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Zu groß, nicht zu stark

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Von: Thomas Baumgartner

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So weit ist es mit dem nach Bilanzsumme einst größten Kreditinstitut der Welt gekommen: Die Deutsche Bank muss 2015 abermals Milliardenbelastungen wegstecken, weil Rechtsstreitigkeiten und Restrukturierungen

So weit ist es mit dem nach Bilanzsumme einst größten Kreditinstitut der Welt gekommen: Die Deutsche Bank muss 2015 abermals Milliardenbelastungen wegstecken, weil Rechtsstreitigkeiten und Restrukturierungen kein Ende nehmen und überhöhte Firmenwerte in der Bilanz stehen. Im laufenden Jahr dürfte es kaum besser werden. Die Aktie sackt immer weiter ab, an der Börse ist die Bank nur noch 22,3 Milliarden Euro wert, Dividenden gibt es ohnehin nicht mehr. John Cryan muss sich bei der Jahrespressekonferenz bereits fragen lassen, ob das Institut mittlerweile zum Übernahme-Kandidaten geworden ist.

Die Vermutung entkräften kann er nicht etwa mit eigenen Stärken, die eine feindliche Übernahme verhindern würden, sondern bestenfalls durch das Argument der eigenen Größe (bzw. der Größe der Risiken in der Bilanz): Die Regulierer würden erschrecken bei solch einer riskanten Kombination zweier Branchengrößen, führt er an. „Too big to fail“ (was eigentlich bedeutet: zu groß für eine Pleite) umgedeutet zu: So groß, uns verdauen zu können, ist keiner. Vertrauenserweckend klingt das nicht.

Vereinzelt wird bereits Kritik laut, Cryan dürfte die Bank nicht ständig schlechtreden, sondern müsse auch wieder eine Vision für künftige Gewinne liefern. Der Brite kontert trocken, das sei sehr schwierig bei fast sieben Milliarden Verlust. Er gibt immerhin zu, auch er wünsche sich einen höheren Aktienkurs. Der sei nämlich ein Indikator für den Zustand des Unternehmens (was unbestritten ist) und erhöhe die Motivation der Mitarbeiter (was beim aktuellen Niveau kaum der Fall sein dürfte, da viele Führungskräfte einen Teil ihrer Boni in Aktien bekommen). Erst ein erfolgreicher Umbau werde den Kurs wieder nach oben treiben: „Wir sollten nicht versuchen, den Aktienkurs zu managen, wir sollten versuchen, die Bank zu managen.“

In der spielen die Investmentbanker – die für die meisten Altlasten verantwortlich zeichnen – immer noch eine zu wichtige Rolle. Dass der umgebaute Vorstand nun viele Risiken (zum Beispiel in Russland) nicht mehr tragen möchte, bremst die operativen Erträge dieses Geschäftsbereichs, während sich zuletzt Privatkundensparte und Zahlungsverkehr stabil entwickelten. Auf die Stärke dieser Traditionsbereiche muss die Deutsche Bank künftig bauen. Und falls sich angesichts zusammengestrichener Boni Söldner im Investmentbanking abwerben lassen, dann sollte man sie ziehen lassen, statt über Halteprämien oder ähnliches nachzudenken. Das mag im Einzelfall zum Verlust von Kunden und Geschäften führen, ist aber alternativlos.

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