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Fraport kennt keine Grenzen

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Von: Panagiotis Koutoumanos

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Mit dem Geschäftsverlauf ist Vorstandschef Schulte sehr zufrieden. Aber die neuerliche Diskussion um das Nachtflugverbot nervt ihn.
Mit dem Geschäftsverlauf ist Vorstandschef Schulte sehr zufrieden. Aber die neuerliche Diskussion um das Nachtflugverbot nervt ihn. © Boris Roessler (dpa)

Der Frankfurter Flughafen boomt. Noch stärker und profitabler wächst derzeit sogar das Auslandsgeschäft der Fraport AG, das mittelfristig wohl genauso viel Gewinn abwerfen wird wie der Heimatstandort. Besser könnte es für Fraport-Chef Stefan Schulte also kaum laufen – wären da nicht die leidigen Diskussionen um das Nachtflugverbot.

Nach acht Jahren an der Spitze der Fraport AG kann Vorstandschef Stefan Schulte nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringen: Wirkte der gebürtige Wuppertaler zu Beginn seiner Amtszeit noch recht unsicher, zeigt sich der 57-Jährige heute sehr locker und sehr souverän. Es sei denn, er sieht den Flughafen in der Fluglärm-Diskussion ungerecht behandelt. Dann kann Schulte auch schon mal der Kragen platzen. So wie gestern: „Ich bin ziemlich genervt von diesem Thema“, stieß der Fraport-Chef aus, als er mit dem angeblichen Verstoß von Ryanair gegen das Nachtflugverbot konfrontiert wurde: „Gegen das Nachtflugverbot wurde nicht verstoßen“, stellte Schulte klar, „laut Planfeststellungsbeschluss sind zwischen 23Uhr und Mitternacht durchschnittlich 7,5 verspätete Landungen erlaubt. Derzeit sind es im Schnitt nur 1,5.“ Im übrigen seien die jüngsten Verspätungen der irischen Billigfluggesellschaft nicht in deren Flugplan einkalkuliert, wie häufig behauptet. Vielmehr sei die wesentliche Ursache im Umlauf der Flugzeuge zu suchen, also etwa in Verspätungen an vorgelagerten Flughäfen.

Abflüsse gestoppt

Mit einem teils kräftigen Gebühren-Nachlass, der bei den etablierten Fraport-Kunden wie Lufthansa oder Condor mächtigen Ärger ausgelöst hatte, war es Schulte gelungen, Ryanair an das größte deutsche Drehkreuz zu holen. „Und diese Entscheidung war goldrichtig“, so Schulte. Jahrelang hätten Flughäfen wie Stuttgart und Köln/Bonn mit stärkerer Präsenz von Low-cost-Airlines potenzielle Kunden vom Frankfurter Flughafen abgezogen. „Dieser Trend ist nun gestoppt.“ Allerdings betrug der Marktanteil der Billigflieger im abgelaufenen Sommergeschäft nur mickrige 2,8 Prozent. Und auf mehr als vier Prozent dürfte er auch im Winterflugplan nicht gestiegen sein – aktuelle Daten hat Fraport noch nicht.

Soll heißen: Seinen derzeitigen Boom hat der Frankfurter Flughafen in erster Linie den etablierten Airlines zu verdanken. Vor allem getrieben von der guten Weltkonjunktur, ist die Zahl der Passagiere bis Ende Oktober um 4,8 Prozent gestiegen. Ein solch kräftiges Wachstum hat Frankfurt in diesem Jahrzehnt noch nicht erlebt. „Das bedeutet, dass wir zum Jahresende leicht über dem Fünf-Prozent-Zuwachs liegen werden, den wir vorausgesagt haben“, so Schulte. Das wären dann mehr als 64 Millionen Gäste. Und Schulte geht nach eigener Aussage fest davon aus, dass das Wachstum 2018 anhalten wird – auf dann 67 Millionen Passagiere.

Gewinn steigt kräftig

Natürlich hat das höhere Passagieraufkommen in Frankfurt in den ersten neun Monaten dazu beigetragen, dass Umsatz und Gewinn des Fraport-Konzerns gestiegen sind – zumal die meisten Passagiere am Flughafen auch einkaufen und viele auch ihr Auto für die Dauer der Reise dort parken. Hinzu kommt, dass der Flughafen-Betreiber zum 1. Januar die Flughafen-Entgelte in Frankfurt angehobenen hatte und auch noch weitere Grundstücke auf dem Mönchshofgelände verkauft hat.

