Forschung meldet Durchbruch bei erneuerbaren Energien: Sauberer Strom aus der Luft
Ein Forschungsteam aus den USA macht eine Entdeckung, deren Weiterentwicklung sich lohnen dürfte: Ein dünner Film kann sauberen Strom aus der Luft gewinnen.
Amherst – In Zeiten des Klimawandels sind erneuerbare Energien ein wichtiges Thema. Doch die Stromproduktion durch Sonnenenergie oder Windkraft hat einen großen Nachteil: Strom wird nur dann hergestellt, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Ein Forschungsteam von der University of Massachusetts in Amherst hat nun jedoch eine Möglichkeit vorgestellt, die die Stromproduktion revolutionieren könnte.

Das Team um Xiaomeng Liu hat den sogenannten „generischen Air-gen-Effekt“ entdeckt. „Die Luft enthält eine enorme Menge an Elektrizität“, erklärt Co-Autor Jun Yao. „Denken Sie an eine Wolke, die nichts anderes ist als eine Menge von Wassertropfen. Jeder dieser Tropfen hat eine Ladung und wenn die Bedingungen stimmen, kann die Wolke einen Blitzschlag erzeugen“, so der Forscher weiter. „Wir wissen nicht, wie wir Energie aus Blitzen zuverlässig einfangen können. Wir haben jedoch eine kleine Wolke entwickelt, die für uns vorhersagbar und kontinuierlich Energie produziert, sodass wir diese ernten können“, erklärt Yao in einer Mitteilung seiner Universität.
US-Forscher können Strom aus der Luftfeuchtigkeit gewinnen
Bereits vor einigen Jahren hat das Team ein Gerät entwickelt, mit dem Energie aus der Luft gewonnen werden kann. Damals nutzten die Forscher dafür Protein-Nanodrähte, die vom Bakterium Geobacter sulfurreducens erzeugt wurden. In einer neuen Forschungsarbeit stellte das Team jedoch fest, dass das Bakterium gar nicht benötigt wird. „Nach der Entdeckung von Geobacter wurde uns klar, dass die Fähigkeit, Strom aus der Luft zu erzeugen, sehr allgemein ist: Jedes Material kann Strom aus der Luft gewinnen, solange es eine bestimmte Eigenschaft hat“, erläutert Yao.
Die Eigenschaft: „Es muss Löcher haben, die kleiner als 100 Nanometer sind, also weniger als ein Tausendstel der Breite eines menschlichen Haares“, betont der Forscher. Hintergrund ist ein Parameter, der als „mittlere freie Weglänge“ bezeichnet wird. Es handelt sich um die Strecke, die ein einzelnes Wassermolekül in der Luft zurücklegt, bevor es mit einem anderen einzelnen Molekül derselben Substanz zusammenstößt. Bei Wassermolekülen in der Luft beträgt diese etwa 100 Nanometer.
Dünner Film lädt Wassermoleküle in der Luft elektrisch auf
Auf Grundlage dieser Zahl entwickelte das Forschungsteam eine dünne Materialschicht, die mit Nanoporen gefüllt ist, die kleiner als 100 Nanometer sind. Dieser dünne Film lässt Wassermoleküle von oben nach unten durch – allerdings stoßen sie beim Passieren der dünnen Schicht leicht an den Rand der Pore. So wird der obere Teil des Films mit viel mehr ladungstragenden Wassermolekülen bombardiert als der untere Teil – ein Ladungsungleichgewicht wie in einer Wolke entsteht, da der obere Teil seine Ladung im Vergleich zum unteren Teil erhöht. Die Ladung könnte potenziell dazu genutzt werden, kleine Geräte mit Strom zu versorgen, oder den Strom in einer Batterie zu speichern.
„Die Idee ist einfach, aber sie wurde noch nie zuvor entdeckt und eröffnet eine Vielzahl von Möglichkeiten“, freut sich Yao. Die Strom-Erntemaschine könnte aus den verschiedensten Materialien hergestellt werden. „Man könnte sich Erntemaschinen aus einem Material für Regenwaldumgebungen und einem anderen für trockenere Regionen vorstellen“, so der Forscher. Da in der Luft immer Luftfeuchtigkeit vorhanden ist, könnte das Gerät rund um die Uhr laufen – bei jedem Wetter, tagsüber und nachts und unabhängig davon, ob Wind weht oder die Sonne scheint.
Entdeckung befindet sich noch in der frühen Phase
Noch befindet sich die Entdeckung des Forschungsteams in einer frühen Phase. Wie das Portal ScienceAlert berichtet, kann man in der Studie, die im Fachjournal Advanced Materials veröffentlicht wurde, nachlesen, dass ein Zellulose-Film, den das Team getestet hat, eine Spannung von 260 Millivolt erreicht – ein Smartphone oder Tablet benötigt in der Regel eine Spannung von 5 Volt. Das Forschungsteam geht jedoch davon aus, dass man aufgrund der geringen Dicke des Films viele tausend Schichten übereinander stapeln kann, um die Energiemenge zu vergrößern, ohne die Stellfläche des Geräts zu vergrößern.
„Stellen Sie sich eine zukünftige Welt vor, in der sauberer Strom überall verfügbar ist“, regt Yao zum Träumen an. „Der generische Air-gen-Effekt bedeutet, dass diese zukünftige Welt Wirklichkeit werden kann.“ Studienleiter Liu findet die Forschung „sehr aufregend. Wir öffnen eine Tür für die Gewinnung von sauberem Strom aus der Luft“. (tab)