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Warum der TTC OE Bad Homburg auf den Aufstieg verzichtet

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Von: Thorsten Remsperger

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Nur einer bleibt: Sportvorstand Helmut Hampl im Gespräch mit Cedric Meissner (links) und Rares Sipos (rechts). Die beiden Leistungsträger werden den TTC OE Bad Homburg nach dieser Saison verlassen.
Nur einer bleibt: Sportvorstand Helmut Hampl im Gespräch mit Cedric Meissner (links) und Rares Sipos (rechts). Die beiden Leistungsträger werden den TTC OE Bad Homburg nach dieser Saison verlassen. © Gerhard Strohmann

Der souveräne Zweitliga-Spitzenreiter TTC OE Bad Homburg hat entschieden, keine Lizenz für die TTBL zu beantragen. Nach dem Motto: „Lieber einen Schritt zurück, aber dafür dann mit Anlauf.“

Ober-Erlenbach -Weil der Mann groß denkt, hat er andere groß gemacht. Helmut Hampl förderte den späteren Weltranglistenersten Timo Boll schon in jungen Jahren, mit dem TTV Gönnern gewann er in den Jahren 2005 und 2006 die Champions League. So kam zwar die Ankündigung im August 2021 kurz nach seinem Dienstantritt als (ehrenamtlicher) Sportvorstand des TTC OE Bad Homburg für manche überraschend. Aber sie passte zu dem in der Tischtennis-Szene sehr hoch angesehenen Talentförderer. Ganz sachlich verkündete Hampl, dass der Stadtteilverein aus Ober-Erlenbach mit seinem Profi-Team in fünf Jahren in der Champions League spielen wolle.

Die sportliche Entwicklung passte zunächst so gar nicht in den Plan: Auch in seiner zweiten Saison in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) landete der TTC OE auf einem Abstiegsplatz, diesmal ging es auch runter in die 2. Bundesliga. Dort griff die verjüngte, aber nur punktuell veränderte Mannschaft alsbald wieder an. Vor dem Heimspiel gegen Fortuna Passau (Sonntag, 15 Uhr Wingert-Sporthalle) sieht sie mit einem satten Vorsprung von sieben Punkten auf den ersten Nicht-Aufstiegsplatz drei wie der erste sichere TTBL-Neuling aus, auch der zweite Zweitliga-Titelgewinn für den Club nach 2020 scheint so gut wie sicher.

Doch den Aufstieg wird der familiär geführte Einspartenverein aus dem Taunus nicht wahrnehmen. Am Sonntagnachmittag verkündete der TTC OE, auf „eine Beantragung der Lizenz für die TTBL zu verzichten“.

Was für das deutsche Tischtennis nach dem angekündigten TTBL-Rückzug des TTC Neu-Ulm ein weiterer Rückschlag ist, hört sich erst einmal kontraproduktiv für den Verein an, wenn man an Hampls Ambitionen denkt. Die im Übrigen der Sportliche Leiter Sven Rehde und die Profispielern durchaus mit ihm teilen. Die direkte Rückkehr in die TTBL hatten sich Funktionäre und Team sogar gegenseitig versprochen, wie Rehde einmal erläuterte.

Zuletzt hatte Bernd Röschenthaler, Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH, aber schon durchblicken lassen, dass es aus finanziellen Gesichtspunkten schwierig werden würde mit einer dritten Saison in der TTBL. Man habe bis zur Einreichung der Lizenzunterlagen noch bis April Zeit, sagte er vor gut drei Wochen. Und jetzt das.

Das sagt der Geschäftsführer

„Wir haben den Zeitpunkt der Absage aus Fairnessgründen bewusst früh gewählt“, erläutert Röschenthaler nun auf TZ-Nachfrage. Durch den Neu-Ulmer Rückzug sei eine andere Situation entstanden, auch für die Konkurrenz. Außerdem: „Wir mussten schon Spielerverträge für die neue Saison abschließen und haben dabei bisher für die 2. Liga geplant“, sagt Röschenthaler.

Selbst wenn kurzfristig noch die angestrebte Erhöhung des bisherigen Etats von rund 150 000 Euro geglückt wäre - was angesichts der angespannten Finanzlage mancher Unternehmen und auch der Stadt Bad Homburg als potenzielle Sponsoren sehr optimistisch gedacht war -, es wäre eine Hauruckaktion auf dem internationalen Transfermarkt vonnöten gewesen, um nicht gleich wieder der erste Abstiegskandidat zu sein. Und das nicht ohne finanzielles Risiko. „Warum sollten wir da noch Katz’ und Maus spielen?“, so Röschenthaler.

Wie die TTBL am Montag bekanntgab, haben auch die anderen Zweitligisten auf einen Lizenzantrag verzichtet. Die 1. Liga startet damit nur mit elf Mannschaften in die nächste Saison. Höchstens. Wenigstens haben diese jetzt Planungssicherheit. Jene hat Sven Rehde beim TTC OE Bad Homburg jetzt auch.

Schwierige Situation für den Kaderplaner

Gegenüber den hoffnungsfrohen Spielern die Linie des Vereins zu vertreten, sei für ihn nicht einfach gewesen, sagt der Tischtennis-Enthusiast, der beruflich ein Augenoptikergeschäft führt. Mit Cedric Meissner (1. FC Saarbrücken-TT) und dem Rumänen Rares Sipos, schon in der fünften Spielzeit im Verein, müsse er zwei absolute Leistungsträger ziehen lassen. Als Erfolg wertet es Rehde aber, dass mit dem Japaner Yuma Tsuboi, dem Ungarn Csaba Andras und dem 22-jährigen Deutschen Benno Oehme drei Akteure trotz des Aufstiegsverzichtes ihre Verträge verlängern. Zwei talentierte Neuzugänge kündigte Rehde außerdem an.

Der erfolgreiche Kaderplaner, ein eingefleischter Ober-Erlenbacher, macht keinen Hehl daraus, nach den „sehr langen und intensiven Gesprächen“ mit Geschäftsführung, Gesellschaftern und Vereinsvorstand „erst einmal tief Luft geholt“ zu haben. Er habe selbst eine Anfrage aus der TTBL, und sein Anspruch sei es, mit dem Team dort zu spielen. „Mein Herz hängt aber am Verein.“ Sein Vater habe den TTC OE mitgegründet und aufgebaut. „Da möchte ich etwas zurückgeben.“

Realistisch gesehen, so Rehdes Erkenntnis aus den vergangenen Jahren, genüge es eben nicht, nur junge Spieler zu verpflichten und sie besser zu machen. Es müsse auch das Budget vorhanden sein, um am besten um einen aufstrebenden, jungen deutschen Spieler herum ein schlagkräftiges Team mit bundesligaerfahrenen Spielern aufzubauen, damit man oben auch bestehen könne. Also sei es viel besser, in der 2. Bundesliga die finanziellen Voraussetzungen zu verbessern, sie aber nicht gleich wieder voll auszuschöpfen. „So könnten wir in einem oder vielleicht auch zwei Jahren aufsteigen“, meint Rehde. „Lieber erst ein Schritt zurück, aber dafür dann mit Anlauf.“

Ein abermalig langfristig gedachter Plan steckt also hinter dem Aufstiegsverzicht. Das erinnert an Hampls Aussage, damals im August 2021. „Die fünf Jahre“, meint Sven Rehde, darauf angesprochen, „die sind ja dann noch nicht um.“

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