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Bargeld-Abschaffung: „Vorbereitung auf Enteignung“

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Gerhard Grandke, hessischer Sparkassen-Präsident.
Gerhard Grandke, hessischer Sparkassen-Präsident. © Bernd Kammerer (Presse- und Wirtschaftsdienst)

Auch in Hessen und Thüringen leiden die Sparkassen unter den Minizinsen – ein wenig. Bargeld finden sie gut.

Mit scharfen Worten hat sich der Präsident des Sparkassenverbandes Hessen-Thüringen, Gerhard Grandke, gegen die Abschaffung des 500-Euro-Scheins ausgesprochen. Er halte Argumente, das könnte dem Kampf gegen Geldwäsche oder Terror-Finanzierung dienen, für vorgeschoben; die „hidden agenda (heimliche Motivation) hinter dem Spiel“ sei die Vorbereitung auf Negativzinsen. „Es fängt mit dem 500er an. Das ist nur der Einstieg, sozusagen die technische Vorbereitung dafür, dass die Leute enteignet werden können“, sagte der frühere SPD-Politiker. Die EZB diskutiert über die Abschaffung der größten Banknote, die EU prüft zudem Obergrenzen für Bargeld-Zahlungen. Bargeld sei ein Stück Freiheit – und ein Störfaktor beim Versuch, mit Strafzinsen die Kauflust zu stimulieren, konterte Grandke: „Wenn das etabliert wäre, ist das dann nur noch ein Knopfdruck.“ Für Sparkassen-Privatkunden schloss Grandke Strafzinsen aus, „solange es geht“; lediglich für institutionelle Investoren, die nicht Kunde seien und große Summen parken wollten, müsse das geprüft werden.

Kritisch äußerte sich der Sparkassen-Funktionär auch zur geplanten Fusion zwischen Deutscher Börse und London Stock Exchange (LSE). Problematisch sei vor allem, dass die Holding der Mega-Börse in der britischen Hauptstadt angesiedelt werden solle; im Vergleich dazu sei die Besetzung des Chefpostens weniger wichtig: „Die Struktur schlägt doch auf Dauer durch. Wenn auf Dauer der Sitz in London ist, dann wird auf Dauer das Geschäft von London aus bestimmt werden. Und das halte ich für den Finanzplatz Frankfurt für eine unsägliche Geschichte, dass das dorthin abwandert. Punkt.“

Die Helaba soll nach dem Willen ihres Mehrheitseigners die kriselnde HSH Nordbank nicht übernehmen: „Von der ganzen Fusionitis lasse ich mich nicht anstecken.“ Man beabsichtige nicht, zu einem der Hauptfinanzierer im Schiffsbereich zu werden, sagte Grandke: „Ich habe vom Vorstand der Helaba auf dieser Funkfrequenz auch nicht ein einziges Signal empfangen.“ Die 34 Sparkassen in Hessen und die 16 in Thüringen halten knapp 70 Prozent an der Helaba, die 2012 bereits Teile der WestLB geschluckt hatte. Die HSH leidet wie keine andere deutsche Bank unter der Schifffahrtskrise und muss laut EU-Vorgabe bis 2018 verkauft oder abgewickelt werden.

Bei Flüchtlings-Konten seien die Sparkassen „klarer Marktführer, weil wir uns im Gegensatz zu den anderen Bankengruppen nicht in die Büsche schlagen“. Die Privatbanken verschanzen sich laut Grandke hinter internationalen Regelungen zur Geldwäsche – „eigentlich wollen sie die Kundschaft nicht“, die zunächst erhebliche Kosten bedeute.

Provisionen statt Zinsen

Die Sparkassen in Hessen und Thüringen leiden bisher kaum unter dem Niedrigzins-Umfeld. Zwar sank im Vorjahr der Zinsüberschuss aller Institute minimal um 1,3 Prozent, ein Plus von 5,6 Prozent beim Provisionsüberschuss konnte das aber mehr als ausgleichen. Trotz gestiegener Kosten sank das Betriebsergebnis vor Bewertung nur leicht um 3,2 Prozent auf zusammen 1,11 Milliarden Euro. Nach Bewertung ergab sich durch Abschreibungen auf Wertpapiere ein Minus von 12,9 Prozent auf 1,07 Milliarden, obwohl neue Risikovorsorge für faule Kredite weiterhin nicht notwendig war. Die Eigenkapital-Rendite der Sparkassen lag zwischen 5 und 15 Prozent (durchschnittlich 9,6 Prozent), die Kernkapitalquote bei 12 bis 35 Prozent (im Schnitt bei 17,8 Prozent), die Kosten-Ertrags-Relation bei 75 bis 50 Prozent (im Schnitt 64,5 Prozent) – trotz der Schwankungsbreiten alles solide bis glänzende Werte. 13 der 50 Sparkassen schütteten 2015 Gewinne an die Träger aus.

Einlagen und Kreditbestand stiegen jeweils um 3,7 Prozent. Beim Kredit-Neugeschäft bedeutete das kräftige Zuwächse, vor allem bei Unternehmens- und Wohnimmobilienfinanzierungen.

Die Zukunft bleibt herausfordernd: „Die Sparkassen stellen sich schon darauf ein, dass wir noch eine längere Durststrecke haben werden“, sagte Grandke. Er glaubt nicht, dass die Zinsen bald wieder steigen werden. Bei den Kunden geht der Trend immer mehr zu kurzfristigen Geldanlagen – zwei Drittel der Einlagen sind bereits täglich fällig, so dass die Absicherung gegen Zinsänderungs-Risiken die Sparkassen schon heute mehr als 100 Millionen Euro im Jahr kostet. Der Druck auf das Betriebsergebnis werde sich weiter verstärken, fürchtet Grandke – auch durch Digitalisierung und Regulierung, die als Kostenblock vor allem auf kleinen Häusern lasten.

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