Ihre Mutter hatte einst einen Aufruf des Deutschen Tischtennis-Bundes im Internet gesehen und sich gedacht, für ihre von dem Sport so begeisterte Tochter nachzufragen, ob sie eine freiwillige Helferin sein könne, und nach der Zusage die ganze Familie das mit einem gemeinsamen Urlaub verbunden. Dass jetzt beim Weltklasse-Turnier in Frankfurt aber, Tabeas drittem Einsatzort vor der Haustür, diese Spielern wie Timo Boll so nahe kommt, dass hätte sie selbst nicht gedacht. Die bewegen sich manchmal einfach – wie die Zuschauer auch – im Hallenrund, weil sie in einem abgetrennten Bereich hinter einer Tribünenseite trainieren können, während es unten auf dem Centre Court bei den Matches (täglich ab 14 Uhr) um Geld und Weltranglistenpunkte geht.
Dort ist ihre Mitspielerin beim TTV Eschborn-Niederhöchstadt, Mingni Zhang, den Stars so nah und doch so fern. Gestern, als die Weltranglisten-Zweite Chen Meng, Lieblingsspielerin der 14-jährigen Oberurselerin aufschlug, konnte sie ja schlecht um ein Selfie bitten. Sie kümmerte sich als eines der beiden Ballmädchen (an den Tagen zuvor auch ihr elfjähriger Bruder Bohao) um die weißen Plastikbälle, wenn sie nach einem Ballwechsel durch die Gegend flogen.
Sehr aufgeregt sei sie am Anfang gewesen, als sie die Schiedsrichterin einwies, inzwischen ginge es, lächelt das Mädchen. Tabea, die schon für Damen-Hessenligist Rot-Weiß Biebrich per Zweitspielrecht schmettert, und Mingni, Teilnehmerin der Hessischen Endrangliste, gehören der Leistungsgruppe von Jens Thorwächter beim TTV Eschborn-Niederhöchstadt an, einem in der Jugendarbeit sehr engagierten Verein mit rund 100 Spielern.
Die beiden Mädchen zählen zu den jüngsten der etwa 165 Volunteers beim noch bis Sonntag andauernden Turnier. Für andere Helferinnen wie Sandra Böttcher und deren Tochter Kristin aus Hamburg sowie Ilona Söfftge aus Halle an der Saale ist diese Tätigkeit nicht weniger als ein Lebensinhalt. Seit mehr als 20 Jahren stünden die Volunteers vor allem bei Tischtennis-Events parat, wenn sie gebraucht würden. Die Frauen sitzen in der Kabine der Skyliners-Basketballer, die für diese Woche in das Büro für haupt- und ehrenamtliche Helfer des Turniers umfunktioniert wurde.
Deutsche Volunteers hätten international den Ruf, die besten zu sein“, erzählen Sandra Böttcher und Ilona Söfftge, die schon in die Akquise vor Monaten mit eingebunden waren. Man ist in der „Helfer-Szene“ bestens vernetzt, manche kennen sich seit Jahren, sind befreundet.
Man muss sich das als Community vorstellen, wie bei einem Fanclub, dessen Mitglieder zu Konzerten, Spielen – in diesem Fall eben Events – dann aus ganz Deutschland, teilweise aus dem Ausland zusammenkommen. Geld verdienten sie ja nicht, aber der Mehrwert im Sozialen sei enorm, erzählt Sandra Böttcher, die eigentlich Buchautorin ist.
Die Volunteers teilen sich in Frankfurt auf viele Bereiche auf: Sicherheits- und Ordnungsdienst, Transportservice, Logistik für Ballsporthalle und Trainingshallen, Catering, Dolmetscher im Medienzentrum, Hostessen für Ehrengäste. Manche sind auch am Infostand in den Katakomben der Halle Ansprechpartner für Verbandsvertreter, Journalisten, Trainer, Spieler.
„Auch die Spitzenspieler sind so bodenständig und nahbar, das gibt’s doch in fast keiner anderen Sportart“, freut sich Kristin Böttcher, die vor Jahren von ihrer Mutter mal mitgenommen wurde und dabeigeblieben ist. Ganz normal sei es, dass Helfer und prominente Sportler sich im Vorbeilaufen grüßten.
Viele Events hat der harte Kern der Helfergemeinschaft gemeinsam begleitet, die WM 2006 in Bremen ist immer noch als ein Highlight in Erinnerung. Diesmal hat Ilona Söfftge aber ein Tabu gebrochen. Sie holte sich ein Autogramm. Ihr Enkel ist Fan von Timo Boll.