Marke VW fasst langsam Tritt

Im Schatten der Abgas-Affäre findet die wichtige, aber renditeschwache Kernmarke VW-Pkw zurück in die Spur. Davon profitiert der gesamte Konzern.
Volkswagen kann den Dieselskandal dank erster Erfolge beim Umbau der Hauptmarke VW immer besser verkraften. Der Sanierungsexperte Herbert Diess, der seit einem Jahr die Wolfsburger Konzerntochter führt und schon mit dem Betriebsrat zusammengerasselt ist, kommt nach Meinung von Experten beim Umsteuern voran. Volkswagen selbst führte das bessere Abschneiden seiner Hauptmarke am Donnerstag auf die Erholung des Automarktes in Europa, eine Wiederbelebung des Großkundengeschäfts sowie Einsparungen zurück, bezifferte diese aber nicht. „Wir haben unter schwierigen Bedingungen ein solides Ergebnis erwirtschaftet“, erklärte Finanzvorstand Frank Witter. „Die Maßnahmen fruchten langsam“, sagte Frank Schwope von der NordLB.
Die Hausmarke um Golf und Passat erreichte im zweiten Quartal des laufenden Jahres 808 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit). Das entsprach einer operativen Rendite von 2,9 Prozent. Damit schnitt die Kernmarke deutlich besser ab als zu Jahresanfang. Damals blieben mickrige 0,3 Prozent Betriebsgewinn vom Umsatz hängen, Ende 2015 hatte sogar ein Verlust zu Buche gestanden. „Mit der jetzt erreichten Marge ist VW zurück auf dem Niveau der Profitabilität von 2013“, sagte Arndt Ellinghorst vom Londoner Analysehaus Evercore ISI. VW müsse sich allerdings noch deutlich verbessern, um zur Konkurrenz aufzuschließen. „Peugeot und Renault sind in dem Bereich fünf bis sechs Prozent. Sogar Fiat ist profitabler als die Marke VW“, fügte Ellinghorst hinzu.
Konzerngewinn steigt
Der Konzern profitierte vom besseren Abschneiden seiner einstigen Problemtochter. Der Betriebsgewinn vor Sondereinflüssen kletterte im zweiten Quartal um ein Fünftel auf 4,4 Milliarden Euro. Dies zeige, dass der Konzern über eine robuste Ertragskraft verfüge, sagte Witter. „Um aber die hohen Belastungen der Dieselthematik aufzufangen, werden weiter enorme Kraftanstrengungen notwendig sein.“
Der Konzernumsatz stieg im abgelaufenen Quartal um rund zwei Prozent auf knapp 57 Milliarden Euro. Abzüglich Sondereinflüssen sowie weiterer Rückstellungen halbierte sich das Ergebnis fast auf 1,9 Milliarden Euro. Insgesamt verbuchte Volkswagen Sonderlasten von 2,2 Milliarden Euro. Davon waren 1,6 Milliarden Euro weitere Rückstellungen wegen des Dieselskandals. Den größten Teil davon trägt die Tochter VW. Weitere 400 Millionen Euro legte Volkswagen für eine mögliche EU-Kartellstrafe gegen die Lkw-Tochter Scania zurück. Zudem sorgte Volkswagen für weitere Rückrufe defekter Airbags des japanischen Herstellers Takata vor, von dessen Problemen fast die ganze Branche erfasst ist. Volkswagen hatte seine Rückstellungen zuvor bereits auf 16,2 Milliarden Euro aufgestockt, um die Lasten der Abgas-Krise zu schultern. Davon wird ein großer Teil von dem Vergleich mit Behörden und Hunderten Privatklägern in den USA verschlungen, für den das Bezirksgericht in San Francisco jüngst vorläufig grünes Licht gegeben hat.
Verlass ist weiter auf den wichtigsten Markt China: Anteilig aus den Gemeinschaftsunternehmen dort verbuchte der Konzern per Juni 2,37 Milliarden Euro vor Zinsen und Steuern (Ebit). Allerdings: Mitte vergangenen Jahres waren in China noch rund 2,74 Milliarden Euro zusammengekommen.
Audi schwächelt
Bei Europas Branchenprimus drückt neben der Kernmarke auch die Tochter Audi auf die Profitabilität. Der Ingolstädter Autobauer erzielte im zweiten Quartal eine operative Gewinnmarge (Ebit) von 8,7 Prozent nach 9,8 Prozent vor einem Jahr. Bei der von der Diesel-Krise besonders getroffenen Marke VW blieben vom Umsatz 2,9 Prozent als operativer Gewinn hängen – also 2,90 Euro pro 100 Euro Umsatz. Vor einem Jahr waren es 3,30 Euro gewesen. Porsche als Ertragsperle legte im Jahresvergleich von 16,2 auf 16,8 Prozent zu.
Für seine Autoverkäufe ist der Konzern trotz Diesel-Krise wieder etwas optimistischer. Er erwartet für 2016 nun leicht steigende Auslieferungszahlen. Zuvor hatte sich der Konzern nur einen Wert auf dem Vorjahresniveau als Zielmarke gesetzt. Im ersten Halbjahr hatte VW mit 5,1 Millionen verkauften Fahrzeugen weltweit ein Plus von 1,5 Prozent erzielt.
(rtr,dpa)