1. Startseite
  2. Wirtschaft

Fraport: Charme-Offensive für Billigflieger

Kommentare

Fraport-Chef Stefan Schulte geht neuerdings auf die Billigflieger zu.
Fraport-Chef Stefan Schulte geht neuerdings auf die Billigflieger zu. © Boris Roessler (dpa)

Fraport-Chef Schulte kündigt einen Strategiewechsel an: Er will dem sich ändernden Luftverkehrsgeschäft Rechnung tragen und wirbt um Billigflieger. Sogar Rabatte stellt er in Aussicht. Die Abhängigkeit vom Großkunden Lufthansa soll schwinden.

Fraport-Chef Stefan Schulte will schnell wachsende Billigfluglinien wie Ryanair, Easyjet und die Lufthansa-Tochter Eurowings an den größten Flughafen in Deutschland locken. „Ich gehe davon aus, dass wir im nächsten halben Jahr erste Ergebnisse präsentieren werden“, sagt Schulte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Die Gespräche liefen, doch könne er noch nichts konkretes sagen. Einen Lieblingskandidaten habe er nicht. „Wir sind offen, wenn Eurowings von hier fliegen will. Wir sind genauso offen für andere Billig-Airlines.“

Für den börsennotierten Konzern mit 21 000 Mitarbeitern ist die Charmeoffensive bei den sogenannten „Low Cost Carriern“ ein Strategiewechsel. „Wir waren da lange sehr zurückhaltend. Langfristig werden wir um den Markt nicht herumkommen.“

An dem Flughafen kommen Billigflieger derzeit auf einen Anteil von vier Prozent, an anderen Drehkreuzen seien es 20 Prozent bis 30 Prozent. „Daran kann man die Entwicklung ablesen, die wir in Frankfurt in den nächsten fünf bis zehn Jahren erwarten.“ Gleichzeitig werde auch das Kerngeschäft mit traditionellen Netzwerk-Airlines weiter entwickelt.

Ryanair und Easyjet fehlen

Derzeit haben nur wenige Günstigfluglinien den Rhein-Main-Flughafen im Programm. Bekannteste Vertreter sind die spanische Vueling, die nach Barcelona fliegt, und die isländische Wow Air. Große Namen wie Ryanair oder Easyjet fehlen auf den Abflugtafeln der beiden Terminals aber. Um hier aufzuholen, plane Fraport finanzielle Anreize für Fluglinien, sagt Schulte. „Der Markt hat sich gewandelt, es gibt kaum noch Flughäfen, die Airlines, die neue Verbindungen aufnehmen, nicht mit besonderen Anreizen locken.“

Jede neue Strecke sei für eine Fluglinie ein Risiko. Wichtig sei, dass die Rabatte zeitlich begrenzt und transparent vergeben werden. „Versteckte Subventionen wird es bei uns nicht geben.“ Neben den Gebühren zählten noch andere Faktoren. „Es geht diesen Airlines insbesondere um die Frage, wie schnell sie ihre Flugzeuge abfertigen können“, sagt der 56-jährige. In Frankfurt sei das in 30 Minuten machbar. Andererseits sei „FRA“ als Abflugort für Passagiere viel attraktiver als Klein-Airports wie Hahn im Hunsrück oder Weeze bei Düsseldorf. „Günstig-Airlines haben bei uns zwar höhere Kosten, dafür aber auch höhere Erlöse.“

Mit dem Vorstoß will der seit sieben Jahren amtierende Vorstandschef die Abhängigkeit vom Großkunden Lufthansa lösen, der mehr als 60 Prozent der Passagiere stellt. Zudem durchlebt der viertgrößte Flughafen in Europa ein schwieriges Jahr. Aufgrund der terroristischen Anschläge in einigen Ländern wird die Passagierzahl in Frankfurt erstmals seit sieben Jahren sinken. Voriges Jahr waren es noch 61 Millionen. Mittlerweile gebe es aber erst Anzeichen für eine Erholung bei Fluggästen aus Fernost, allerdings nicht bei den umsatzstarken Gruppenreisen, sagt Schulte.

Terminal 3 notwendig

Trotz des Gegenwinds gibt sich der Manager, der seine Karriere vor 25 Jahren bei der Deutschen Bank begann, zuversichtlich. „Im Grundsatz sind alle Wachstumstrends intakt.“ Weltweit wachse der Luftverkehr um bis zu fünf Prozent pro Jahr, in Europa seien es eher drei Prozent. Deshalb sei der dritte Flughafen-Terminal, der gerade gebaut werde, langfristig notwendig.

Einbruch in Antalya

Schwierig ist auch das Geschäft am Tochterflughafen Antalya. Nach Anschlägen in der Türkei und politischen Unruhen meiden Urlauber den ansonsten sehr beliebten Badeort. Über das ganze Jahr gesehen dürften die Passagierzahlen in Antalya um 35 Prozent einbrechen, sagt Schulte. Doch gebe es Lichtblicke: „In der Türkei sehen wir nach der Aufhebung der Sanktionen eine Wiederkehr der Urlauber aus Russland.“ In diesem Jahr dürften noch mindestens eine halbe Millionen russische Touristen an dem Flughafen eintreffen. „Deutsche und Europäer werden sich mehr Zeit lassen, nach meiner Einschätzung dürfte das bis zu zwei, drei Jahren dauern, um das Niveau der vorigen Jahre zu erreichen.“ Der Airport werde dieses Jahr wegen der Urlauberflaute in die roten Zahlen rutschen.

Fraport erzielt mittlerweile 38 Prozent des Konzernergebnisses im Ausland. Weitere Mehrheitsbeteiligungen sind die Airports in der peruanischen Hauptstadt Lima, Ljubljana in Slowenien sowie zwei Flughäfen in Bulgarien. Zum Jahresende übernehmen die Frankfurter nach langer Zitterpartie auch offiziell 14 Ferien-Flughäfen in Griechenland.

Auch interessant

Kommentare