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Lufthansa-Gruppe stellt Flugbetrieb auf Sinai ein

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Moskau - Nach dem Absturz eines Flugzeugs auf dem Sinai stellen die Fluggesellschaften der Lufthansa-Gruppe ihren Flugbetrieb auf der ägyptischen Halbinsel bis auf Weiteres ein.

Zwei wöchentlich geplante Flüge der Airlines Eurowings und Edelweiss in den Badeort Scharm el Scheich im Süden des Sinai würden ausgesetzt, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Beim weiteren Vorgehen werde sich die Lufthansa-Gruppe eng mit den Behörden abstimmen.

Gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und verschiedenen Reiseveranstaltern stimme sich der Konzern außerdem darüber ab, Rückflüge für deutsche Fluggäste zu organisieren, die sich bereits auf dem Sinai aufhalten. Schon seit dem vergangenen Wochenende umfliegen die Fluggesellschaften der Lufthansa-Gruppe ebenso wie andere Airlines den Sinai. Kairo wird den Angaben zufolge weiterhin angeflogen.

Bomben-Theorie "sehr wahrscheinlich"

Nach dem Absturz der russischen Passagiermaschine über dem Sinai halten London und Washington nunmehr eine Bombenexplosion als Ursache für wahrscheinlich. "Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass der Absturz durch einen Sprengsatz an Bord verursacht wurde", sagte der britische Außenminister Philipp Hammond am Mittwochabend in London. Ein US-Beamter in Washington äußerte sich ähnlich. Als Konsequenz setzten Großbritannien und Irland den Flugverkehr ihrer Linien mit dem ägyptischen Badeort Scharm el Scheich aus.

Hatten die Terroristen Helfer am Flughafen?

Der amerikanische Nachrichtensender CNN will von offiziellen US-Behörden außerdem erfahren haben, dass möglicherweise sogar das Flughafenpersonal von Scharm el Scheich geholfen haben soll, die Bombe an Bord zu schmuggeln.

Hammond äußerte sich nach einer Krisensitzung der Regierung in London. Zuvor hatte ein Sprecher von Premierminister David Cameron mitgeteilt, die Ermittlungen seien zwar noch nicht abgeschlossen, und die Absturzursache sei weiterhin unklar. Aber aufgrund neuer Informationen sei die britische Regierung in Sorge, "dass das Flugzeug durchaus von einem Sprengsatz zum Absturz gebracht worden sein könnte".

Flüge nach Scharm el Scheich ausgesetzt

Als "Vorsichtsmaßnahme" würden daher die Flüge zwischen Scharm el Scheich im Süden des Sinai und Großbritannien ausgesetzt. Britische Luftfahrtexperten seien auf dem Weg in den besonders bei britischen Touristen beliebten Badeort am Roten Meer, um die Sicherheitsmaßnahmen am dortigen Flughafen zu überprüfen. Nach dieser Prüfung werde entschieden, ob "weitere Maßnahmen" nötig seien, hieß es in London.

Die irischen Behörden folgten dieser Entscheidung und wiesen alle Fluglinien des Landes an, den Ort vorerst nicht mehr anzufliegen. Die französische Air France hatte bereits am Wochenende erklärt, dass ihre Maschinen die Sinai-Halbinsel bis auf Weiteres umfliegen werden.

Bomben-Theorie "sehr wahrscheinlich"

In Washington sagte ein ranghoher US-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP, die Hypothese von einer Bombe an Bord sei "sehr wahrscheinlich". Ähnlich äußerten sich US-Vertreter, die von den Nachrichtensendern CNN und NBC zitiert wurden. Die Maschine sei vermutlich "von einem Sprengsatz im Gepäck oder anderswo im Flugzeug" zum Absturz gebracht worden, sagte ein Geheimdienstvertreter CNN. Die Einschätzung stützt sich demnach auf Geheimdienstinformationen, die vor und nach dem Absturz gesammelt wurden

Unterdessen traf der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi in London ein, wo er im Laufe des Donnerstag mit Cameron zusammentreffen will. Bei dem Treffen soll es nach Angaben der britischen Regierung sowohl um die bilaterale Sicherheitszusammenarbeit als auch um den Absturz der russischen Airbus-Maschine gehen.

Der Airbus A321 war am Samstagmorgen kurz nach dem Start in Scharm el Scheich auf dem Weg nach St. Petersburg über der Sinai-Halbinsel abgestürzt. Alle 224 Insassen, zumeist russische Urlauber, starben. Nach Angaben russischer Ermittler brach die Chartermaschine der russischen Fluggesellschaft Kogalimawija, die unter dem Namen Metrojet fliegt, in der Luft auseinander.

Der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatte am Mittwoch erneut erklärt, er habe die Maschine zum Absturz gebracht. Ägyptische und russische Behörden bezweifeln die Version eines Abschusses. Sie weisen darauf hin, dass der IS auf der Sinai-Halbinsel nicht über Waffen verfüge, um eine in rund 9000 Metern Höhe fliegende Maschine abzuschießen.

Die Fluggesellschaft Metrojet hatte am Montag einen technischen Defekt ausgeschlossen und von einer "äußeren" Ursache für den Absturz gesprochen. Der Chef der russischen Luftfahrtbehörde, Alexander Neradko, hatte diese Darstellung jedoch als "voreilig" und unbegründet zurückgewiesen.

Der für die zivile Luftfahrt zuständige ägyptische Minister Mohammed Hossam Kamal teilte am Mittwoch mit, mittlerweile seien die Daten aus dem Flugschreiber der Maschine ausgelesen. Die Ermittler unterzögen diese nun einer "genauen Prüfung". Der Stimmenrekorder sei bei dem Absturz jedoch "teilweise beschädigt" worden. Es werde daher "viel Arbeit" kosten, diese Daten auszulesen, sagte der Minister.

9000 Briten sitzen in Scharm el Scheich fest

Nach dem Stopp aller Flüge zwischen Großbritannien und Scharm el Scheich sitzen nach Angaben des britischen Verbands der Reiseanbieter mindestens 9.000 Briten in der ägyptischen Urlaubsregion fest. Diese können aber voraussichtlich am Freitag heimfliegen. Es würden kurzfristige Sicherheitsmaßnehmen am Flughafen organisiert, sagte der britische Außenminister Philip Hammond am Donnerstag der BBC. Dazu gehöre, dass alles, was in die Maschinen gelange, durchleuchtet werde und die Flugzeuge selbst genau überprüft würden.

Diese Sonderkontrollen solle es so lange geben, wie es dauere, alle Urlauber nach Hause zu bringen, sagte Hammond. In einer zweiten Phase würden britische Experten mit den Ägyptern besprechen, wie man die Routinekontrollen an dem Flughafen verschärfen könne.

dpa/afp

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