Umgekehrt dringt CSU-Generalsekretär Markus Blume ebenfalls auf verschärfte Kontrollen an den Grenzen zu Österreich un Tschechien. Mit Blick auf die Nachbarländer fällte Blume ein hartes Urteil. Die beiden Anrainerstaaten zu Deutschland würden „mit ihrer unverantwortlichen Öffnungspolitik unsere Erfolge in Deutschland“ gefährden, so Blume wörtlich. „Die größte Gefahr geht nicht vom Friseur aus, sondern von der Grenze“, wird der Generalsekretär weiter zitiert. Sollten beispielsweise im angrenzenden österreichischen Bundesland Tirol eine Corona-Mutation nachgewiesen werden, müsse man handeln, beispielsweise mit Kontrollen an den Außengrenzen. In Bayern waren bereits erste Fälle von hochinfektiösen Corona-Mutationen bekannt geworden. „Deshalb brauchen wir mehr Kontrollen der Bundespolizei an allen Außengrenzen“, so Blume.
Update vom 7. Februar, 8.53 Uhr: In Südtirol schrillen die Alarmglocken! Lange glaubte man mit dem eingeschlagenen Sonderweg halbwegs gut durchzukommen. Während in ganz Österreich oder in Deutschland längst strikte Corona-Maßnahmen geltend gemacht wurden, blieben in Südtirol Bars, Restaurants und Geschäfte weiterhin geöffnet. Möglich machte diesen Sonderweg ein Landesgesetz, das der Südtiroler Landtag im vergangenen Mai verabschiedet hatte. Damals ging es darum, Lockerungen schneller beschließen zu können.
Doch damit ist jetzt Schluss, denn die Corona-Realität scheint nun auch in Südtirol angekommen zu sein. Zuletzt wurden 747 Neuinfektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Auf den Nachbar Österreich hochgerechnet wären das rund 12.000 neue Corona-Fälle. Südtirol droht eine echte Corona-Katastrophe, wie es heißt. Laut oe24.at gelten daher ab kommender Woche auch dort strikte Regeln.
Nur im äußersten Notfall darf das Zuhause verlassen werden, der Handel wird runtergefahren. Ausgenommen sind Läden für Güter des täglichen Bedarfs. Auch Restaurants und Bars müssen jetzt geschlossen werden. In Produktions- und Handwerksbetrieben darf weitergearbeitet werden, sofern die Mitarbeiter regelmäßig getestet werden.
Ein ganz anderes Bild zeigt sich derweil im Nachbarland Österreich. Wie oe24.at berichtet, sollen in Wien und Niederösterreich ab Montag wieder alle Schulen geöffnet werden. Dabei soll es eine Testpflicht bei den Schülern geben. Heißt im Umkehrschluss: Wer sich nicht testen lässt, darf auch nicht in die Schule, sondern muss in Betreuung mit anderen nicht getesteten Schülern.
Weiter soll in Volksschulen sogar der Vollbetrieb wieder aufgenommen werden. In anderen Schulen soll es zunächst nur Schichtbetrieb geben. Insgesamt werden laut oe24.at am Montag rund 280.000 Schüler erwartet. Über sechs Millionen Schnelltests sollen bereits an die Schulen ausgeliefert worden sein.
Doch schon jetzt zeichnen sich die ersten Probleme ab. Damit die Schüler regelmäßig getestet werden dürfen, braucht es eine Einverständniserklärung der Eltern. Doch viele haben keinen Drucker oder kein Internet zu Hause, wie oe24.at berichtet. Daher droht in den ersten Tagen der Schulöffnungen ein Koordinationschaos, da Schüler ohne Einverständniserklärung in Betreuung geschickt werden. Dort sitzen sie zusammen mit anderen Schülern im Raum, die ebenfalls noch nicht getestet wurden und sich somit anstecken könnten.
