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Weniger Steuergelder für Uniper-Rettung

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Von: Panagiotis Koutoumanos

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Ein Umweltschützer von Greenpeace fliegt an einem Motorschirm um das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4. Nach seiner Verstaatlichung muss Uniper das Kraftwerk verkaufen. FOTO: dpa
Ein Umweltschützer von Greenpeace fliegt an einem Motorschirm um das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4. Nach seiner Verstaatlichung muss Uniper das Kraftwerk verkaufen. © picture alliance/dpa

Verstaatlichter Energiekonzern wird wohl „nur“ 19,1 Milliarden Euro vom Bund brauchen

Frankfurt/Düsseldorf . Es ist jetzt schon die teuerste Firmen-Rettung in der Geschichte der Bundesrepublik: Rund 13,5 Milliarden Euro hat die Bundesregierung bereits investiert, um Deutschlands größten Gas-Importeur vor der Pleite zu bewahren und so die hiesige Gasversorgung sicherzustellen. Weitere Steuergelder in Höhe von 19,5 Milliarden Euro stehen bereit, um den Düsseldorfer Konzern bis Ende 2024 über Wasser zu halten. Ob diese ausreichen werden, um Deutschland auch über die nächsten beiden Winter zu bringen, ist bislang alles andere als sicher gewesen: Rund 40 Milliarden Euro Staatshilfe werde Uniper wohl insgesamt benötigen, um die kommenden zwei Jahre zu überstehen, hatte die Führung des Düsseldorfer Konzerns im vergangenen Jahr vorgerechnet - und war bislang bei dieser Prognose geblieben.

Nun gibt der Uniper-Vorstand aber Entwarnung, scheint der Bund nicht ganz so tief in den Steuersäckel greifen zu müssen: Wie der Konzern anlässlich seiner gestrigen Bilanzvorlage verkündete, wird er statt der insgesamt 40 Milliarden wohl 19,1 Milliarden Euro an staatlichen Finanzspritzen benötigen.

Immer noch eine gewaltige Summe, aber immerhin deutlich weniger. Der Grund: Der Gaspreis, der 2022 am Großhandelsmarkt in nie dagewesene Höhe geschossen war, ist inzwischen deutlich gesunken. Hatte er in der Spitze bei 345 Euro je Megawattstunde gelegen, ist er dank der milden Witterung auf knapp 50 Euro gesunken.

Symbol der deutschen Abhängigkeit

Und das entlastet das Unternehmen, das zum Symbol geworden ist für die katastrophalen Folgen der großen Energie-Abhängigkeit von Russland. Mehr als die Hälfte seines Gases bezog Uniper lange Zeit aus Russland. Und das ist der Tochter des finnischen Fortum-Konzerns zum Verhängnis geworden. Im Zuge der Ukraine-Krise lieferte Gazprom den Düsseldorfern von Juni an deutlich weniger Gas; im September stellte der russische Staatskonzern die Lieferungen völlig ein. Deshalb ist Uniper gezwungen, sein Gas teils zu Rekordpreisen am Spotmarkt zu kaufen, um seine Lieferverpflichtungen gegenüber hunderten Stadtwerken und Industrieunternehmen nachzukommen. Die deutlich höheren Beschaffungspreise kann Uniper aber aufgrund der schon länger bestehenden Verträge nicht an seine Kunden weitergeben. Die Folge: horrende Verluste. In der Spitze machte Uniper 300 Millionen Euro Miese - pro Tag.

Und da das Unternehmen laut Bundeswirtschaftsminister rund ein Drittel Deutschlands mit Gas versorgt, blieb der Bundesregierung nichts anders übrig, als ihn zu übernehmen. 99,12 Prozent der Anteile gehören nun dem Bund, der Uniper zunächst 8,0 Milliarden Euro Barkapital zuschoss und sich später bereit erklärte, weiteres Kapital von bis zu 25 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Davon sind Uniper bereits 5,5 Milliarden Euro zugeflossen - bleiben also noch 19,5 Milliarden, die der Konzern in Tranchen quartalsweise erhalten soll - je nach Verlust, den das Unternehmen durch die Gas-Ersatzbeschaffungen erleidet. Für das kleinere, aber profitable Uniper-Geschäft mit der Stromerzeugung in Kohle-, Gas-, Wasser- und schwedischen Atomkraftwerken ist das Geld nicht gedacht.

