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Rettungsgasse befahren oder blockieren: Verkehrsexperte erklärt, welche Strafen Autofahrern drohen 

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Bei einem Unfall müssen Autofahrer eine Rettungsgasse bilden. So sollen Einsatzfahrzeuge durchkommen. Behindert man die Retter, kann es teuer werden.

München – Wer mit seinem Auto auf der Autobahn fährt, kommt nicht immer frei durch. Staus können die Fahrt ebenso behindern wie Unfälle. Passiert letzteres, gelten gewisse Verkehrsregeln. Unter anderem muss eine Rettungsgasse gebildet werden. Wer dies nicht tut, muss mit gravierenden Folgen rechnen.

Kürzlich sorgten gleich zwei Fälle rund um das Thema Rettungsgasse für Schlagzeilen. In Österreich kam ein Ehepaar bei einem Autounfall ums Leben. Ein Video zeigte anschließend, wie zahlreiche Autofahrer den Einsatzkräften den Rettungsweg versperrten. Ob die Verstorbenen bei früher eintreffenden Rettungskräften überlebt hätten, ließ sich nicht mehr zweifelsfrei sagen. Dennoch war die Empörung groß. Weniger dramatisch endete der Autobahn-Eklat um eine Mini. Der Fahrer oder die Fahrerin des Kleinwagens hatte die Rettungsgasse kurzerhand befahren. Ob dies aus einem Notfall heraus geschah, muss die Polizei derweil noch klären.

Rettungsgasse befahren oder blockieren: Experte erklärt, welche heftigen Folgen Autofahrern drohen

Doch was passiert, wenn man ohne Not eine Rettungsgasse befährt oder behindert? Diese Frage stellte Merkur.de von IPPEN.MEDIA einem Experten. Rechtsanwalt Rico Jäde von Freem ist auf Verkehrsrecht spezialisiert. Der Fachmann warnt Autofahrer vor den möglichen finanziellen Folgen, sollte ein Autofahrer die Rettungsgasse behindern, blockieren oder befahren.

„Der Bußgeldkatalog sieht bei Verstößen gegen die Pflicht des Bildens einer Rettungsgasse empfindliche Sanktionen vor“, schildert Jäde. Dies sei zunächst eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat.

Rettungsgasse
Ein Polizeifahrzeug fährt durch die Rettungsgasse im Stau. Nicht immer kommen Einsatzkräfte so gut durch. © Jonas Walzberg/dpa

Rettungsgasse blockiert: Bußgeld bis zu 320 Euro möglich – bei Straftat kann „Geldstrafe die Geldbußen deutlich übersteigen“

Die Höhe des Bußgeldes variiert je nach Vergehen und Ort des Vergehens. „Wer einem Einsatzfahrzeug mit Blaulicht keine freie Bahn schafft, muss mit einer Geldbuße in Höhe von 240 Euro, der Eintragung von zwei Punkten im Fahreignungsregister und einem Monat Fahrverbot rechnen. Wenn dabei eine Gefährdung verursacht wurde, beträgt die Geldbuße 280 Euro. Wenn durch das Fehlverhalten eine Sachbeschädigung entstanden ist, steigt die Geldbuße auf 320 Euro“, klärt der Verkehrsrechtsexperte auf.

Bilden Autofahrer außerorts oder auf Autobahnen keine Rettungsgasse bei stockendem Verkehr, greift der Bußgelkatalog laut Jäde wie folgt: 200 Euro Geldbuße, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot. Besagte Geldbuße erhöht sich „bei hinzukommender Gefährdung“ auf 280 Euro, „bei einer Sachbeschädigung“ auf 320 Euro.

Und wer wie der Mini als Autofahrer eine gebildete Rettungsgasse selbst nutzt, kann „laut Bußgeldkatalog eine Geldbuße in Höhe von 240 Euro, die Eintragung von zwei Punkten, sowie ein Monat Fahrverbot“ auferlegt bekommen. Auch hier erhöht sich der Betrag laut dem Rechtsanwalt bei Gefährdung auf 300 Euro und bei Sachbeschädigung auf 320 Euro. Im Falle einer vorliegenden Straftat liegt es „im Ermessen des Gerichts“, wie hoch die Geldstrafe ausfällt (auch vom Einkommen des Verurteilten abhängig). „In aller Regel dürfte die Geldstrafe die Geldbußen deutlich übersteigen“, so Jäde.

Rettungsgasse nach Unfall blockieren: Strafrechtliche Konsequenzen möglich

Doch dabei muss es nicht bleiben. Auch strafrechtliche Folgen können bei Missachten oder Blockieren der Rettungsgasse drohen. „Bei derartigen Verstößen sind auch strafrechtliche Konsequenzen denkbar“, so der Verkehrsrechtsexperte: „Gemäß § 323c Abs. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) kommt eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung in Betracht, sofern die Rettungskräfte daran gehindert werden, die Rettungsstelle zu erreichen. Wenn nachweisbar ist, dass die Blockade der Rettungskräfte absichtlich erfolgte, ist eine Strafbarkeit wegen Straßenverkehrsgefährdung gem. § 315c StGB denkbar.“

Und auch zivilrechtlich könnte es zu unangenehmen Konsequenzen kommen, falls ein Autofahrer bei der Rettungsgasse ein Fehlverhalten an den Tag legt. Laut Jäde „können Verstöße gegen die in § 11 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelte Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen“.

Zivilrechtliche Konsequenzen für Verkehrsvergehen an einer Rettungsgasse

Und die können auf deutschen Straßen bei einem tödlichen Crash wie jüngst in Österreich noch härter ausfallen. „Falls bei dem Unfall, der den Stau verursacht hat, Personenschäden aufgetreten sind und nachweisbar ist, dass diese bei angemessenem Verhalten nicht (in der Form) eingetreten wären, sowie wenn die Blockierung der Rettungsgasse maßgeblich für den entstandenen Schaden ist, könnten für den Geschädigten möglicherweise Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Verursacher der Behinderung entstehen“, erklärt der Fachmann.

Grundlage hierfür ist demnach § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit § 323c Abs. 2 StGB. Zudem „ist grundsätzlich davon auszugehen, dass derjenige, der die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse missachtet, die Alleinhaftung für entstandene Unfallschäden zu tragen hat“, ergänzte Jäde.

Verkehrsvergehen an Rettungsgasse: Versicherung kann Kosten von Versicherten zurückverlangen

Zudem kann Ärger mit der Versicherung drohen. „Zunächst wird die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden am Einsatzfahrzeug regulieren. Sie kann sich nicht weigern, den beim Unfallgegner entstandenen Schaden zu übernehmen, sofern die Alleinschuld des Versicherungsnehmers feststeht“, schildert Jäde.

Der Anwalt weiter: „Allerdings kann die Versicherung, regelmäßig, aufgrund der Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, Regressforderungen an diesen stellen. Die Höhe des Regresses ist jedoch auf 5.000 Euro begrenzt. Wenn eine Vollkaskoversicherung vorliegt, muss damit gerechnet werden, dass die Versicherung nicht für die eigenen entstandenen Schäden aufkommt.“

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