Seriosität ist Trumpf

Die Nassauische Sparkasse (Naspa) hat sich in den zurückliegenden Jahren runderneuert und steht heute wieder sehr gut da. Welche Strategie Hessens zweitgrößte Sparkasse in Zeiten von Niedrigzins und hoher Regulierung verfolgt, ob das Filialsterben ein Naturgesetz ist und wie es mit dem Bargeld weitergeht, hat der Wirtschaftschef dieser Zeitung, Michael Balk, mit Naspa-Privatkundenvorstand Andreas Fabich besprochen. Das Interview:
Beim jüngsten Anlageberatungstest der Stiftung Warentest hat die Naspa zusammen mit zwei weiteren Instituten die Bestnote „Gut“ erhalten. Welche Bedeutung hat das Ergebnis für die Sparkasse?
Wir haben uns sehr darüber gefreut. Ein solches Prädikat von der Stiftung Warentest ist sicher das beste, das in Deutschland zu haben ist. Es war eine Bestätigung für uns, dass die Privatkunden-Strategie, die wir gewählt haben, unterm Strich die richtige ist. Die Mitarbeiter waren glücklich, denn sie haben das tolle Ergebnis ja abgeliefert.
Wie läuft ein solcher Test ab?
Es beginnt mit einer telefonischen Terminanfrage für eine Anlageberatung. Der Anrufer gibt sich nicht als Tester zu erkennen. Bei uns hat die Stiftung Warentest insgesamt sieben verschiedene Standorte getestet. Die Testpersonen sind inzwischen so gut geschult, dass sie von Kunden nicht mehr zu unterscheiden sind. Irgendwann flattert ein Schreiben ins Haus, das über das Ergebnis informiert. Da war bei uns die Freude riesengroß.
Ist der Test-Sieg Zufall?
Nein. Wir haben uns vor einiger Zeit darauf verständigt, die Qualität unserer Anlageberatung stetig weiter zu erhöhen. Die Naspa hat dazu die Technik aufgerüstet, so dass die Berater den Kunden auch fundierte Vermögens-Analysen erstellen können. Unsere Berater wurden intensiv geschult. Damit haben wir erreicht, die Beratungsqualität in unseren Filialen vom Westerwald bis nach Frankfurt auf ein einheitlich hohes Niveau zu heben. Seriosität und Integrität bei der Anlageberatung wird eines der wichtigsten Themen der Finanzbranche in den nächsten zwanzig Jahren. Es sind heute im Internet viele dubiose Angebote eingestellt, die zum Beispiel zum Kauf von Teakholz oder zu einer Denkmal AfA raten.
Das sind Anlagen, vor denen ich nur warnen kann. Ich bin zuletzt auf eine Schweizer Holz-Anlage gestoßen, die abenteuerliche zwölf Prozent Rendite versprochen hat. Das ist unfassbar. Eigentlich gehören solche Offerten wie Zigarettenschachteln mit einem Aufdruck „Achtung – zu gefährlich!“ etikettiert.
„German Pellets“ hat Insolvenz angemeldet. Viele Anleger, die Anleihen gezeichnet haben, werden am Ende Geld verlieren . . .
Es ist schon erstaunlich, dass es auf dem grauen Kapitalmarkt noch so viel Bewegungsfreiheit gibt. Reguläre Banken und Sparkassen werden heute so stark reguliert und überwacht, das da nichts mehr anbrennen kann.
Wettbewerber?
Vor der Finanzkrise 2008 waren die Direktbanken unsere härtesten Rivalen. Da tobte ein Kampf um die beste Zinsanlage. Das hat sich aber gewandelt. Im Moment ist Seriosität Trumpf. Davon profitieren die Sparkassen. Da wird der Slogan ’Wenn’s ums Geld geht – Sparkasse’ wieder mit Leben gefüllt. Kunden wissen die Ansprechpartner vor Ort wieder mehr zu schätzen. Die Sparkasse ist heute wieder ’en vogue’, erste Adresse für Privatkunden.
Wie wirkt sich die Digitalisierung unserer Welt auf das Sparkassengeschäft aus?
Das ist die Herausforderung, der wir uns aktuell gegenübersehen. Wir müssen den realen Vertrieb in der Fläche mit dem digitalen Geschäft verbinden. Unsere klassischen Kunden kommen noch über den stationären Weg zu uns. Aber jüngere Menschen nutzen verstärkt den digitalen Zugang. Sie informieren sich im Internet beispielsweise über einen Ratenkredit, schließen teilweise direkt ab oder kommen in unsere Beratungs-Center zum Vertragsabschluss. Ich behaupte, wenn die stationären Banken den digitalen Weg mit anbieten, dann werden sie erfolgreich bleiben. Dann brauchen wir keine Online-Banken.
Kunden sind bequem
Die Deutsche Bank ist in einer schweren Krise. Profitiert die Sparkasse davon?
Bankkunden sind eher bequem. Es gibt Einzelfälle, aber eine massenhafte Flucht ist nicht zu sehen.
Wo gewinnen Sie Neukunden?
Wir haben regen Zulauf im Finanzierungsgeschäft, da sind wir erste Adresse. Auch bei der Vermögensanlage werden wir – bedingt durch den Rückzug der Privatbanken – wieder interessant. Heißt: Wir gewinnen über alle Segmente hinweg Kunden. Und: Derzeit kommen sehr viele Flüchtlinge zu uns, um ein Konto zu eröffnen. Als Sparkasse haben wir einen öffentlichen Auftrag. Wir helfen gerne mit, in diesem Bereich Strukturen aufzubauen, die der Integration dienen. Das ist das beste Kundengewinnungsprogramm der letzten Jahre. Wir gehen davon aus, dass viele hier bleiben und sich etablieren. Langfristig profitieren wir sicher davon.
Was erwarten die Kunden in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase bei der Geldanlage?
Sicherheit steht da an vorderster Stelle. Viele trauen der 100 000-Euro-Einlagegarantie im Ausland nicht. Renten werden von der EZB aufgesaugt, spielen für Privatleute keine Rolle mehr. Daher gehen sie in die Liquidität – und dort wird Nullverzinsung mittlerweile akzeptiert. Das Tagesgeldkonto der Naspa wird mit 0,05 Prozent verzinst, die Sparkarte mit 0,10 Prozent.
Müssen Naspa-Kunden demnächst für ihre Ersparnisse draufzahlen? Stichwort Negativzins.
Wir sagen klar: Negativzins wäre für Privatkunden kein gutes Signal. Das führt nur dazu, dass der Kunde Bargeld abhebt und daheim im Schrank verstaut. Die Risiken steigen. Auch im Firmenkunden-Geschäft lassen wir die Finger davon.
Wie beurteilen Sie die Geldpolitik der EZB: Eher Fluch oder Segen?
Die Geldpolitik der EZB hat mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Sie birgt große Risiken, vor allem bei der Altersvorsorge. Die Zentralbanken sollten sich wieder der Geldwertstabilität verschreiben und nicht als Erfüllungsgehilfe der Politik agieren. Ich würde mir in der EZB eine Rückkehr zur Denkweise der alten Bundesbank wünschen, die Präsident Weidmann verkörpert. Ich erhoffe mir eine Rückkehr zur Normalität und einen mutigen Schritt, in diesen guten konjunkturellen Zeiten die Zinswende in Europa einzuleiten. Die USA haben den ersten Schritt gemacht. Doch keine andere Notenbank traut sich, hinterher zu laufen. Das bremst auch die US-Notenbank Fed.
Extra-Gebühr für Bargeld
Ist eine Bargeld-Obergrenze sinnvoll?
Ob es bei der Kriminalitätsbekämpfung etwas bringt, kann ich schwer einschätzen. Ich bin aber überzeugt, dass Bargeld- gegenüber bequemeren Kartenzahlungen abnehmen werden. Der Umgang mit Bargeld wird in Zukunft teurer werden. Ich kann mir vorstellen, dass der Handel irgendwann eine Extra-Gebühr bei Barzahlung fordert.
Mit der Abschaffung kleiner Cent-Münzen wird in Kleve experimentiert. Dort wird gerundet.
Mit dieser Überlegung kann ich mich anfreunden. Gerade auch unter dem Kostenaspekt für den Handel. Kleine Münzen verursachen doch die höchsten Kosten.
Die Zahl der Filialen schrumpft bundesweit. Wie geht die Naspa mit ihrem Filialnetz um?
Wir haben einen Plan erstellt, wie wir unser Filialnetz bis 2020 aufbauen wollen. In der Fläche verfolgen wir die Strategie, unsere Standorte dort zu konzentrieren, wo die Menschen einkaufen. Auch die Naspa muss die Kosten im Blick behalten. Wir können nicht mehr in jedem Ort vertreten sein. Um auch den Einsatz von Personal zu optimieren, setzten wir verstärkt auf technische Lösungen wie Ein- und Auszahlautomaten. Das heißt, dass der Mitarbeiter vor Ort keinen Zugang zu den Kassenbeständen mehr hat. So können wir Standorte mit einem Mitarbeiter statt bisher zwei Mitarbeitern unterhalten. Filialen dieser neuen Generation haben wir etwa in Kronberg oder in Waldbrunn eingerichtet. Das senkt die Kosten in der Fläche. Wir haben am Ende zwar weniger Standorte, aber wir haben nicht weniger Kundenfrequenz. Wir bleiben in der Region, und die Kunden erreichen uns auch weiterhin.
(ba)