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Frankfurt trauert, Paris feiert: Reaktionen auf Entscheidung zum künftigen EBA-Standort

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Von: Thomas Baumgartner

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In Frankfurts Finanzzentrum herrscht nach der Entscheidung Regenwetterstimmung.
In Frankfurts Finanzzentrum herrscht nach der Entscheidung Regenwetterstimmung. © Frank Rumpenhorst (dpa)

Bedauern herrscht am Finanzplatz Frankfurt nach der Niederlage im Ringen um den Standort der Europäischen Bankenaufsicht EBA. Ganz anders sieht die Reaktion in Frankreich aus.

An Deutschlands wichtigstem Finanzplatz ist das Bedauern groß, dass Frankfurt bei der Wahl des künftigen Standort der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) nicht zum Zuge kam.

Mit der Entscheidung für Paris habe die EU die Chance ungenutzt gelassen, die Aufsichtsstrukturen räumlich zu konzentrieren und so effizienter zu machen, kritisierte der Präsident der IHK Frankfurt, Mathias Müller: „Natürlich hätten wir uns aus standortpolitischen Erwägungen ein anderes Ergebnis gewünscht, zumal wir als kontinentaleuropäischer Finanzplatz Nummer eins alle rationalen Argumente auf unserer Seite hatten.“ Es sei bedauerlich, dass diese beim Vergabeverfahren offenbar eine allenfalls untergeordnete Rolle gespielt hätten: „Am Ende ging es, wie leider so oft im politischen Europa, offenbar mehr um die Frage des Proporzes und weniger um die Entscheidung für die beste Lösung.“

Viele Überschneidungen

Gerhard Hofmann, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), sagte ebenfalls: „Mit der Entscheidung für Paris vergibt die EU eine Chance, die EBA räumlich näher an die Aufsichtsfunktion der Europäischen Zentralbank zu bringen. Angesichts zahlreicher Überschneidungen sowie der Bedeutung als Banken- und Finanzplatz wäre Frankfurt sehr gut geeignet gewesen.“ Ähnlich äußerte sich der DSGV, der Spitzenverband der Sparkassen: „Aufgrund der Nähe zur EZB, der Versicherungsbehörde Eiopa und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken wäre Frankfurt ein hervorragender Standort für die EBA gewesen“, sagte Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSGV.

Beobachter fürchten nun, dass nach der Entscheidung für Paris als EBA-Sitz mittelfristig auch die bei der EZB angesiedelte Aufsicht über die großen Banken der Euro-Zone dorthin umziehen könnte. „Wenn die EZB-Bankenaufsicht mit der EBA in Paris zusammengelegt wird, würde das den Finanzplatz Frankfurt erheblich schwächen“, warnte ein deutscher Banker.

Dagegen meinte der Finanzvorstand der Helaba, Detlef Hosemann: „Ich hatte gar nicht erwartet, dass die EBA nach Frankfurt kommt. Zwar hätte einiges dafür gesprochen, aber ein Anlass zur Trauer ist die Entscheidung nicht.“

Schon heute zähle Frankfurt „als Standort zahlreicher internationaler Banken sowie der EZB zu den führenden internationalen Finanzzentren. Durch den Brexit wird die Stadt als Finanzplatz noch weiter an Bedeutung gewinnen, ganz unabhängig von der Entscheidung“, sagte Hans-Walter Peters, Präsident des Bankenverbandes und Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Privatbank Berenberg.

„Anerkennung“

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und sein Stellvertreter, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), hatten ebenfalls festgestellt: „Der Finanzplatz Frankfurt wird auch ohne EBA nach dem Brexit der bedeutendste Finanzplatz auf dem europäischen Kontinent sein.“ Al-Wazir bedauerte: „Wir hatten sehr gute sachliche Argumente. Eins konnten und wollten wir aber – anders als einige Mitbewerber – nicht anbieten: mietfreie Büroräume für die EBA. Es ist schade, dass die Entscheidung am Ende offenkundig auch von solchen Faktoren abhing.“

In Paris dagegen herrschte Feierstimmung. „Das ist eine Anerkennung für die Attraktivität und das Engagement Frankreichs für Europa“, twitterte Präsident Emmanuel Macron.

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