93-Jähriger wollte nochmal ans Meer – junger Nachbar begleitete ihn
Sehnsüchtig erinnert sich der über 90-jährige Carlos an seine Zeit am Mittelmeer. Noch einmal dorthin – sein größter Wunsch. Sein Nachbar erfüllt den Traum.
Emmerich – Es klingt wie eine Geschichte, wie man sie sonst nur aus Filmen kennt. Ein Mann hat nur noch einen letzten Wunsch: Noch einmal das Meer sehen. Sein 20-jähriger Nachbar erfüllt ihm diesen Traum. Keine Strecke scheint zu groß, um den Herzenswunsch des Mannes in Erfüllung gehen zu lassen. Gemeinsam fahren sie rund 4000 Kilometer quer durch Europa. Ein faszinierender Roadtrip, vollgepackt mit emotionalen Momenten zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Roadtrip zum Mittelmeer: 20-jähriger Nachbar erfüllt Carlos‘ Herzenswunsch
Sein Motto hat der 20-jährige Torben Kroker aus Emmerich auf seinem Instagram-Account verewigt: „Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon!“ – keine leere Phrase, wie die gemeinsame Geschichte mit seinem Nachbarn Karl-Heinz Schulz zeigen sollte. In seinen 93 Jahren hat Karl-Heinz, genannt Carlos, viel erlebt. Ein Wunsch blieb bisher allerdings unerfüllt. Er möchte noch einmal ans Mittelmeer.
Als Torben das erfuhr, ließ er sich nicht lange bitten. Auf Instagram berichten die beiden Nachbarn von einer emotionalen Reise, die nicht nur Halt am Meer macht. Seinen Spitznamen erhielt Karl-Heinz in Spanien. Genau dorthin sollte es das Duo verschlagen. Euphorisch verkündete Torben auf Instagram deren Vorhaben: „Wer im Leben Träume hat, der sollte sich diese erfüllen. Wer mit fast 94 Jahren noch einen letzten Traum hat, dem sollten keine Steine in den Weg gelegt werden“.
Das Abenteuer in Torbens altem Mercedes nahm seinen Lauf.
Roadtrip startet in Frankreich: Außergewöhnliches Duo reist in die Vergangenheit
Erstes Ziel: Frankreich. Die erste Station war Versailles. „Ob wir die Runde durch Europa schaffen werden, wird man sehen. Wir glauben fest daran“, schrieb Torben zum Auftakt des Roadtrips, den seine Instagram-Follower zwei Wochen lang am Handy begleiten durften.

Faszinierende Orte in Frankreich und Spanien ließen Torben und Carlos beeindruckt zurück. Doch besonders emotional wurde es für Carlos, als das ungewöhnliche Duo gezielt Stationen aus Carlos‘ Vergangenheit besuchte. Es waren jene Orte, die Auszüge einer Lebensgeschichte eines 93-Jährigen schildern, der nach dem Krieg in Gefangenschaft in geriet.
Frankreich, Spanien, Italien: „An manchen Stellen war es schon sehr emotional für ihn“
Von Versailles ging es Richtung Bordeaux. Immer wieder machten sie Halt in kleinen Städten, von denen Carlos bis heute schwärmt. Im Anschluss verließen sie Frankreich und besuchten einige Orte jenseits der französischen Grenzen – so etwa die spanischen Städte Elgoibar und San Sebastian. Weiter sah der Plan einen Aufenthalt in Barcelona vor.
Doch das Corona-Virus machte dem Stopp in der katalanischen Hauptstadt ein Strich durch die Rechnung. Über Monate beeinflussen die steigenden Corona-Fälle den spanischen Alltag maßgeblich. Großen Anteil hatte unter anderem auch die Verbreitung der Lambda-Variante, die neue Gefahren offenbart*. Auch Barcelona musste damals regieren und die Strände und Bars in der Nacht schließen.
Nach einem kurzen Zwischenstopp im französischen Toulouse fuhren sie weiter das Mittelmeer entlang. Über Monaco ging es nach Mailand, ehe die Nachbarn Richtung Bodensee ihren Heimweg einschlugen. „An manchen Stellen war es schon sehr emotional für ihn. Aber er genießt jede Minute“, berichtet Torben von einem außergewöhnlichen Ausflug, den beide mit Sicherheit nicht mehr vergessen werden.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.
Wenige Monate nach Roadtrip: Carlos findet letzte Ruhe
Nur wenige Monate nach dem gemeinsamen Roadtrip sollte Carlos seine letzte Reise antreten. Im Januar 2022 teilte Torben Kroker auf Instagram die traurige Nachricht, dass sein Nachbar Carlos verstorben sei. „Nun bist du alleine losgezogen – und doch weiß ich, dass du weiterhin bei mir sein wirst“, schrieb er in einem Post mit Fotos von der Reise. Er erwies Carlos die letzte Ehre, indem er ihn als „großherzigen, spontanen, ehrlichen, loyalen, emphatischen und reiselustigen Menschen“ beschrieb.
Mit den Worten „Was bleibt, ist die Gewissheit, dass du friedlich einschlafen durftest und ich dich in deinen letzten Tagen viele Stunden begleiten konnte. Mit größtem Respekt und voller Dankbarkeit verabschiede ich mich von dir. Ich vermisse dich schmerzlich. Gute Reise, mein Freund“, beendete Torben seinen Abschieds-Post an Carlos. *kreiszeitung.de und 24hamburg.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.