„Für alle, die etwas mehr Ruhe und Frieden suchen“ – Airline verspricht Kinderfreie-Zonen an Board
„Adults Only“ kennt die Tourismus-Branche meist erst ab dem Hotel. Eine Airline testet nun kinderfreie Bereiche in ihren Fliegern. Ein Affront gegen Familien?
Kassel – Beim Anblick von Familien mit kleinen Kindern wünschen sich viele Fluggäste mit Sicherheit insgeheim, dass die Kleinen im Flugzeug überall sitzen, nur nicht in ihrer Nähe. Besonders lange Flugstrecken können die Geduld von Kindern auf eine harte Probe stellen; und damit auch die der Sitznachbarn.
Bei acht Stunden plus auf engsten Raum in der Luft ist der Unmut der Kleinen nur allzu nachvollziehbar. Doch bei anhaltenden Geschrei, Genörgel oder Gezappel die Erholung vieler Reisenden dahin, noch ehe sie im Urlaubsort angekommen sind. So wie bei einem entnervten TikToker, der sich auf der Plattform über ein schreiendes Kind während seines Fluges Luft machte. Mit der Corendon Airlines dürfte er künftig entspannter an sein Ziel kommen.
Ab November auf Langstrecke: Airline bietet kinderfreie Bereiche an
Zumindest, sofern der Mann mit dem dünnen Nervenkostüm in die Karibik fliegen sollte. Denn für die Verbindung zwischen Amsterdam nach Curaçao soll es bei der türkisch-niederländischen Fluggesellschaft ab 3. November ein Abteil geben, das ausschließlich für Erwachsene vorgesehen ist.

Von den insgesamt 432 Sitzplätze des eingesetzten Airbus A350 sind 102 nur buchbar für Passagiere, die 16 Jahre oder älter sind. Auch Personen in der hintersten Reihe der „Adults Only“-Sitze müssen keine Kinderfüße im Rücken oder lautes Geschrei im Ohr fürchten – das Erwachsenen-Abteil ganz vorne in der Maschine ist durch Wände und Vorhänge von den restlichen Plätzen isoliert.
Kinderfreie Zone laut Airline auch im Sinne von Familien – eine Erleichterung für Eltern
Wer Wert auf die kinderfreie Zone legt, muss einen gebührenpflichtigen Sitzplatz reservieren: 45 Euro pro Strecke fallen dafür Minimum an. Wer obendrein noch mehr Beinfreiheit genießen möchte, muss mit 100 Euro für einen XL-Sitz rechnen. Dass Airlines den Wunschplatz ihren Passagieren in Rechnung stellen, ist längst Normalität.
Zum Vergleich: Bei der Lufthansa kostet ein XL-Platz für eine Interkontinental-Langstrecke 110 Euro aufwärts pro Strecke. Nur dass es beim Fall der Corendon Airlines wohl eher nicht zu einem Streit über den Wolken kommen wird, weil eine Frau ihren 1A-Platz nicht mit einem Kind tauschen möchte. Auf eigene Faust sollte man spontan die Plätze ohnehin nicht tauschen.
Warum schreien Babys in Flugzeugen häufig?
Lautes Baby- und Kindergeschrei kann auf Dauer fürchterlich nerven. Dabei sind Schmerzen oftmals die Ursache dafür. Das Trommelfell von Kindern ist noch zu klein, um den Druck, der durch den Höhenunterschied entsteht, ausgleichen zu können. Das kann zu einem äußerst unangenehmen bis schmerzlichen Gefühl im Mittelohr führen. Laut Ärzten sollten Kinder daher frühestens mit vier Wochen nach der Geburt fliegen. Hatte das Kind kürzlich eine Mittelohrentzündung, wird vom Flug abgeraten. Ungeachtet dessen helfen für das entspannte Reisen mit Kindern einige Tricks.
Quelle: AOK
„Wir versuchen Reisenden entgegenzukommen, die während ihres Fluges etwas mehr Ruhe und Frieden suchen“, begründet Corendon-Gründer Atilay Uslu die Einführung. Familienfeindlich sei die Maßnahme nicht, im Gegenteil. Man ist bei der Airline davon überzeugt, auch Eltern mit dem kinderfreien Abteil einen Gefallen zu tun. „Sie können den Flug genießen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, wenn ihre Kinder ein wenig mehr Lärm machen“, so Uslu.
Kinderfreie Zone im Flieger ein Konzept auch für andere Airlines?
Fürs Erste seien die Erwachsenen-Sitze ein Testlauf der Corendon, die bei Erfolg und großer Nachfrage aber auch auf andere Strecken ausgeweitet werden könnten. Die Vergangenheit hat gezeigt: die Nachfrage ist nur bedingt da. Einer Umfrage des US-amerikanischen Portals „Airfarewatchdog“ aus dem Jahr 2018 zufolge, wäre mehr als die Hälfte der Befragten bereit dazu, für kinderfreie Zonen im Flieger Geld in die Hand zu nehmen. Bei einer ähnlichen Befragung von „Holidayextras“ gaben nur 31 Prozent der 1.000 Teilnehmer aus Deutschland an, sich an Kinderlärm im Flugzeug zu stören.
Mit Malaysia Airlines und Air Asia X gab es in jüngerer Vergangenheit beispielsweise zwei Fluggesellschaften, die ein ähnliches Konzept fuhren. Erstere errichtete im Oberdeck ihres A380 eine kinderfreie Zone, Letztere reservierte die ersten sieben Reihen ihrer Flieger ausschließlich für Passagiere über 12 Jahre. Bestand hatte weder noch. (rku)