Wie die Deutsche Bahn das Land vernetzt: Über 33.000 Kilometer Schienen durch Deutschland

Die Deutsche Bahn profitiert vom Trend zum umweltbewussten und grünen Reisen. Immer mehr Deutsche entscheiden sich unterwegs für Bahnticket und Bahncard.
Frankfurt – Von insgesamt knapp 38.400 Kilometern Schienennetz in Deutschland betreibt die Deutsche Bahn nach Angaben des Verkehrsbündnis Allianz Pro Schiene aktuell über 85 Prozent und gilt damit traditionell als Platzhirsch im Nah- und Fernverkehr. In der Flotte von Konzerntöchtern wie DB Regio, DB Fernverkehr und DB Cargo werden jährlich nach Konzernangaben über eine Milliarde Kilometer zurückgelegt – also knapp 25.000 Mal am Äquator entlang rund um die Erde.
Die Vorläufer der Deutschen Bahn: Geschichte nach Fahrplan
Dass das Bahnnetz in Deutschland keine 200 Jahre später zu den am dichtesten aufgestellten Netzen Europas gehören würde, war in den Anfängen der Eisenbahn noch nicht abzusehen. Als erster Vorläufer der Deutschen Bahn startete die lokbetriebene Ludwigseisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth 1835 ein gutes Jahrzehnt nach den ersten Europäischen Personenzügen in Großbritannien nach dem Vorbild industriell genutzter erster Maschinen, etwa aus dem Bergbau.
Das erste Vorbild fand schnell Nachahmer. Private wie staatliche neue Bahnunternehmen bauten über die kommenden Jahre in vielen Regionen Bahnnetze und Strecken aus und konstruierten komplexe Brücken und Viadukte, von denen heute noch einige zu den Baudenkmälern der Kaiserzeit zählen - und von der Deutschen Bahn zum Teil noch immer betrieben werden. Privatbahnen wurden in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nach und nach verstaatlicht und als Länderbahnen weiterentwickelt.

Deutsche Bahn im Wandel der Zeit: Goldenes Zeitalter und Aufarbeitung
In der Zeit der Weimarer Republik wurde dann erstmals eine zentrale Deutsche Staatsbahn geschaffen, die die Verstaatlichung der Bahn auf die Spitze trieb. Die Deutschen Reichseisenbahnen nahmen im April 1920 nach Beschluss des damaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert und dessen Verkehrsminister Johannes Bell Fahrt auf und verfügten bald über das dichteste Bahnnetz der Welt, das Passagiere damals auf ersten Strecken des Fernverkehrs, etwa in 20 Stunden von Berlin nach München, beförderte.
Unter den Nationalsozialisten schrieb die Reichsbahn dann Negativrekorde. Millionen verschleppter Juden aus den heutigen Staatsgebieten Deutschlands, Österreichs und Tschechiens wurden auf alten Güterzügen eingepfercht und etwa in die Konzentrationslager Auschwitz und Theresienstadt gebracht. Ermittelt wurde in der Nachkriegszeit nur in wenigen Fällen und nur wenige der für die Holocaust-Transporte Verantwortlichen wurden verurteilt. Das führt dazu, dass die Deutsche Bahn auch in vergangenen Jahren immer wieder Untersuchungen über die Geschichte ihrer Vorgängerunternehmen einleitet und sich an Erinnerungsprojekten für die Opfer beteiligt.
Vom Staatsbetrieb zur Deutsche Bahn AG
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden die beiden direkten Vorgängerunternehmen der Deutschen Bahn: die Deutsche Bundesbahn in der Bundesrepublik und die Deutsche Reichsbahn der DDR, die nach der deutschen Teilung nur streng getrennt voneinander verkehrten. Laut Unternehmensangaben wurden nach 1949 fast 50 Bahnstrecken, die eine Verbindung zwischen Ost- und Westdeutschland herstellten, eingestellt und in Teilen zurück gebaut. Die Fahrgastzahlen und Bahnticket-Verkäufe gingen gerade in Westdeutschland in der Zeit des Wirtschaftswunders deutlich zurück. Schuld daran: Die große Konkurrenz durch den Trend zum eigenen Auto der Deutschen und erste innerdeutsche Kurzstreckenflüge.
1994 folgte nach der Wiedervereinigung die Entscheidung, die beiden getrennten Staatsbetriebe, die im Vorjahr Milliardenverluste eingefahren hatten, zu fusionieren und zu einer gemeinsamen Aktiengesellschaft zu machen. Die Deutsche Bahn AG wurde damit am 1. Januar 1994 ins Leben gerufen und ist bis heute im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland und damit dem Bund unterstellt. Und auch wenn das Netz der Deutschen Bahn inzwischen auch Privatanbietern und Konkurrenzunternehmen zur Verfügung steht, fahren die meisten Züge auf Deutschlands Schienen immer noch unter dem Logo der Deutschen Bahn.
Immer wieder Bahnstreik: Tarifpolitik der Deutschen Bahn
Da viele der über 300.000 Beschäftigten, von der Lokführerin über Zugführer bis zum technischen und Reinigungspersonal, in engagierten Gewerkschaften organisiert sind, kommt es im Streit um Tariflöhne regelmäßig zu Streiks und damit teils erheblichen Behinderungen im Bahnverkehr - im Nahverkehr, auf der Fernstrecke sowie beim Gütertransport. Der längste bisher andauernde Bahnstreik bei der Deutschen Bahn war ein Streik der Lokführergewerkschaft GDL, der im Mai 2015 den Schienenverkehr in Deutschland für fast eine Woche massiv einschränkte und damit auch für Staus auf Deutschlands Straßen sorgte.
Auch auf den Nahstrecken und bei den Beschäftigten der S-Bahnen in deutschen Innenstädten, die in die Zuständigkeit der Deutschen Bahn fallen, kommt es immer wieder zu Streiks. In der Öffentlichkeit wird die Tarifpolitik der Deutschen Bahn aufgrund solcher Vorkommnisse immer wieder schwer kritisiert. Gleichermaßen sorgen Streiks und Verspätungen zumindest bei Teilen der Gesellschaft dafür, dass doch lieber Autofahrten oder – zumindest bis zum Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 – teils günstigere Kurzstreckenflüge vorgezogen werden.
Nur wenige Zugunfälle in der Geschichte der Deutschen Bahn
Dabei ist die Bahn traditionell eines der sichersten Verkehrsmittel. Von rund 6.000 Verbindungen täglich kommen die meisten höchstens mit einigen Minuten Verspätung am Ziel an, die meisten Zugunfälle in Deutschland verlaufen glimpflich und sorgen in vielen Fällen, wenn überhaupt, regional für Schlagzeilen. Einige der schwersten Zugunglücke der vergangenen Jahrzehnte gab es in den 90er Jahren, etwa in Rüsselsheim, Northeim und Garmisch-Partenkirchen.

