Musik macht er in vielen Variationen und Konstellationen. Als Solokünstler, in Bands, als Chorleiter. Manchmal mit samischen Künstlern, manchmal mit Orchestern oder norwegischen Musikern. Doch: „Joik-Elemente kommen immer vor.“
So wie heute. Frode ist Gastmusiker bei der norwegischen Folk-Band Gras. Die Musiker proben für ihr Open-Air-Konzert – in der Ruine des Klosters Munkeby. Der Ort liegt in einer Senke, umgeben von Birken, wenige Kilometer von der Stadt Levanger entfernt. Im 12. Jahrhundert war hier das nördlichste Kloster der Erde. 1567 brannte die Anlage ab. Ein paar Mauerreste der Kirche stehen noch.
Zwischen ihnen ist die Bühne aufgebaut. Harfe, Trommeln, Gitarren darauf. Und, für Frode, ein E-Piano.
Jeanette Hoseth ist die Verbindung zwischen Frode und der Band. Sie ist die Lead-Sängerin von Gras und ehemalige Schülerin von Frode. Bei ihm hat sie die Grundlagen des Joikens gelernt.
Es ist eine Weile her, erzählt sie. „Beim ersten Kurstermin hat er mit einem Käsehobel ein Stück von einem Käse abgeschnitten“, es ihr hingehalten und gesagt: „Joik das.“
Frode lacht über die alte Geschichte. Ja, sagt er, „mit Joik lässt sich fast alles beschreiben“. Joik sei ohnehin eher Kommunikationsmittel als Bühnenmusik. Doch in den vergangenen Jahrzehnten habe sich viel geändert. „Samische Musiker möchten ihre Tradition in einer ähnlichen Weise teilen, wie andere Musiker es tun.“
In der Klosterruine wird es voll. Der Chor und die Tanzgruppe sind angekommen. Sie verteilen sich auf den Klappstühlen, auf denen übermorgen die Zuschauer sitzen werden.
Sie sind wie Frode Gast beim Gras-Konzert. Noch haben sie Zeit bis zu ihrem Auftritt. Bis dahin verfolgen sie die Proben. Die Musiker von Gras spielen ihre Songs, dazwischen tritt Frode auf. Er spielt Piano und joikt.
Als er endet, klatschen und pfeifen die Chormitglieder. Eine der Gras-Musikerinnen sagt: „Wir sind sehr froh, dass Frode dabei ist. Er hat die Kraft der Erde.“
Mit der samischen Tradition hatte er schon immer Kontakt – wegen der Familie väterlicherseits. Als Frode noch ein Kind war, besuchte er im Sommer die Verwandten in Røros, die dort als Rentierhirten lebten. Später arbeiteten seine Eltern, beide Lehrer, in Karasjok, dem Zentrum nordsamischer Kultur in Norwegen. „So habe ich die Kultur auf zwei Wegen kennengelernt.“
In meiner Familie war die Joik-Tradition fast verschwunden.
Über Joik habe er dennoch kaum etwas gewusst. „In meiner Familie war die Tradition fast verschwunden.“
Doch der Vater wechselt den Beruf, nimmt die Stelle als erster „Saemien Sijte“-Direktor in Snåsa an. „Dadurch hatte er Zugang zu dem Archiv-Material.“ Er zeigt seinem Sohn die Musik der Vorfahren.
Frodes erste Komposition mit Joik-Einflüssen entsteht Anfang der 90er. Eine Theatergruppe fragt, ob er die Musik für ein samisches Stück komponieren könne. „Dadurch war ich gezwungen, tiefer einzutauchen. Seither habe ich nicht mehr damit aufgehört.“
Als 2017 das 100-jährige Jubiläum des ersten internationalen Samen-Kongresses in Trondheim gefeiert wird, arrangiert Frode mit anderen Musikern das Festkonzert. Regelmäßig gestaltet er Chor-Auftritte, arbeitet an Projekten mit Samen-Künstlerinnen wie Mari Boine oder Marja Mortensson. Und als Disney eine Fortsetzung der „Eiskönigin“ macht, schreibt Frode ein weiteres Stück: „Reindeer Circle“.
Frode kommt von der Bühne. Sein Part ist vorbei. Er geht zum Parkplatz. „Der Campervan ist mein neuestes Projekt.“ Für das Levanger-Konzert ist er praktisch. Der eigentliche Plan ist aber, damit durchs Land zu reisen. „Meine Arbeit und die vielen Gemeinschaftsprojekte sind fantastisch, aber es kostet eine Menge Zeit.“ Das seit fünf Jahren geplante Solo-Album verschiebe sich immer weiter nach hinten, sagt Frode. Deswegen wolle er ab und zu raus, mit dem Camper durch die „Natur Norwegens reisen – und Inspiration finden.“ Für weitere Projekte.
„Ich kenne nichts anderes außer Musik“, sagt er. „Ich versuche weiterzumachen, solange es geht.“ Mit Solo-Projekten und mit Chorarbeit, in Bands und als Gesangslehrer. Es ist sein Weg, die samische Tradition fortzuführen. Birgitta Fossum hat für sich den der Wissenschaft gewählt, sucht als Archäologin in der Erde und als Museumsleiterin in Archiven. Sissel Stormo Holtan hat die Welt bereist, um zu erkennen, dass sie zu ihrer Rentierherde in den Bergen Trøndelags gehört. Es sind drei ganz unterschiedliche Menschen, die doch in eine Richtung gehen: Sie schreiben die Geschichte ihrer Vorfahren voller Stolz weiter. (Sabrina Dämon)
Diese Reportage ist im Rahmen des Projekts „Talents2Norway“ entstanden und auf Einladung von „Innovation Norway“ und „Trøndelag Reiseliv“.