Wie Uniper gestern darlegte, hat das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Nettoverlust von 19,1 Milliarden Euro verbucht - nur die Deutsche Telekom hatte 2002 einen höheren Verlust ausgewiesen. Dass die 19,1 Milliarden genau die Summe ist, die Uniper laut Vorstand bis 2024 vom Bund benötigt, ist kein Zufall: In dieser Summe steckt nicht nur der 2022 tatsächlich schon realisierte Verlust von 13,2 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch die 5,9 Milliarden Euro, die die Düsseldorfer nach derzeitiger Schätzung bis Ende 2024 noch benötigen werden. Bis dahin wird nämlich das Gros der Liefer-Verträge mit den Stadtwerken und Unternehmen auslaufen. Nach Aussage des scheidenden Vorstandschefs Klaus-Dieter Maubach ist denn auch frühestens ab 2025 mit einem Konzerngewinn zu rechnen. So lange wird der Bund mindestens an Bord bleiben müssen.

Bislang hatte Uniper mit einem weiteren Kapitalbedarf von bis zu 30 Milliarden Euro gerechnet. Wie Finanzvorständin Tiina Tuomela gestern in einer Analysten-Konferenz ausführte, basierte diese Annahme auf einem Gaspreis von 180 Euro pro Megawattstunde. Welcher Preis der neuen Prognose von 5,9 Milliarden zugrunde liegt, wollte sie nicht sagen. Laut einem Unternehmenssprecher erwartet Uniper nicht, dass der Gaspreis die 100-Euro-Grenze überschreiten wird.

Ob der Bund viel von dem Geld zurückbekommen wird, das er Uniper gewährt, ist unsicher. Maximal fünf Jahre hat der Bund Zeit, das Unternehmen im Rahmen der Energiewende neu aufzustellen - spätestens 2028 muss er seinen Anteil an Uniper auf 25 Prozent plus einer Aktie zurückführen. Das ist eine der Auflagen, an die die EU-Kommission die Genehmigung des Staatseinstiegs geknüpft hat.

Konzern muss sich neu erfinden

Leicht wird diese Aufgabe nicht - zumal Uniper mit seinen Gaskraftwerken, Kohlemeilern und Atomkraftwerken diametral zu dem steht, was die deutsche Energiepolitik anstrebt. Im vergangenen Jahr stammten nicht einmal zehn Prozent der erzeugten Strommenge aus Öko-Anlagen.

Folgerichtig will Bundeswirtschaftsminister laut einem internen Papier mit dem Titel „Projekt Orca“ „insbesondere das Stromgeschäft von Uniper wertmaximierend veräußern“. Ohnehin muss der Konzern auf Geheiß der EU-Kommission bis 2026 diverse Geschäftsteile verkaufen - unter anderem das Steinkohlekraftwerk Datteln 4. Die anderen Steinkohlekraftwerke in Deutschland werden bis 2025 abgeschaltet. Seine Beteiligung an niederländischen Gaskraftwerken hat Uniper bereits verkauft. Für seine russische Mehrheitsbeteiligung, die Uniper im vergangenen Jahr 4,4 Milliarden Miese einbrockte, ist zumindest ein Käufer gefunden. Und immerhin sind bis 2026 Sonnen- und Windkraftanlagen an Land mit einer Leistung von drei Gigawatt geplant, was der derzeitigen Leistung der Steinkohle-Meiler in Deutschland entspricht.

Eine der zentralen Aufgaben von Uniper wird es sein, langfristige Verträge für die Lieferung von Flüssiggas (LNG) abzuschließen. In Wilhelmshaven betreiben die Düsseldorfer bereits ein schwimmendes LNG-Terminal.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll dann irgendwann grüner Wasserstoff Erdgas ablösen, damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht. Uniper würde dann statt Erdgas Wasserstoff importieren; er müsste seine Gaskraftwerke auf den Wasserstoffbetrieb umrüsten und würde in seinen riesigen Speichern statt Erdgas Wasserstoff lagern.

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