Universum: Riesige Trümmerwolke umkreist Stern – Überrest eines heftigen Crashs

Forschende entdecken eine gigantische Trümmerwolke um einen jungen Stern. Sie muss bei einer gewaltigen Kollision entstanden sein.
Tucson – Das Universum ist unvorstellbar groß und voller brutaler Prozesse – schwarze Löcher kollidieren oder zerreißen Sterne, Asteroiden schlagen auf Planeten ein und Sterne „kämpfen“ miteinander. Auch unser Sonnensystem ist in einem brutalen Prozess entstanden: Um die Sonne kreiste eine sogenannte Akkretionsscheibe, in der sich Staub verklumpte und zu Planetesimalen wurde. Diese Planeten-Vorläufer zogen durch ihre Schwerkraft Material an und wurden so größer, kollidierten aber auch miteinander und zerbrachen wieder. Im Laufe der Zeit kristallisierten sich die vier Gesteinsplaneten Merkur*, Venus, Erde und Mars* heraus.
Unser Sonnensystem ist mittlerweile relativ ruhig, die Planeten ziehen zuverlässig ihre Bahnen um die Sonne, brutale Kollisionen gehören der Vergangenheit an. Doch anderswo im Universum finden solche Prozesse weiterhin statt und lassen neue Planetensysteme entstehen. Forschenden ist es nun erstmals gelungen, diesen Prozess der Planetenentstehung bei einem Stern zu beobachten, der 388 Lichtjahre von der Erde entfernt ist.
Universum: Trümmerwolke um Stern ist durch brutale Kollision entstanden
Der Stern HD 166191 ist zehn Millionen Jahre alt – verglichen mit unserer 4,6 Milliarden Jahre alten Sonne quasi noch ein „Baby“ – und in einem Alter, in dem sich oft Planetesimale um einen Stern bilden. Aus diesem Grund beobachteten die Forschenden den Stern mit dem Nasa-Weltraumteleskop „Spitzer“, das bis 2020 aktiv war. Zwar sind Planetesimale zu klein, um sie mit Teleskopen zu beobachten, doch die Staubwolken, die bei einem Zusammenstoß entstehen, konnten vom Infrarotteleskop „Spitzer“ bis zu seiner Deaktivierung wahrgenommen werden.
Und tatsächlich: Die Forschenden konnten die Trümmerwolke um den Stern nicht nur beobachten, sondern sogar ihre Größe bestimmen. Denn die Trümmerteile zogen vor dem Stern vorbei und blockierten für einige Zeit das Licht, das er ausstrahlte – ein sogenannter Transit, der von Forschenden in der Regel dazu genutzt wird, Exoplaneten zu finden, die um Sterne kreisen. Das Forschungsteam, das von Kate Su von der University of Arizona geleitet wurde, ging zunächst davon aus, dass die Trümmerwolke langgestreckt ist und ihre Fläche mindestens dreimal so groß ist wie der Stern. Doch die Infrarot-Daten von „Spitzer“ deuteten auf etwas anderes hin: offenbar zog nur ein kleiner Teil der Wolke vor dem Stern vorbei – die Gesamtmenge der Trümmer deckt eine Fläche ab, die hunderte Male größer ist als die des Sterns.
Weltraum: Zwei 500 Kilometer große Himmelskörper sind kollidiert
Anhand dieser Daten konnten die Forschenden schätzen, wie groß die Objekte sein mussten, die kollidiert waren, um die Trümmerwolke entstehen zu lassen: Wahrscheinlich handelte es sich um zwei Himmelskörper, die etwa die Größe des Asteroiden Vesta (ca. 500 Kilometer Durchmesser) hatten. Bei ihrer Kollision entstand genug Hitze und Energie, um einen Teil der Trümmer verdampfen zu lassen. Gleichzeitig stießen Fragmente mit anderen kleinen Objekten in der Umlaufbahn zusammen – es entstand eine Kettenreaktion, die noch mehr Staub und Trümmer verursachte. „Indem wir staubige Trümmerscheiben um junge Sterne betrachten, können wir im Wesentlichen in die Vergangenheit zurückblicken und die Prozesse sehen, die unser eigenes Sonnensystem geformt haben könnten“, erklärt Kate Su, Hauptautorin der Studie, die im Astrophysical Journal veröffentlicht wurde.
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Trümmerwolke im Weltall beobachtet: Forschende sind „Augenzeugen“
„Wenn wir mehr über den Ausgang von Kollisionen in diesen Systemen erfahren, können wir uns auch ein besseres Bild davon machen, wie häufig Gesteinsplaneten um andere Sterne entstehen“, betont Su. „Es gibt keinen Ersatz dafür, Augenzeuge eines Ereignisses zu sein“, ergänzt ihr Co-Autor George Rieke.
Auch wenn das „Spitzer“-Weltraumteleskop der Nasa* längst Geschichte ist, will das Team um Su den Stern und seine Umlaufbahn weiter beobachten. Dazu kommt unter anderem das Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie (SOFIA) zum Einsatz. Wie viele andere Astronominnen und Astronomen hofft auch das Team um Kate Su auf das „James Webb“-Weltraumteleskop von Nasa und Esa. Das Teleskop ist Ende 2021 gestartet und soll ab Sommer 2022 erste wissenschaftliche Daten zur Erde schicken. Su und ihr Team wollen mit „Webb“ vor allem die Mineralogie des Staubs untersuchen und dadurch neue Hinweise auf die physikalischen Bedingungen solcher großen Kollisionen erhalten. (tab) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.