Ende der 90er Jahre ereignete sich im niedersächsischen Eschede bei Celle das schwerste Zugunglück der Nachkriegszeit und damit in der Geschichte der Deutschen Bahn. Nachdem sich bei einem Intercity-Express (ICE) in voller Fahrt ein Rad gelöst hatte und so eine Weiche beschädigt wurde, entgleiste der Zug und prallte gegen einen Brückenpfeiler. Bei dem Unglück starben 101 Menschen, 200 weitere wurden verletzt, davon 88 schwer.
Mehr Tempo bei der Deutschen Bahn: Mit moderner Technik in die Zukunft
Trotz des tragischen Unfalls, der bis zum heutigen Tag einzigartig bleibt, hat der ICE sich als wichtigster Zugtyp im Fernverkehr der Deutschen Bahn durchgesetzt. Der erste ICE schrieb mit seiner Jungfernfahrt im Mai 1991 Bahngeschichte. Über 200 und bis zu 300 Stundenkilometern erreicht der Schnellzug inzwischen auf innerdeutschen Strecken. Die Modelle, die im Fernverkehr die französische Grenze passieren, nach Paris oder Lyon, sind sogar stellenweise mit bis zu 320 km/h unterwegs. Schon die erste Generation der Hochgeschwindigkeitszüge verkürzte die Reisedauer deutlich. Heute sind auf mehreren Strecken mehrmals täglich sogenannte ICE-Sprinter im Einsatz, etwa zwischen Berlin und München, Hamburg und Köln, oder Frankfurt und Kiel.
Jahr | Reisende in Zügen der Deutschen Bahn (in Mrd.) |
---|---|
2005 | 1,785 |
2010 | 1,950 |
2015 | 2,215 |
2019 | 2,603 |
2020 (Corona-Jahr) | 1,499 |
Zu den modernen Herausforderungen der Deutschen Bahn zählen heute die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung. Ein Trend zum umweltschonenden und nachhaltigen Reisen im Fern- und Nahverkehr hatte der Deutschen Bahn zuletzt Auftrieb bei den Fahrgastzahlen (siehe Tabelle, offizielle Unternehmenszahlen) verschafft. Diesen Fortschritt gilt es für das Unternehmen im 21. Jahrhundert dieses Jahrtausends nun auszubauen und sich dabei technisch stetig weiterzuentwickeln – so wie bei vielen Meilensteinen in der fast 200-jährigen Geschichte des Bahnreisens.