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VW zahlt für Chef: Zwei Konzern-Größen kommen nicht vor Gericht - Winterkorn muss bangen

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Gegen Winterkorn, Pötsch und Diess (v.l.) wird ermittelt.
Gegen Martin Winterkorn (li.) wird weiter ermittelt - der aktuelle VW-Chef Herbert Diess und Aufsichtsrats-Chef Hans Dieter Pötsch sind „gerettet“. © dpa / Wolf, Hase, Pförtner

Gegen die Führungsspitze von Volkswagen wurde Anklage wegen Marktmanipulation erhoben.

Update vom 20. Mai 2020: Ein weiteres Verfahren im VW-Dieselskandal ist vorzeitig zu Ende: Volkswagen-Chef Herbert Diess und der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch müssen sich nicht wegen mutmaßlicher Marktmanipulation vor Gericht verantworten. Wie das Landgericht Braunschweig am Mittwoch mitteilte, wurde das Verfahren gegen eine Zahlung von jeweils 4,5 Millionen Euro eingestellt, zur Hauptverhandlung kommt es nicht. Das Verfahren gegen den ebenfalls beschuldigten Ex-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn läuft weiter.

Volkswagen hatte zuvor angekündigt, die Zahlung von insgesamt neun Millionen Euro zur Einstellung des bislang nichtöffentlichen Verfahrens für Diess und Pötsch zu übernehmen. Nach Angaben des Gerichts ging das Geld bereits beim Land Niedersachsen ein. Die Richter hatten sich demnach mit der Staatsanwaltschaft Braunschweig sowie den beiden Beschuldigten und ihren Verteidigern auf diese Lösung geeinigt.

Der frühere VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn indes muss vorerst weiterhin fürchten, in Braunschweig wegen Marktmanipulation vor Gericht zu stehen. Die Staatsanwaltschaft hatte im September vergangenen Jahres eine entsprechende Anklage gegen die drei Manager erhoben und ihnen vorgeworfen, den Kapitalmarkt vorsätzlich zu spät über den Dieselskandal bei Volkswagen informiert und damit "rechtswidrig Einfluss auf den Börsenkurs des Unternehmens genommen zu haben".

Der Skandal war am 18. September 2015 bekannt geworden. Winterkorn war damals VW-Konzernchef, Diess frisch gebackener Chef der Marke VW, Pötsch Finanzvorstand. Laut der Anklageschrift sollte Diess schon Ende Juli "vollständige Kenntnis von den Sachverhalten und den möglichen Schadensfolgen für das Unternehmen gehabt haben", Pötsch sogar noch einen Monat früher. Volkswagen und die beiden Manager hatten die Vorwürfe stets bestritten.

Anklage gegen Volkswagen-Spitze wegen Marktmanipulation - VW reagiert

Update vom 27. September 2019: Der VW-Konzern hält die strafrechtliche Anklage gegen das amtierende Führungsduo auch nach Aktendurchsicht für haltlos. „Die Staatsanwaltschaft hat keine Erkenntnisse, die wir nicht kennen“, sagte VW-Strafverteidiger Daniel Krause am Donnerstag in Wolfsburg. „Wir sind weiter der festen Überzeugung, dass das Unternehmen seine kapitalmarktrechtlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat.“

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte am Dienstag Anklage gegen Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch und Vorstandschef Herbert Diess erhoben. Sie sollen laut den Ermittlern in ihren damaligen Funktionen als Konzern-Finanzchef und Markenvorstandschef Anleger „vorsätzlich zu spät“ über die Folgen der Dieselmanipulation in den USA informiert haben. Auch Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn ist angeklagt. Der Kurs der VW-Vorzugsaktie war mit Bekanntwerden der Dieselaffäre binnen weniger Tage um fast die Hälfte eingeknickt.

„Ein Defeat Device an sich ist kursneutral“, sagte Krause mit Blick auf den Einsatz der gesetzwidrigen Abschalteinrichtung in Dieselmotoren in den USA. „Relevant für den Kapitalmarkt sind erst die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen“. Diese hätten mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eintreten und dazu noch eine Kursrelevanz für die Aktie haben müssen. Diese liege für die Volkswagen AG bei mindestens 1,1 Milliarden Euro Schaden.

Der Vorstand sei aber bis zum 18. September 2015 davon ausgegangen, dass die mit den US-Behörden geführten Gespräche zu einer einvernehmlichen Lösung führen würden, deren wirtschaftliche Folgen weit darunter liegen würden, hieß es von VW. Erst durch die laut Konzern „völlig unerwartet“ veröffentlichte sogenannte „Notice of Violation“ der US-Umweltbehörde EPA habe sich das als unzutreffend herausgestellt.

Anklage gegen Volkswagen-Spitze wegen Marktmanipulation

Braunschweig - Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat die Führungsspitze von Volkswagen wegen Marktmanipulation angeklagt. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, Vorstandschef Herbert Diess und dem Ex-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn wird vorgeworfen, Anleger im Jahr 2015 nicht rechtzeitig über die Risiken der Dieselaffäre informiert zu haben. Das teilten die Strafverfolger am Dienstag mit.

Investoren verlangen Entschädigung für den damaligen Einbruch des Aktienkurses

Die Staatsanwälte hatten untersucht, ob die VW-Manager früher als bisher eingeräumt von konkreten Täuschungen bei den Abgasdaten in den USA wussten. Den Ermittlungen zufolge war dies der Fall. In der Mitteilung hieß es: „Den genannten - ehemaligen oder amtierenden - Vorstandsmitgliedern der Volkswagen AG wird vorgeworfen, entgegen der ihnen obliegenden gesetzlichen Pflicht den Kapitalmarkt vorsätzlich zu spät über die aus dem Aufdecken des sogenannten Diesel-Skandals resultierenden erheblichen Zahlungsverpflichtungen des Konzerns in Milliardenhöhe informiert und damit rechtswidrig Einfluss auf den Börsenkurs des Unternehmens genommen zu haben.“

Investoren verlangen Entschädigung für den damaligen Einbruch des Aktienkurses: Sie argumentieren, dass die VW-Spitze die Finanzwelt früher über die Risiken der Dieselkrise hätte ins Bild setzen müssen. Dazu läuft auch ein Kapitalmarkt-Musterverfahren in Braunschweig.

In der Dieselaffäre ist es nun zu einer Anklage gekommen. Wie sehen Sie das? Machen Sie mit und stimmen Sie ab!

VW-Dieselaffäre: Manager stehen in Verdacht

Pötsch war Finanzvorstand des Volkswagen-Konzerns, als der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn Abgas-Manipulationen an Motoren von Dieselautos in den Vereinigten Staaten einräumte. Das Ausmaß des Skandals wurde erst danach deutlich: Millionen Fahrzeuge weltweit waren betroffen, viele Besitzer von VW-Aktien mussten Kursverluste hinnehmen. Der heutige Vorstandschef Diess kam im Sommer 2015 in den Konzern und war zunächst nur Chef der Volkswagen-Kernmarke.

VW hatte nach Prüfungen von US-Umweltbehörden und -Forschern zugeben müssen, die Abgas-Software bestimmter Dieselmotoren so eingestellt zu haben, dass im tatsächlichen Betrieb auf der Straße deutlich mehr giftige Stickoxide (NOx) ausgestoßen wurden als in Schadstofftests. Am 18. September 2015 wurden die Manipulationen bekannt - die Manager standen im Verdacht, trotz möglicher Hinweise lange vor diesem Datum nicht auf die drohenden finanziellen Risiken eingegangen zu sein.

Heftiger Kritik sieht sich VW wegen eines Werbespots ausgesetzt - dieser bedient rassistische Ressentiments.

dpa

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