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„Überheblich“: Tütensuppen-Hersteller Knorr vor dem Aus - Hunderte Arbeitsplätze bedroht

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Von: Patrick Freiwah

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Knorr - eine deutsche Traditionsmarke steht vor dem Aus.
Knorr - eine deutsche Traditionsmarke steht vor dem Aus. © picture alliance/dpa / Sebastian Gollnow

Der bekannte Suppenhersteller Knorr ist von der Schließung bedroht. Ist der Mutterkonzern schuld? Auch ein Streit mit dem Handelsunternehmen Kaufland könnte eine große Rolle spielen.

Heilbronn - Aufruhr in der Region um die nördlich von Stuttgart gelegene Stadt mit ihren über 100.000 Einwohnern: Der große Konzern Unilever, zu dem die Marke Knorr seit dem Jahr 2000 gehört, gab bekannt, dass an dem Hauptsitz ein „radikaler Umbau“ benötigt wird. Die Maßnahmen würden erforderlich, um auf die immensen Kostenprobleme der durch die Fertigung von Tütensuppen und Gewürzmischungen bekannten Marke zu reagieren.

Das Entsetzen in der baden-württembergischen Stadt ist groß: Der Betriebsratschef spricht gegenüber der Heilbronner Stimme von insgesamt etwa 700 Mitarbeitern, die inklusive Logistik und kleinerer Segmente in Heilbronn beschäftigt sind. Thilo Fischer erläutert weiter: „Heilbronn ist Knorr-Gründungsstandort. Für die Stadt Heilbronn und die Region wäre ein Aus unseres Werks ein enormer Rückschlag.“

Knorr Heilbronn: Kaufland verbannte Unilever-Produkte aus dem Sortiment

In fast zwei Jahrhunderten hat sich der Name Knorr zu einer heimischen Institution entwickelt: 1838 hatte Carl Heinrich Theodor Knorr in Heilbronn sein „Specereiwaaren-Geschäft“ eröffnet. Das ging lange Zeit gut - heutzutage ist das Geschäft mit den sogenannten Trockenprodukten allerdings stark rückläufig. 

Darüber hinaus steht die Frage im Raum, welche Rolle bei dem wirtschaftlichen Niedergang der Streit mit der Handelskette Kaufland spielt: Das Unternehmen mit Sitz im benachbarten Neckarsulm hatte nach einer Auseinandersetzung über den Preis Ende 2018 sämtliche Produkte des Konzerns Unilever - und damit auch Knorr - aus dem Sortiment verbannt.

Das Management des niederländisch-britischen Unternehmens hatte bei einer Beschäftigtenversammlung bereits klargemacht, dass ein Stellenabbau nicht auszuschließen sei. Wie die Heilbronner Stimme berichtet, sei dort das Ziel formuliert worden, dass etwa 25 Prozent der Kosten gesenkt werden müssten, um den Standort überlebensfähig zu halten. Auch Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel äußerte sich bei einer Betriebsversammlung zum möglichen Aus des Knorr-Werks, wie echo24.de* berichtet.

Traditionsmarke Knorr: Unilever erwägt „sukzessive Schließung“

Meldungen wonach konkret von einer Schließung des Werks die Rede gewesen sei, weist Unilever bis dato (noch) zurück. Äußerungen aus dem Konzern verheißen jedoch nichts Gutes: Betriebsratschef Fischer sagte, Unilever-Produktionschef Marc Engel habe darauf hingewiesen, dass er aktuell kaum eine Zukunftschance für das Knorr-Werk in Heilbronn sehe. Es sei durchaus von einer „sukzessiven Schließung“ die Rede gewesen.

Mitarbeiter, Betroffene und Menschen aus der Region lassen im Internet ihrem Ärger über die Bedrohung der zahlreichen Arbeitsplätze freien Lauf. In entsprechenden Kommentaren zum Beispiel auf Facebook sieht sich der globale Handelskonzern Unilever großer Kritik ausgesetzt: "Wer etwas anderes von Unilever erwartet hatte, nach den ganzen Taten der vergangenen Jahre, der ist leider weltfremd", schreibt ein Nutzer. Andere Menschen werfen dem Mutterkonzern Arroganz und Überheblichkeit vor. 

Im Zentrum der Kritik steht der Umstand, dass es bei dem börsennotierten Konzern ausschließlich um Profit gehe und „die Aktionäre den Hals einfach nicht voll bekommen können“. Eine Entwicklung, die in der Tat bereits länger abzusehen war.

Video: „Überheblich“: Bekannter deutscher Suppenhersteller vor dem Aus - Hunderte Arbeitsplätze bedroht

Knorr-Schließung wohl in Q1 2020

Wie es für das Knorr-Werk Heilbronn in Zukunft weitergeht, darüber wird mutmaßlich im ersten Quartal 2020 mehr Gewissheit herrschen. „Wir haben bewusst keine genaue Deadline genannt, aber wir haben gesagt, dass relativ großer Handlungsdruck besteht.“ Die Werksleitung, der Betriebsrat sowie Belegschafts- und Gewerkschaftsvertreter müssten sich nun zusammensetzen und Lösungswege aufzeigen. Fest steht: Den Mitarbeitern des Traditionsunternehmens steht eine unruhige Winterzeit bevor. 

Thilo Fischer appelliert an den Konsumgüterkonzern, verschiedene in der Vergangenheit an externe Dienstleister ausgelagerte Produktionsteile zurück nach Heilbronn zu befördern, damit das Werk wieder kosteneffizient arbeiten kann. Dem SWR teilte Fischer mit, der Knorr-Standort strotze vor Know-how, aber: „Jedes Gramm, das wir verlieren, macht uns natürlich teurer.“

Lesen Sie auch: Auch einem bekannten Automobilzulieferer aus der Region machen massive Umbrüche in seiner Branche zu schaffen: An zwei Standorten in Baden-Württemberg fallen demnächst etwa 1600 Arbeitsplätze weg.

PF

*echo24.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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