Erstmeldung vom 6. Februar 2021: Wien - Maximal 700 Corona-Neuinfektionen pro Tag - das war das ursprüngliche Lockdown-Ziel der österreichischen Regierung um Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dieser Zielwert konnte durch die harten Corona*-Maßnahmen in Österreich nicht erreicht werden. Am Samstag (6. Februar) meldeten die Behörden 1333 neue Corona-Fälle und zudem 21 Todesfälle - erneut weit über dem gesetzten Zielwert.
Dennoch verkündete Kanzler Kurz am vergangenen Montag (1. Februar) im Bundeskanzleramt in Wien massive Lockerungen der Corona*-Maßnahmen. Nach den weiterhin hohen Infektionszahlen kam dieser Schritt für viele überraschend. „Jetzt zu lockern bedeutet die Bevölkerung einem nicht kontrollierbaren Risiko auszusetzen“, sagte beispielsweise SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner vor der Entscheidung der Regierung. Sie sah die Lockerungen skeptisch und warnte vor einer möglichen dritten Welle durch eine Ausbreitung der Virus-Mutationen.
Die südafrikanische Corona-Mutation ist inzwischen in Tirol ausgebrochen. „Wir haben hier ein Riesenproblem mit dieser Variante. Es gibt einen starken Anstieg. Aber ich sehe kein Handeln der Politik hier in Tirol. Ich warte auf das zweite Ischgl“, schilderte die Virologin Dorothee von Laer gegenüber dem Kurier. Sie forderte eine Quarantäne für das komplette Bundesland. Kritik gab es auch aus Deutschland. RKI-Chef Lothar Wieler sagte im Rahmen der Bundespressekonferenz am Freitag (5. Februar): „Das hätte vermieden werden können, wenn nicht Tausende Skifahren gegangen wären.“
Die Regierung in Wien nannte die Situation am vergangenen Donnerstag „akut und ernst“. Am Sonntag sei „Tag der Bilanz“, kündigte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) an. Am Freitag sprach er im Rahmen einer Pressekonferenz von einem „Aktionsplan für Tirol“. In enger Abstimmung mit dem Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) habe man einen Plan entwickelt, „der mit Hochdruck umgesetzt wird, um die Mutationen zu begrenzen“, so Anschober.
Die oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) forderten die Regierung indessen auf, „endlich aktiv zu werden“. Den Tiroler Verantwortlichen beim „Kopf in den Sand stecken zuzusehen, endet sonst neuerlich in einer Katastrophe“, warnte der Gesundheitsexperte der SPÖ, Philip Kucher. Er verwies auf den Corona*-Ausbruch im Skigebiet Ischgl vor rund einem Jahr.
„Auf der einen Seite munkelt man von einem Glassturz über Tirol, von der Quarantäne für ein ganzes Bundesland. Auf der anderen Seite, und das ist kein Gemunkel, sondern Fakt, sperren wir am Montag weite Teile der Gesellschaft wieder auf. Das passt nicht zusammen“, bemängelt Gabriele Scherndl in einem Kommentar in der Wiener Zeitung Der Standard die aktuelle Lage in Österreich.
Ab Montag (8. Februar) dürfen Schüler der Volksschulen wieder den Präsenzunterricht besuchen, Unter- und Oberstufen wechseln in den Schichtbetrieb. Zudem darf der Handel wieder öffnen - wenn auch unter strengeren Auflagen, wie einer FFP2-Maskenpflicht. Museen, Galerien, Tiergärten machen unter denselben Voraussetzungen wie der Handel wieder auf.
Auch körpernahe Dienstleistungen sind ab Montag wieder erlaubt - das heißt, dass der Friseurbesuch in Österreich wieder möglich ist. Allerdings nur mit einem negativen Corona-Test*, der nicht älter als 48 Stunden ist. Lediglich die Gastronomie bleibt weiterhin im Lockdown.
Scherndl bezeichnet die Lockerungen als Fehler. „Die Lage ist zu fragil, die Mutationen zu unberechenbar, eine Durchimpfung viel zu weit entfernt, als dass man derzeit an Erleichterungen denken kann“, mahnt sie. „Wir haben ein Problem. Und das lösen wir nicht, indem wir die Regeln lockern.“ (ph) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks