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Dank Subventionen baut Taiwans-Chip-Riese Fabrik in Dresden - aber produziert nur alte Technik

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TSMC ist Weltmarktführer für besonders fortschrittliche Chips- © Jakub Porzycki/IMAGO

Taiwans Chip-Riese TSMC baut nun fast sicher eine Fabrik in Dresden. Der Haken: Die Technik, die Deutschland mit viel Geld anlockt, ist veraltet.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn China.Table am 25. Mai 2023.

Dresden – Der taiwanische Halbleiterhersteller TSMC spricht erstmals offen über seine geplante Investition in Dresden. Das Vorhaben mache gute Fortschritte, sagte der Senior Vice President für Business Development, Kevin Zhang, in Amsterdam vor Journalisten. Die endgültige Entscheidung falle im August auf einer Vorstandssitzung.

Die EU und Deutschland werben heftig um den Marktführer für fortschrittliche Chips. Gerade die Autoindustrie drängt darauf, die überlebenswichtigen Komponenten wieder innerhalb der EU herzustellen. Das ist auch wichtiger Baustein für das „De-Risking“, das derzeit die China-Debatte beherrscht. Ein Konflikt um oder mit China soll nicht die komplette Industrie lahmlegen. Der Hauptstandort von TSMC in Hsinchu ist potenziell von einem chinesischen Griff nach Taiwan bedroht.

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Mikrochips: Subventionen versüßen Standort Deutschland

Ein TSMC-Standort in Dresden ist schon länger im Gespräch. Das taiwanische Unternehmen geht bereits mit neuen Fabriken in die USA und nach Japan – ebenfalls auf Wunsch der dortigen Regierungen. Jetzt ist Europa dran. Das Unternehmen konnte daher bei den Subventionen hoch pokern. Es hat gute Argumente dafür, dass der Staat einen Anreiz für die Investition setzen sollte:

Dem Vernehmen nach erhält TSMC drei bis vier Milliarden Euro vom Staat, das ist knapp die Hälfte der Kosten des Projekts von rund zehn Milliarden Euro. Als örtliche Partner sind der Halbleiterspezialist Infineon sowie der Autozulieferer Bosch im Gespräch. Die Zusammenarbeit mit nationalen Champions ist üblich. In Japan sind der Technikkonzern Sony und der Autozulieferer Denso mit im Boot.

Weltweites Förder-Wettrennen bei Chips

Die höheren Kosten in Deutschland rechtfertigen zum Teil die Subventionen. Doch zugleich sind sie Ausdruck eines weltweiten Subventionswettlaufs. China selbst macht derzeit eine Billion Yuan (130 Milliarden Euro) für den Halbleitersektor locker. Alle großen Volkswirtschaften handeln derzeit ähnlich: Sie wollen oder müssen sich von den anderen unabhängiger machen.

China steht besonders unter Druck, schließlich schneiden die USA das Land effektiv vom Zugriff auf Halbleiter-Hochtechnik ab. Europa agiert hektisch unter dem Schockeindruck der Russland-Abhängigkeit nach dem Einmarsch in die Ukraine, doch die Idee einer Halbleiter-Ansiedlung entstand schon lange vorher. Die USA wenden 1,5 Billionen Dollar für den „Chips and Science Act“ auf, der Technologien in die Heimat zurückholen soll. Es fließen weltweit ungeheure Summen von den Steuerzahlern in die Halbleiterindustrie.

Milliarden aus dem Chips Act der EU

Europa sieht nun die Gefahr, dass subventioniert hergestellte Halbleiter aus China dankbar von den Kunden genommen werden. Chinesische Staatsbetriebe könnten so die europäische Konkurrenz verdrängen und unentbehrlich werden.

Die EU-Kommission steuert dem unter anderem mit ihrem Chips Act entgegen, der Anreize für Halbleiterfertigung setzt. Die EU will ihren Anteil an der weltweiten Halbleiterherstellung bis 2030 von derzeit neun Prozent auf 20 Prozent mehr als verdoppeln. Unter dem Chips Act mobilisiert sie dafür 43 Milliarden Euro. TSMC will wohl Mittel aus dem Programm abrufen.

TSMC kommt mit plumpen Chips

Die neue Chipfabrik in Dresden ist aus Sicht der deutschen Industrie sehr willkommen, doch TSMC bietet Europa hier mitnichten die aktuellste Technik. Aller Wahrscheinlichkeit nach baut das Unternehmen eine Fabrik für Halbleitergenerationen, wie sie um das Jahr 2010 herum aktuell waren. Konkret handelt es sich um Chips mit Strukturbreiten um 28 Nanometer.

Die technische Grenze, an die nur TSMC heranreicht, liegt zurzeit jedoch bei drei Nanometern, aktuelle High-End-Anwendungen auf dem Markt nutzen Chips mit Strukturgrößen zwischen vier und sieben Nanometern. Je kleiner die Zahl, desto schneller, stromsparender und kühler laufen die Chips. Moderne KI-Anwendungen brauchen die ungeheure Rechenkraft, die nur im einstelligen Nanometer-Bereich möglich ist.

Für die simpleren Computer im Auto der Gegenwart reichen 28-Nanometer-Chips jedoch derzeit noch völlig aus, daher hat Deutschland begierig zugegriffen. Chips in dieser Leistungsklasse werden jedoch in Europa bereits hergestellt – und sogar schon in Dresden. Die modernsten Chips mit winzigen Strukturbreiten wird TSMC auf absehbare Zeit weiter in Taiwan herstellen. Das liegt auch im Interesse der bedrohten Inselrepublik. Der „Silizium-Schild“ vor China funktioniert dann, wenn die USA den Ausfall systemwichtiger Lieferanten befürchten und daher eine konkrete Motivation für Militärhilfe haben.

Auftragsfertiger für bekannte Marken

TSMC ist derzeit definitiv systemrelevant. Das hat auch damit zu tun, wie sich die Branche entwickelt hat. Die Anbieter mit der besten Technik haben sich über Jahrzehnte durchgesetzt – und es sind nur wenige Unternehmen übriggeblieben, die tatsächlich physisch produzieren.

Die bekannten Namen des Chipgeschäfts wie Intel, AMD, Nvidia, Infineon, Apple oder Qualcomm lassen bei TSMC ihre Ideen umsetzen und kleben ihr Namensschild drauf. Die Auftraggeber haben den Vorteil, kein Kapital für Gebäude, Maschinen und Mitarbeiter aufwenden zu müssen und trotzdem modernste Produkte anbieten zu können.

Die potenziellen Investitionspartner Bosch und Infineon betreiben in der Region Dresden bereits eigene Werke. Sie wären die idealen Abnehmer für die Produkte aus dem neuen TSMC-Werk, die das taiwanische Unternehmen in ihrem Auftrag fertigen könnte. Bosch stellt hier Halbleiterelemente für die Autoindustrie her.

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