Unterhaltsvorschuss: Amt-Brief an Mutter sorgt für Entsetzen – „Wurde verhütet?“
Ein Brief einer Behörde an eine alleinerziehende Mutter sorgt im Netz derzeit für Aufregung. Darin wurden unter anderem etliche sehr persönliche Fragen gestellt.
Berlin – Immer wieder steht das Vorgehen deutscher Jobcenter und Ämter in der Kritik. Häufig melden sich Bürgergeld-Bezieher oder ehemalige Hartz-IV-Empfänger in den sozialen Netzwerken zu Wort und berichten von ihren Erfahrungen. Auch Helena Steinhaus, vom Verein Sanktionsfrei e.V., bringt wiederholt schockierende Fälle an die Öffentlichkeit und teilt diese auf Twitter.
Jobcenter und Unterhaltsvorschusskasse: Mutter wird die Zahlung eingestellt
So auch der Fall der alleinerziehenden Mutter Mia, die laut Steinhaus bei ihrem zuständigen Jobcenter einen Antrag auf Unterhalt gestellt hat. Hintergrund: Der Vater des Kindes würde weder zahlen noch sei er auffindbar. Ob sie Unterhaltszahlungen vom Jobcenter erhält, muss letztlich der Landkreis bestimmen. In Mias Fall wurde jedoch die Zahlung einfach eingestellt, bis die Unterhaltsvorschusskasse entschieden hat, so Steinhaus.
Nun wurde die Mutter in einem Schreiben der Unterhaltsvorschusskasse mit verschiedensten persönlichen Fragen konfrontiert. Unter anderem heißt es dort: „Wurde verhütet und wenn nein, warum nicht?“ oder „Warum haben Sie beim zweiten Kind nicht verhütet? Wollen Sie erneut schwanger werden?“ Diese Fragen sollen laut Steinhaus dabei helfen zu ermitteln, ob Mia Anspruch auf die Unterhaltszahlung hat.
Unterhaltsvorschusskasse: Fragen des Amts sorgen für Entsetzen
Steinhaus ergänzt zu dem Post, in dem auch das Schreiben zu sehen ist: „Die Einstellung der Zahlung unter Anrechnung nicht vorhandenen Unterhalts ist natürlich rechtswidrig.“ Der Anwalt des Vereins kümmert sich bereits um Mias Fall. Außerdem springt Sanktionsfrei e.V. vorübergehend finanziell ein, so Steinhaus.
Die Twitter-Nutzer zeigen sich entsetzt über die Fragen, die in dem Schreiben gestellt werden. „Wie übergriffig sind die Fragen denn bitte?“, kommentiert eine Userin. Andere schreiben „unfassbar“ oder „Das ist ja dreist“. Viele fordern Konsequenzen für den zuständigen Mitarbeiter. Ein anderer Nutzer nennt das Schreiben „abstoßend, erniedrigend“ und „entwürdigend“.
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Fragen zur „Entstehung der Schwangerschaft“ laut Richtlinien notwendig
Dass beim Thema Unterhalt viele Fragen gestellt werden, ist jedoch nichts Neues. In den Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes des Bundesfamilienministeriums heißt es wörtlich „Die Fragen der zuständigen Behörde sind erschöpfend zu beantworten, um gegebenenfalls der Behörde Ermittlungen (Anm. d. Red.: zum Kindsvater) zu ermöglichen.“
Weiter heißt es außerdem: „Etwas anderes gilt nur, wenn die Mutter nachvollziehbar darlegt und glaubhaft macht, aus welchen Gründen sie im Hinblick auf die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche keine Informationen über die Person des etwaigen Vaters besitzt. Dazu hat die Mutter umfassende und möglichst belegbare Auskünfte über die Umstände im Zusammenhang mit der Entstehung der Schwangerschaft zu erteilen.“ Sehr persönliche Fragen sind in Verfahren dieser Art also offenbar keine Seltenheit. (ph)