starkes Ergebnis ein. Dafür betrieben die Turnerinnen aus dem Taunus einen sehr hohen Aufwand.
Kirdorf -Die Kunst trägt das Turnen aus gutem Grund im Namen, wenn es auf höherem Leistungsniveau stattfindet. Denn es ist schon eine Kunst, diesen Sport überhaupt auszuüben.
Neben dem Hinweis auf die zweifelsohne vorhandene künstlerischen Note in den Übungen an den verschiedenen Geräten darf diese These gerne umgangssprachlich verstanden werden. Denn Kunstturnerinnen und Kunstturner müssen einen dermaßen hohen Aufwand betreiben, um überhaupt antreten zu können, wie es in kaum einer anderen Sportart vorkommt.
In den besten Teams des Hochtaunus wird stets fleißig trainiert. Sehr fleißig. Die Turner des TV Weißkirchen tun dies schon längst, obwohl sie erst ab September wieder in der 3. Bundesliga antreten. Die Turnerinnen der SGK Bad Homburg hatten sich im November erstmals für die viertklassige Regionalliga Nord qualifiziert, die ebenfalls schon zu den Wettkampfklassen der Deutschen Turn-Liga (DTL) gehört.
Bis zu sechs Mal in der Woche bietet die selbst noch mitturnende Trainerin Silvie Wentzell, unterstützt von Co-Übungsleiterin Nadine Denkhaus, Einheiten in der vereinseigenen Turnhalle an, die über eine moderne Einrichtung verfügt mit allem, was das Turnerherz begehrt. Ein stets mehrstündiges Angebot, das von den Hessenmeisterinnen aus Kirdorf rege genutzt wurde, obwohl die Frauen zumeist schon studieren oder einen Beruf ausüben.
Anreise, Hotel - 9.20 Uhr Einturnen
Um nun erstmals auf dem höchsten jemals von einer SGK-Riege erreichten Niveau um Ranglistenpunkte turnen zu können, mussten die sieben Turnerinnen bis nach Hannover fahren. Angereist wurde in Privat-Pkw schon am Vortag, um nach der gemeinsamen Übernachtung in einem Hotel am folgenden Morgen um Punkt 9.20 Uhr zum Einturnen auf der Matte zu stehen. Die Kosten für eine solche Tour tragen, abgesehen von einem Zuschuss ihres Vereins, die Turnerinnen freilich selbst.
Aber egal, alle Mühen haben sich für die SGKLerinnen gelohnt: Der Neuling belegte im rund vierstündigen Vergleich mit sieben Konkurrenten den vierten Platz. „Ein sehr positiver Auftakt für uns“, freute sich die bereits 46 Jahre alte frühere Bundesligaturnerin Wentzell, „nachdem dieser Wettkampf zunächst eine Standortbestimmung für die SGK sein sollte und das vorrangige Ziel für diese Saison der Klassenerhalt ist, sind wir sehr glücklich, dass wir uns mit dem Team so gut behaupten konnten.“
SGK Bad Homburg: Toller Einstand von Marcia Eifler
Sogar der dritte Platz wäre drin gewesen für die nur unwesentlich veränderte Aufstiegsmannschaft (die 14-jährige Debütantin Marcia Eifler holte beim Sprung prompt die meisten Punkte für die SGK). Woran das scheiterte, das mutet angesichts des sehr hohen Aufwands und der nervlichen Belastung für die Turnerinnen, die ihre höchsten neunzigsekündige Übung teils nach langen Wartezeiten präsentieren müssen, schon grotesk an. Weil eine Hilfsmatte für eine Bodenübung auf der falschen Seite der Wettkampffläche platziert worden war, erhielt die SGK, angeführt von ihrer Tagesbesten Corinna Seitz (22), einen Abzug von 0,5 Punkten.
Genau diese Winzigkeit fehlte dem Team aus dem Taunus dann nach 16 gewerteten Übungen - je vier an Sprung, Schwebebalken, Stufenbarren und Boden - um sich noch vor die Drittplatzierte KTV Bielefeld zu schieben. Es gewann der TV Buchholz aus der Nordheide vor der WKG Neckarau-Hassloch aus Rheinland-Pfalz.
Nach Buchholz bei Hamburg wäre es beinahe am 7. Mai für die Kirdorfer Turnerinnen als nächstes gegangen. Da der Termin jedoch erst kurzfristig angesetzt worden war, intervenierten mehrere Teams erfolgreich. Abgesehen von der weiten Anreise hätten Konfirmation und Abiprüfungen den Turnerinnen in die Quere kommen können. Vermutlich geht die Regionalliga-Runde (mit insgesamt vier Wettkämpfen) jetzt erst im Herbst weiter.
Anforderungen gestiegen, Ausrichter gesucht
„Weil die Anforderungen der DTL an die Vereine gestiegen sind, ist es schwer, überhaupt Ausrichter zu finden. So ein Terminchaos habe ich noch nie erlebt“, kommentierte Silvie Wentzell. Auch die SGK habe von der eigenen Durchführung eines Wettkampfes in der Eichwaldhalle Sulzbach wieder Abstand genommen.
Das Gute an der Verschiebung: Laura Schiewer kann ihre Verletzung am Sprunggelenk auskurieren. Die 21-jährige Friedrichsdorferin war beim Sprung nach ihrem Tsukahara falsch aufgekommen. Und ihre Kolleginnen können in den kommenden Monaten weiter an ihren Übungen tüfteln. Das werden sie Woche für Woche auch tun, garantiert.