Middelhoff muss in den Knast

Thomas Middelhoff zählte einst zu den einflussreichsten Managern Deutschlands. Nun ist er ein rechtskräftig verurteilter Straftäter – und muss möglicherweise bald wieder ins Gefängnis.
Der ehemalige Spitzenmanager Thomas Middelhoff muss sich auf einen baldigen Antritt seiner Haftstrafe einstellen. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte eine Verurteilung Middelhoffs durch das Landgericht Essen zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren für rechtskräftig. Die gegen das Urteil gerichtete Revision Middelhoffs sei verworfen worden, teilte das Gericht gestern mit. Middelhoffs Anwälte nannten die Entscheidung enttäuschend. Ihr Mandant sei an einer Autoimmunkrankheit erkrankt und bedürfe einer engmaschigen ärztlichen Betreuung. Es müsse „eingehend und sorgfältig geprüft werden“, ob der 62-Jährige seine Freiheitsstrafe antreten könne.
Die Staatsanwaltschaft Bochum ist nun für die Vollstreckung des Urteils zuständig. „Wir warten jetzt auf die Akten des BGH“, sagte eine Sprecherin. Wenn diese eingetroffen seien, gehe der Fall Middelhoff an einen Rechtspfleger, der über den Haftantritt entscheide. „Das geht seinen normalen gesetzlichen Verlauf – wie bei jedem anderen auch“, unterstrich die Sprecherin.
Auf Kaution frei
Middelhoff war am 14. November 2014 wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung in drei Fällen vom Landgericht Essen zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Er war damals wegen Fluchtgefahr sofort in Untersuchungshaft genommen worden, kam aber im April 2015 nach der Zahlung einer Kaution von 895 000 Euro wieder frei.
Das Essener Gericht hatte es in seinem Urteil als erwiesen angesehen, dass Middelhoff in seiner Zeit als Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor unter anderem Privatflüge mit Charterjets über das Unternehmen abgerechnet und seinem ehemaligen Arbeitgeber insgesamt einen Schaden von rund einer halben Million Euro zugefügt hat. Zwischen 2005 und 2009 soll er rein private Reisen über seinen Konzern abgerechnet haben. Da Middelhoff wegen einer Baustelle am Kamener Kreuz nicht im Stau stehen wollte, ließ er sich mindestens 28-mal per Hubschrauber von seinem Wohnsitz in die Firma fliegen. Insgesamt habe er so für Charterflüge, Hotels und Limousinenservice 310 000 Euro ausgegeben. Weitere 180 000 Euro soll eine Festschrift für seinen Mentor gekostet haben. Der Vorwurf der Steuerhinterziehung hängt mit diesen Ausgaben zusammen. Middelhoff hatte die Vorwürfe stets bestritten. Die rund fünfmonatige Untersuchungshaft wird ihm der Staatsanwaltschaft Bochum zufolge nun auf die Haftstrafe angerechnet.
Privatinsolvenz
Middelhoff war in der Vergangenheit einer der mächtigsten Manager Deutschlands. Unter anderem stand er von November 1998 bis Juli 2002 an der Spitze des Medienriesen Bertelsmann, für den er mit Kauf und Weiterverkauf von AOL-Anteilen Milliarden verdiente, bevor er im Streit um den möglichen Börsengang der RTL-Mutter gehen musste. Seit Mitte 2004 amtierte er als Arcandor-Chef, den angeschlagenen Karstadt-Mutterkonzern versuchte er unter anderem durch Immobilien-Verkäufe zu sanieren. Doch kurz nach seinem Ausscheiden schlitterte der Konzern im Jahr 2009 in die Pleite, eine ganze Reihe von Prozessen und juristischen Auseinandersetzungen waren die Folge, auch für die Privatbank Sal. Oppenheim büßte in Folge der Insolvenz ihre Unabhängigkeit ein.
Middelhoff hatte seine Kaution nicht selbst stellen können, der ehemals viele Millionen Euro schwere Ex-Spitzenmanager mit Motoryacht und Wohnsitz an der Côte d’Azur musste 2015 Privatinsolvenz anmelden.
(rtr,red)