Auf den Amarok folgt der Passat

Für den VW-Konzern ist die größte Rückrufaktion der Firmengeschichte angelaufen. Den Anfang machen 8000 Amarok-Pick-up-Trucks. Allein ihr Software-Update kostet Volkswagen eine halbe Million Euro.
Der VW-Konzern zahlt seinen Vertragswerkstätten für das Ausmerzen der illegalen Abgas-Software 60 Euro pro Fahrzeug. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von zuständiger Seite. Daran verdiene ein VW-Partner „praktisch nichts“, hieß es. Der Konzern gibt die reine Arbeitszeit für das Update der Diesel-Software mit einer halben Stunde an, für die Werkstatt kommen noch Dokumentation und Verwaltungsarbeit hinzu.
Zusätzlich zu den 60 Euro für das Update (ohne Mehrwertsteuer) können die Werkstätten bei Bedarf pauschal einen Hol-und-Bring-Service für die Autos der Kunden in Rechnung stellen oder – falls nötig – Kosten für einen Ersatzwagen. Ein Volkswagen-Sprecher wollte Details der Vergütung nicht kommentieren. Der Konzern und seine Händler bilden eine Schicksalsgemeinschaft, so sei das in der Branche überall.
Kosten für Rückrufe liegen üblicherweise immer unter den Sätzen anderer Werkstattarbeiten. VW hatte den größten Rückruf in der Konzerngeschichte am Mittwoch mit dem Pick-up-Truck Amarok begonnen – es geht dabei um deutschlandweit rund 8000 Wagen.
In einigen Wochen sollen erste Varianten des Passat folgen. Auch sie sind Teil der ersten Rückrufwelle für Dieselmodelle mit dem Motor EA189 in der Abgasnorm Euro 5 mit 2,0 Litern Hubraum. Später im Jahr folgen dann betroffene Motoren mit 1,2 und 1,6 Litern. Insgesamt müssen 2,5 Millionen Autos des Konzerns zur Nachbesserung, darunter auch die VW-Schwestermarken Audi, Seat, Skoda und VW-Nutzfahrzeuge.
Die Wolfsburger bekräftigten, „den Nachbesserungsprozess für unsere Kunden so angenehm wie möglich“ gestalten zu wollen. Dazu zähle auch auf Wunsch „die kostenfreie und angemessene Ersatzmobilität“. VW schreibt alle Halter nach und nach an. Die Autos sind trotz der verbotenen Software technisch fahrbereit und verkehrssicher. Die VW-Partner dürfen die Halteradressen behalten und später für Aktionen benutzen, etwa für Hinweise auf nahende Hauptuntersuchungen. Kunden können auf Wunsch dem Speichern ihrer Adresse widersprechen.
Schleppende Aufklärung
Volkswagen hält trotz des wachsenden Drucks an seinem Zeitplan zur Aufklärung des Abgas-Skandals fest. „Ist es denn so schwer zu akzeptieren, dass wir nach Aktienrecht verpflichtet sind, zur Hauptversammlung am 21. April einen Bericht abzugeben und dass es uns gar nicht möglich ist, vorher was zu sagen“, sagte Konzernchef Matthias Müller am Donnerstag in Stuttgart.
Besonders in den USA war zuletzt die Kritik lauter geworden, VW treibe die Aufklärung des Skandals nicht schnell genug voran. Erst zur Hauptversammlung will VW über die Verantwortlichen für die Manipulation von Millionen Diesel-Pkw informieren. Medienberichten, wonach ein größerer Kreis von Ingenieuren als bisher vermutet an der Manipulation der Motorensoftware beteiligt war, trat Müller entgegen. Die Informationen kämen von Quellen, die keine Ahnung von dem Ganzen hätten. Journalisten hätten sich das ausgedacht. Volkswagen hatte im September auf Druck der US-Umweltbehörde EPA zugegeben, bei weltweit elf Millionen Fahrzeugen eine Software zur Manipulation des Schadstoff-Ausstoßes eingesetzt zu haben. Dem Konzern drohen nun Milliardenstrafen, die Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wies Spekulationen über einen Stellenabbau zurück. „Da ist nichts dran“, sagte Weil. Es sei Ziel des Aufsichtsrats und aller Anteilseigner, die Stammbelegschaft zu halten. Ähnlich hatte sich zuletzt bereits ein VW-Sprecher geäußert. Ein Magazin hatte berichtet, um die angepeilte Produktivitätssteigerung zu erreichen, müssten bei VW Tausende Arbeitsplätze abgebaut werden.
Der Skandal belastet auch das Image der Kernmarke VW: Bei einer Umfrage von „auto motor und sport“ kam VW auf die Frage, welche Automarke im Trend liegt, nur noch auf 47 Prozent – 2015 waren es noch 75 Prozent. Die gerade angelaufene Rückrufaktion in Deutschland werde bei den Kunden viel verloren gegangenes Vertrauen wiederherstellen, behauptete Ministerpräsident Weil.
Müller hat Spaß
Trotz des öffentlichen Drucks bekundete Müller Freude an seinem Job. „Es ist anstrengend, es ist eine Herausforderung, aber klar macht das Spaß.“ Der VW-Chef war beim Besuch der US-Automesse in Detroit wegen einer Äußerung in einem Radiointerview in die Kritik geraten, wonach die illegale Abschalt-Software nur ein technisches, allerdings kein ethisches Problem sei.
(dpa,rtr)