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Lufthansa strotzt dank hoher Ticketpreise vor Kraft

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Konzern erzielt im Frühjahr Rekordergebnis - Aktionäre sollen für 2023 Dividende erhalten

Von Panagiotis Koutoumanos

Frankfurt. Die weltweit immer noch ungebrochene Reiselust, die sich in der Zeit der Corona-Pandemie aufgestaut hatte, gibt auch dem Lufthansa-Konzern kräftigen Auftrieb. Zumal besonders die Privatreisenden bereit sind, deutlich mehr für ihre Flüge zu zahlen als früher - zur großen Freude der Lufthansa-Führung: „Ich kann Ihnen heute das finanziell beste zweite Quartal unserer Unternehmensgeschichte präsentieren“, verkündete Vorstandschef Carsten Spohr am Donnerstag im Gespräch mit Journalisten. Und damit meinte Spohr nicht nur, dass das Unternehmen von April bis Juni einen Rekordgewinn eingeflogen hat. Vielmehr hat die Lufthansa-Group dank der deutlich erhöhten Ticketpreise auch einen neuen Bestwert bei der Gewinnmarge erzielt. Denn während der Umsatz im Frühjahr um 17 Prozent auf 9,39 Milliarden Euro gestiegen ist, hat der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebit) um stolze 177 Prozent zugelegt. Das Betriebsergebnis hat sich also fast verdreifacht, auf 1,09 Milliarden Euro. Heißt: Die Gewinnmarge ist auf 11,6 Prozent gestiegen. Der Nettogewinn hat sich von April bis Juni sogar mehr als verdreifacht, auf 881 Millionen Euro. Damit hat das vergangene Quartal das zweite Quartal 2017 als Spitzenreiter bei Ertrag und Ertragskraft abgelöst.

„2023 wird wohl drittbestes Jahr unserer Geschichte“

Und der Steigflug hält offenkundig an: Das Lufthansa-Management hatte schon im Mai einen „Reise-Boom im Sommer“ angekündigt und für das gesamte Jahr 2023 „einen neuen Rekord bei den Verkehrserlösen“ vorausgesagt. Diese Erwartung hat sich bestätigt. „In unseren Vorausbuchungen sehen wie keinen Abriss“, sagte Spohr.

Zugleich steigen die Ticketpreise - gemessen an den Durchschnittserlösen - weiter. Haben die Durchschnittserlöse im zweiten Quartal schon satte 24,7 Prozent über dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 gelegen, werden sie nach gestrigen Angaben von Lufthansa-Finanzvorstand Remco Steenbergen im laufenden dritten Quartal wohl mehr als 25 Prozent über dem Vorkrisen-Niveau liegen. Dabei sind die Preise für die Fernflüge noch stärker gestiegen als die Preise auf der Kurz- und Mittelstrecke, wo Billigflieger wie Ryanair harte Konkurrenz bereiten.

„Wir blicken so optimistisch wie selten zuvor in die Zukunft“, sagte Spohr. „Die Ticketpreise werden bleiben, wo sie sind.“ Und diese Zuversicht schlägt sich auch in der neuen Gewinnprognose für 2023 nieder: Der Vorstand erwartet nun für das Gesamtjahr ein Ebit von 2,6 Milliarden Euro. „Damit wird das Ergebnis voraussichtlich eines der drei besten in der Geschichte der Lufthansa sein“, resümierte Steenbergen. Den bislang höchsten Gewinn hat der Konzern im Jahr 2017 erzielt, mit einem Ebit von 2,97 Milliarden Euro. Das zweitbeste Ergebnis hat mit 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2018 in den Büchern gestanden.

Hatten im vergangenen Jahr vor allem die Rekordgewinne der Fracht-Sparte Lufthansa Cargo und der Wartungstochter Lufthansa Technik den Konzern zurück in die Gewinnzone gehievt, sind es nun die Passagier-Airlines, die den Konzerngewinn in die Höhe treiben. Getragen von den hohe Durchschnittserlösen haben sie im zweiten Quartal alle schwarze Zahlen geschrieben. Nach den ersten sechs Monaten dieses Jahres weisen nur die Eurowings und die kleinere Brussels Airlines noch Verluste aus. Im gesamten Jahr 2023 sollen aber auch sie nach Aussage von Spohr Gewinne ausweisen - neben der deutschen Kernmarke Lufthansa, der Ertragsperle Swiss und Austrian Airlines.

Spohr verteidigt hohe Preise

Sie alle profitieren nicht nur von der gestiegenen Nachfrage, sondern auch von der vorsichtigen Kapazitätsplanung des Managements im Passagiergeschäft. Im zweiten Quartal entsprachen die angebotenen Kapazitäten laut Vorstand 83 Prozent des Niveaus von 2019. Für das Gesamtjahr 2023 sagte Spohr gestern eine durchschnittliche Kapazität von 85 Prozent voraus. Zuvor hatte der Vorstand eine Aufstockung des Angebots auf 85 bis 90 Prozent in Aussicht gestellt. Den Vorwurf, dass die Konzernführung das Angebot künstlich verknappe, wies der Vorstandschef gestern zurück: „Das kann nicht stehen lassen. Wir planen die Kapazitäten, wie wir es immer schon getan haben: Je nachdem was wir glauben vermarkten zu können, zu einer guten Qualität“, sagte Spohr. Das Management habe Puffer in den Flugplänen eingerichtet, um Verspätungen und Flugausfälle möglichst gering zu halten. „Davon abgesehen, haben wir in den Jahren der Pandemie Milliarden verloren, die es nun aufzuholen gilt“, räumte Spohr ein.

Darüber freuen werden sich die Aktionäre des MDax-Konzerns. Angesichts des Gewinnschubs versprach Steenbergen gestern, den Anteilseignern im kommenden Jahr endlich wieder eine Dividende zu zahlen. Wie hoch diese ausfallen wird, sei aber noch nicht entschieden, hieß es. Die Lufthansa hatte angekündigt, 20 bis 40 Prozent des Nettogewinns ausschütten - bereinigt um einmalige Gewinne und Verluste.

Die Aktionäre sind drei Jahre in Folge leer ausgegangen. Und das obwohl der Konzern 2022 immerhin einen Gewinn von 0,66 Euro pro Aktie erwirtschaftet und einen bereinigten free Cashflow (freie Bargeldmittel) von 2,53 Milliarden Euro erzielt hatte. Geld für ein Dividende wäre also genug da gewesen. Aber der Vorstand wollte das Geld lieber in den weiteren Schuldenabbau und neue Flugzeuge stecken. Der Konzern will jährlich mehr als zwei Milliarden Euro in die Modernisierung seiner Flotte investieren - und diese aus eigener Kraft finanzieren, sprich aus dem operativen Cashflow (Bargeld-Mittelzufluss). Im vergangenen Jahr war das schon gelungen. Und auch im ersten Halbjahr hat der Konzern die um rund ein Drittel auf 1,77 Milliarden Euro gestiegenen Investitionen aus dem Cashflow finanzieren können, der sich auf 3,1 Milliarden Euro belief. Zugleich ist die Nettoverschuldung weiter gesunken, von 6,9 auf 5,9 Milliarden Euro. Damit ist sie nun geringer als im Vorkrisen-Jahr 2019.

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