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Astronom will „direkte Beweise“ für Zusammenbruch der Schwerkraft entdeckt haben

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Im Universum wirkt die Schwerkraft nicht immer so, wie von Einstein und Newton erwartet. Das zeigt eine neue Studie – die gewaltige Auswirkungen haben könnte.

Seoul – Die Schwerkraft ist wohl das Naturgesetz, das jeder Mensch am besten kennt – schließlich wird man tagtäglich unzählige Male damit konfrontiert. Etablierte Schwerkraft-Modelle beruhen auf den Ideen von Isaac Newton und Albert Einstein. Um die eigenartigen Bewegungen mancher Himmelskörper zu erklären, hat die Kosmologie zusätzlich noch die dunkle Materie ins Spiel gebracht – eine Materie, die die Forschung bisher nicht nachweisen konnte, die jedoch den Großteil der Masse unseres Universums ausmachen soll.

Ein alternatives Schwerkraft-Modell kommt dagegen ohne die mysteriöse dunkle Materie aus. Entwickelt wurde die MOND-Theorie (MOND steht für „Modified Newtonian Dynamics“) in den 1980er Jahren vom israelischen Physiker Mordehai Milgrom. Vor einiger Zeit fand ein Forschungsteam um den Astrophysiker Pavel Kroupa heraus, dass das Verhalten offener Sternhaufen eher den Erwartungen der MOND-Theorie entspricht.

Bei der Beobachtung von Doppelsternsystemen hat ein Forscher eine aufregende Entdeckung zur Schwerkraft gemacht. (Symbolbild)
Bei der Beobachtung von Doppelsternsystemen hat ein Forscher eine aufregende Entdeckung zur Schwerkraft gemacht. (Symbolbild) © imago/UPI Photo

„Direkter Beweis für den Zusammenbruch der Standardgravitation“

Der Astronom Kyu-Hyun Chae von der Sejong-Universität in Seoul hat die beiden Gravitations-Modelle getestet und dafür die Beschleunigung von 26.500 Doppelsternen analysiert, die vom Weltraumteleskop „Gaia“ der europäischen Raumfahrtorganisation Esa zuvor aufgezeichnet worden waren. Und die neuen Daten, die Chae im Fachmagazin The Astrophysical Journal publiziert hat, könnten es in sich haben: Sie zeigen dem Forscher zufolge, dass die Sterne sich eher in Einklang mit dem MOND-Modell bewegen, wenn ihre Beschleunigung unter einen Wert von einem Nanometer pro Sekunde zum Quadrat fällt.

In seiner Studie schreibt Chae von einem „direkten Beweis für den Zusammenbruch der Standardgravitation bei schwacher Beschleunigung“. Er habe eine „unverrückbare Anomalie der Gravitation zugunsten der MOND-basierten modifizierten Schwerkraft“ entdeckt, heißt es in der Studie weiter. Chae berichtet darin von dem „klaren Beweis“, dass die Bewegung von Doppelsternen sich bei schwacher Beschleunigung genau so verhält, wie es die AQUAL-Theorie, die auf MOND basiert, erwartet.

Universum: Schwerkraft verhält sich bei sehr geringen Beschleunigungen seltsam

In einer Pressemitteilung seiner Universität erklärt Chae, dass es ihm unmöglich scheine, „dass eine Verschwörung oder eine unbekannte Systematik“ die Anomalie verursachen könne. Der Forscher betont: „Ich habe alle möglichen Systematiken untersucht. Die Ergebnisse sind echt. Ich gehe davon aus, dass die Ergebnisse in Zukunft mit besseren und größeren Daten bestätigt und verfeinert werden. Ich habe auch alle meine Codes aus Gründen der Transparenz und im Interesse aller interessierten Forscher veröffentlicht.“

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Mordehai Milgrom, der die MOND-Theorie entwickelt hat, an der aktuellen Studie aber nicht beteiligt war, betont: „Wenn sich diese Anomalie als ein Zusammenbruch der Newtonschen Dynamik bestätigt, und vor allem, wenn sie tatsächlich mit den einfachsten Vorhersagen von MOND übereinstimmt, wird sie enorme Auswirkungen auf die Astrophysik, die Kosmologie und die Grundlagenphysik im Allgemeinen haben.“ Zuvor seien jedoch Bestätigungen durch unabhängige Analysen nötig.

Der Astrophysiker Pavel Kroupa ist sich sicher: „Mit diesem Test an weiten Doppelsternen und unseren Tests an offenen Sternhaufen in der Nähe der Sonne deuten die Daten nun zwingend darauf hin, dass die Gravitation Milgromianisch und nicht Newtonisch ist. Die Auswirkungen auf die gesamte Astrophysik sind immens.“ (tab)

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