So stiegen die Gesamterlöse um 13,7 Prozent auf 2,228 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kletterte um 19,4 Prozent auf 807,7 Millionen Euro, von denen unterm Strich 342,3 Millionen Euro übrig blieben. Allerdings hat der Heimatstandort deutlich weniger zum Umsatz- und Gewinnanstieg beigetragen, als das Passagierwachstum vermuten lässt. Und das liegt nicht nur an den höheren Tarifgehältern hierzulande oder den Abfindungen, die der Konzern derzeit zahlt, um ältere Mitarbeiter bei den verlustreichen Bodenverkehrsdiensten zum Ausstieg zu bewegen.

Asiaten knausern

Zurückzuführen ist das relativ geringe Erlös- und Ergebniswachstum Frankfurts vor allem auf den Umstand, dass die zusätzlichen Passagiere weniger Geld bringen als früher. Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig: So gehen die wachsenden Passagierzahlen kaum noch mit einem Anstieg der Starts und Landungen einher – vielmehr ist es den Airlines gelungen, die Auslastung der Flieger zu erhöhen. Dadurch steigen die Flughafen-Entgelte nicht mehr so stark. Die gleiche Wirkung hat das sinkende Gewicht der Flugzeuge. Außerdem geben die Passagiere am Frankfurter Flughafen insgesamt weniger aus. Laut Finanzvorstand Zieschang zeigen sich besonders die asiatischen Fluggäste nicht mehr so spendabel; zudem habe der Anteil der Flüge zu den Urlaubsdestinationen am Mittelmeer zugenommen, deren Passagiere durchweg wenig Geld ausgeben. Und dann drücken auch noch die Rabatte, die der Flughafen-Betreiber seit Jahresbeginn den Airlines gewährt, damit diese neue Destinationen und zusätzliche Passagiere nach Frankfurt bringen.

Griechen glänzen

So ist von Januar bis September das Auslandsgeschäft zum größten Umsatz- und Gewinntreiber im Fraport-Konzern avanciert: Das Gros des Erlös-Zuwachses und fast der gesamte Ebitda-Anstieg entfallen auf die Airports jenseits der deutschen Grenzen. Die Folge: Der Anteil des Auslandsgeschäfts ist von 23 auf 34 Prozent gestiegen. Dazu beigetragen haben vor allem die insgesamt 14 griechischen Flughäfen, deren Betrieb die Frankfurter im April übernommen haben: Bei einem Umsatz von 180 Millionen Euro erwirtschafteten sie ein stolzes Ebitda von 106 Millionen Euro.

Äußerst zufrieden zeigte sich der Finanzchef auch mit der Entwicklung im türkischen Antalya. Vor allem russische Urlauber kehren in Scharen in die Türkei zurück. Hatte der Flughafen Antalya den Frankfurtern 2016 noch einen Verlust eingebrockt, geht Zieschang für 2017 nun von einem Gewinnbeitrag von bis zu 30 Millionen Euro aus, der sich im Nettoergebnis widerspiegeln wird.

Seine Konzerngewinn-Ziele für dieses Jahr hat der Vorstand indes nicht heraufgesetzt: Weiterhin erwartet er ein Anstieg des Ebitda auf bis zu einer Milliarde Euro und einen Nettogewinn von bis zu 350 Millionen Euro. Zieschang begründete dies vor allem mit den diesjährigen Anlaufkosten für die brasilianischen Flughäfen Fortaleza und Porto Alegre, deren Betrieb Fraport 2018 übernimmt. Dann werden die beiden Flughäfen laut Zieschang voraussichtlich 50 Millionen Euro zum Konzern-Ebitda beitragen, so dass der Anteil des Auslandsgeschäfts am gesamten Betriebsergebnis weiter steigen wird: auf rund 40 Prozent. Wird das Ausland mittelfristig sogar die Hälfte zum Betriebsergebnis beitragen? Davon geht Zieschang nach eigener Aussage aus. Die nächste Airport-Beteiligung haben die Frankfurer schon im Visier: den zu privatisierenden Flughafen Sofia in Bulgarien.

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